Tolle Maenner
während Ihrer Arbeitszeit geschrieben.«
»Marcus, Sie können die Story nicht veröffentlichen«, wiederholte sie.
Er nahm den Papierstapel vom Sideboard und hielt ihn ihr unter die Nase. »Nach der ganzen Arbeit, die Sie hier reingesteckt haben? Und was ist mit der Zeit, die ich investiert habe? Das ist das einzig Gute, was Sie bisher geschrieben haben.«
»Marcus, Sie können das nicht bringen...« Wie sollte sie es ihm erklären? Und warum sollte sie überhaupt versuchen, einem Idioten wie ihm etwas zu erklären? »Es... es würde Leute verletzen«, sagte sie.
»Oh. Na gut«, sagte er in seinem sarkastischsten Tonfall. »Wenn es natürlich Leute verletzen würde...«
Sie schaute ihn an und merkte, dass sie ihn keine Minute länger ertragen könnte. Er war ein egoistischer, selbstgefälliger, tyrannischer Pfuscher, und sie hatte ihn gründlich satt.
»Hören Sie, wenn Sie das veröffentlichen, kündige ich«, erklärte sie.
»Tatsächlich?«, sagte Marcus im selben überheblichen Ton. »Da hätte ich eine bessere Idee: Sie sind gefeuert.«
»Na wunderbar«, sagte sie, jetzt wieder ganz ruhig.
Manchmal war die totale Trostlosigkeit, die völlige Leere das Beste. »Dann kann ich ja gleich meinen Schreibtisch ausräumen.«
Jedem Beobachter wäre allein auf Grund der Abfälle auf dem Bett klar geworden, dass Tracie dort schon seit Tagen lag. Die Überreste von Pizza, leere Eiscremebehälter, halb volle Zerealienschachteln, Zeitschriften, zerknitterte Zeitungen und Bücher sprachen eine unmissverständliche Sprache. Lesen fiel ihr schwer; die meiste Zeit weinte sie nur oder schlief oder sah sich im Fernsehen Ricky Lake an. Manchmal sah sie auch Jerry Springer , aber danach ging es ihr nur noch schlechter. Heute traten bei Ricky Geschwisterpaare auf, die miteinander schliefen und wollten, dass die Welt ihre Liebe anerkannte. Ihr war schlecht, sei es nun von der Sendung oder von der Eiscreme, die sie zusammen mit Ritz-Crackern gegessen hatte. Sie schaltete deshalb mit der Fernbedienung aus, drehte sich zur Seite und zog sich eine Decke über den Kopf. Das Telefon klingelte, und sie hörte zu, wer ihr eine Nachricht hinterließ, aber da es nicht Jon war, nahm sie das Gespräch nicht an.
Sie war wohl für eine Weile eingedöst, wachte aber wieder auf,
als sie das Türschloss rasseln hörte. Bis sie unter der Decke hervorgekrochen war, stand Laura bereits im Schlafzimmer und sah sich um. »Wow. Sieht ja schlimmer aus, als ich gedacht habe. Ich hab alles gekauft, was du wolltest, außer dem Babybrei. Das war mir dann doch zu dekadent.«
»Eigentlich solltest du nur einkaufen, nicht denken«, sagte Tracie.
Laura setzte sich ans Fußende des Betts, stand wieder auf, um einen Teller mit Toastkrümeln wegzuräumen, und setzte sich wieder. »Hör mal, ich weiß ja, wie schlecht es dir geht. Vielleicht hast du es dir mit Jon ja für immer verdorben, aber eigentlich glaube ich, dass ihr zwei das schon wieder hinkriegt«, erklärte sie Tracie. Die aber stöhnte nur. »Trotzdem, irgendwann musst du wieder aus dem Bett«, fügte Laura hinzu.
»Muss ich nicht«, widersprach Tracie. »Ich hab keinen Job, also muss ich nicht zur Arbeit. Zum Fitnessklub gehe ich auch nicht mehr. Und bis ich mir wieder die Haare schneiden lassen muss, vergehen mindestens noch zwei Jahre. Also kann ich auch gleich im Bett bleiben.«
Laura schaute in die Einkaufstüte, zog ein Päckchen Cracker heraus, öffnete es, warf sich eine Hand voll in den Mund und gab Tracie den Rest. »Aber was wird dann aus dir?«, fragte sie.
»Solange die Pizza geliefert wird und genug Geld da ist, um sie zu bezahlen, bleibe ich liegen«, erklärte Tracie. »Ich hab mein Leben ruiniert. Molly hatte Recht. Ich bin eine Idiotin.«
Laura stand auf, ging zur Kommode und holte Brot, Frischkäse sowie ein mit Mickymäusen verziertes Glas Traubengelee aus der Tüte. Sie öffnete beide Brotaufstriche, legte die Brotscheiben aus und strich zwei Sandwiches, wobei sie die Finger als Messer benutzte. »Molly ist eine weise Frau. Und eine nette Chefin.« Sie gab Tracie ein Sandwich.
»Ummm.« Das weiche Weißbrot, der sahnige Käse und die Süße des Gelees trösteten Tracie ein wenig. Bevor sie schluckte, setzte sie sich im Bett auf. Sie wollte zwar sterben, aber nicht so
wie Mama Cass von den Mamas & Papas, die mit zweiunddreißig einem Herzanfall erlegen war.
Laura setzte sich neben sie und biss von ihrem eigenen Sandwich. »Was hat Molly denn gesagt?«
Von
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