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Tolle Maenner

Tolle Maenner

Titel: Tolle Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Goldsmith
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früher. Tracie hatte ihm empfohlen, es mal in einer anderen Umgebung zu versuchen, wo ihn niemand kannte, aber er brachte es nicht über sich, in die Kneipe zu gehen. Zwei Abende hatte er es versucht, es aber einfach nicht geschafft, durch die Tür zu gehen. All die Demütigungen vergangener Dates, das Herumsitzen auf Barhockern und die Abfuhren, die er von Frauen bekommen hatte, schienen ihm wie der Engel vor der Pforte des Paradieses den Zutritt zu versperren.
    Und er musste ja nicht einfach nur in die Kneipe hineingehen. Die Tatsache, dass ihn die Frauen im Job plötzlich beachteten, ließ seine frühen traumatischen Misserfolge irgendwie nur noch akuter werden. Es machte ihn einfach nervös, einer wildfremden Frau gegenüberzutreten, um sie aufzureißen, aber ihn schüchterte nicht nur diese Aussicht ein. Er hätte es schon schaffen können, wenn nicht die vielen Phils gewesen wären, die immer ganz
locker an der Bar saßen und ihn bei seiner ungeschickten Anmache zu beobachten schienen und sich dabei über seine lächerlichen Sprüche und seine peinlichen Versuche, witzig zu sein, lustig machten. Es war, als könnten die Phils dieser Welt durch seinen neuen schwarzen Sweater und die Levis 501 und die Schuhe, die er trug, einfach hindurchsehen.
    Und so bekam er kalte Füße, und das nicht nur im übertragenen Sinne. Jon war zu dem Schluss gelangt, dass er, um Frauen kennen zu lernen, erst einmal einen Ort finden musste, wo ihn niemand kannte und er nicht gegen die Konkurrenz einer ganzen Bande von Phils antreten musste.
    Daher die Reisetasche.
    Jon hob sie auf. Die Zeitungen füllten sie zwar aus, aber sie war noch immer so leicht, dass er richtig stark wirkte, wenn er sie so lässig und locker zu tragen vermochte. Er zuckte mit den Achseln, wünschte sich selber viel Glück und zog dann die von Tracie ausgesuchte Lammnappajacke an. Er seufzte und versuchte, seine Schuldgefühle zu verdrängen. Die Lämmer waren bereits vor einiger Zeit zur Schlachtbank geführt worden, und nun war wohl er an der Reihe. Er verdiente es nicht besser, weil er sich von Tracie zu der Jacke hatte überreden lassen. Er hatte eiskalte Füße, und auf dem Flughafen würde es bestimmt ganz schön zugig sein. Er wünschte, er könnte ein Paar dicke graue Wollsocken anziehen, aber wenn der Teufel im Detail steckte, mussten seine Zehen eben erfrieren.
    Die Türklingel ertönte – sein Taxi war da. Er packte die Reisetasche, schloss die Wohnung hinter sich zu und lief die Treppe hinab und auf die dunkle Straße hinaus.
     
    Der Flughafen war nicht sehr voll, und das machte Jon ein wenig Mut. Niemand quasselte ihn an, und auch singende Krishna-Jünger waren nicht in Sicht. Er interpretierte das als gutes Vorzeichen und fuhr gleich mit der Rolltreppe zur Gepäckausgabe. Er überprüfte noch einmal die ankommenden Flüge, obwohl er den seinen schon fest im Visier hatte. Natürlich hätte er ebenso
gut ein richtiges Ticket kaufen und sich einfach hinter einer schönen Frau in die Warteschlange einreihen können, um sie anzubaggern, aber er dachte sich, dass viele Leute vor dem Flug nervös waren. Deshalb hielt er es für besser, sich eine auszusuchen, die den Flug bereits hinter sich hatte. Aber das war nicht ganz risikofrei.
    Um weniger aufzufallen, hatte er den Taxifahrer gebeten, ihn vor dem Ankunftsbereich abzusetzen, aber der Fahrer hatte gesagt: »Kann ich nicht machen. Sie müssen einchecken und durch die Sicherheitsschleuse hochgehen.« Jon spielte schon mit dem Gedanken, ihm sein Vorhaben zu erklären, doch dann überlegte er es sich anders. Nach dem, was er vom hinteren Teil seiner Frisur und vom Ausschnitt seines Gesichts im Rückspiegel sah, war der Typ zwar nicht unbedingt ein Phil, aber er hätte früher durchaus einer gewesen sein können, bevor er ein paar seiner Zähne verloren hatte. Dem würde er gar nichts erzählen.
    Also beäugte er auf dem Weg durch den weitläufigen Gepäckausgabebereich die Passagiere, die gerade mit Flug 611 aus Tacoma gekommen waren. Tacoma war nett. Sein Onkel und seine Tante lebten da. Wenn eine Frau geschäftlich oder zu einem Familienbesuch in Tacoma gewesen war, dann, so stellte er sich vor, könnte sie eine angenehme Gesprächspartnerin sein. Wenn sie natürlich mit ihrem Mann in Tacoma lebte und nur hier war, um ihre Mutter zu besuchen, wäre das weniger gut. Er überflog die Menge. Woran erkannte man das nur? Die DC10 bot zweihundertachtzig Passagieren Platz. Wenigstens einer von ihnen musste

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