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Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Titel: Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. G. Stoll
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Endlich hörten die Fragen auf und die Herrin ließ sie allein.
    Gustav erschien. Er packte sie am Arm und zerrte sie die Treppe hoch. Mit letzter Kraft fiel sie auf ihr Bett, unfähig, sich der Kleidung zu entledigen. Ihr Körper fühlte sich wie Blei an, gehorchte nicht länger. Während sie hilflos dalag, kontrollierte Madame ihren Puls.
    »Beeindruckend heftige Reaktion«, resümierte sie und wirkte zufrieden.
    Gustav half Kate, Schürze und Wolljacke abzulegen. Dann verschwand er und brachte einen Krug Wasser und zwei Eimer, die sie benutzen konnte.
    Wie viele Pillen hast du ihr gegeben?«, fragte er und es klang dringlich.
    Kate hörte Madames Antwort nicht, doch er schüttelte den Kopf.
    »Das ist weit mehr, als ich vorgeschlagen habe.«
    Er wirkte reichlich verärgert, was Kate zugleich verwunderte und ängstigte. Gustav machte alles, was Madame von ihm verlangte. Wenn er nun eine ihrer Entscheidungen infrage stellte, gab es dafür sicher einen guten Grund.
    »Ich gebe ihr besser Kohle«, schlug er vor.
    »Nein, mein Lieber«, antwortete Madame und tätschelte seinen Arm. »Ich will jede Kleinigkeit beobachten können. Diesmal werde ich mein Meisterstück vollbringen ...«
    Kate hörte den Rest nicht mehr, zu stark dröhnte ihr Kopf.
    Sie schloss die Augen und zupfte vergeblich an den Wolldecken. Sie schaffte es nicht, sich zuzudecken, um sich gegen die Eiseskälte zu wappnen, die sie in Wellen heimsuchte.
    Gustav half schließlich und wickelte sie darin ein. Dann zwang er sie, einen schwarzen Brei zu schlucken, den sie kaum herunterzuwürgen vermochte.
    Sie fiel in eine Art Dämmerzustand. Ab und zu nahm sie Madame wahr. Diese fühlte ihr den Puls und bohrte die spitzen Fingernägel in sie, kniff ihr in die Wangen, bis Kate eine Reaktion zeigte, stöhnte oder jammerte.
    Das Wasser, das Gustav ihr hin und wieder einflößte, reichte nicht aus, den Durst zu stillen, der sie trotz der Kälte verbrannte. Kate wollte um mehr bitten. Es ging nicht. Sprechen strengte zu sehr an.
    Etwas zog an ihr, zerrte sie mit sich.
Ich sterbe
, dachte sie und spürte keine Furcht. Nur zu schade, dass sie nicht auf dem Jahrmarkt gewesen war.
     
    »Trink, sonst zwinge ich dich dazu.«
    Gustav presste ihr einen Becher an den Mund und bestand darauf, dass sie den Inhalt schluckte. Ohne Rücksicht, wie scheußlich das Gebräu schmeckte und wie müde sie war.
    Kate blinzelte durch die leicht geöffneten Lider und blickte in seine hervorquellenden Augen. Er musterte sie, als wäre sie ein Forschungsobjekt, zeigte keine Gefühlsregung.
    »Sobald du aufstehen kannst, wechselst du deine Laken«, sagte er kalt.
    Kate antwortete nicht. Auch wenn sie wider Erwarten nicht tot war, konnte sie sich nicht vorstellen, jemals wieder gesund zu werden.
    Er hielt ihr einen weiteren Becher hin.
    »Jeder Schluck hilft dir«, behauptete er.
    Sie deutete auf den Nachttopf.
    »Benutzen«, würgte sie hervor, denn der Druck ihrer Blase quälte sie schier unerträglich.
    Gustav stellte das Gefäß ab und fragte: »Benötigst du Hilfe?«
    Die Vorstellung, von ihm wie ein kleines Kind auf den Topf gesetzt zu werden, weckte ihren Kampfgeist. Sie schüttelte den Kopf. Ein Fehler, weil nun die Welt wankte.
    Kaum ertrug sie die Wartezeit, bis er den Raum verlassen hatte. Zum Aufstehen stützte sie sich auf den Armen ab.
So schwach.
Ihr Körper gehorchte nur eigenartig zeitverzögert.
    Wieder im Bett schwor sie sich, zum Jahrmarkt zu gehen und Schiffsschaukel zu fahren. Falls sie die Möglichkeit bekam. Da sie Madames Quälereien vorläufig noch nicht entkam, wollte sie wenigstens jedes bisschen Freude mitnehmen, das sich ihr bot.
    Gustav kam mit einem dampfenden Becher zurück, stellte ihn gemeinsam mit einem Krug Wasser auf den Stuhl.
    »Austrinken, beides. Je schneller, desto besser«, knurrte er und ließ sie allein.
    Normalerweise gestand er ihr keinen Zucker zu, doch der Tee schmeckte süß. Sie genoss ihn in kleinen Schlucken und dachte nach. Weshalb hatte Madame den Versuch vorzeitig beendet? Steckte Gustav dahinter, weil sie ihr gegen seinen Willen eine höhere Dosierung gegeben hatte?
    Er kam noch zweimal, brachte ihr mehr Tee und heißen Haferbrei. Abends drückte er ihr einen Artikel über Salben in die Hand und trug ihr auf, ihm am folgenden Tag vom Inhalt zu berichten. Das bedeutete, dass er sie für einigermaßen gesund hielt. Gleich fühlte sie sich trotz der immer noch zitternden Finger besser.
    Sie schloss die Augen und schlief bereits, bevor er

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