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Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Titel: Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. G. Stoll
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karg möblierten Büroraum, bot ihr einen der zwei Armstühle an und ließ sich hinter dem Schreibtisch auf einem abgewetzten Ledersessel nieder.
    Kate nahm Platz, froh, nicht länger stehen zu müssen. Die Hand schmerzte und pochte, ihr war übel vor Angst, und zudem schwankten Wände und Möbelstücke unnatürlich hin und her.
    Der Beamte beugte sich leicht vor.
    »Der Ausweis ist eine Fälschung. Sie sind nicht Harold Klein. Sie sind jemand ganz anderes.«
    Er zupfte am Kinnbart und setzte hinzu: »Was ist Ihnen geschehen, Baroness? Wo waren Sie die ganze Zeit?«
    Kate atmete tief durch und antwortete mit dem Mut der Verzweiflung: »Im Haus von Madame. Wie ich es ihrem Kollegen bereits gesagt habe. In der Bakerstreet Acht. Dort habe ich vor zwei Tagen eine gefesselte Lady gesehen.«
    Es klopfte. Eine ältere Dame kam mit einem Tablett herein. Sie stellte beiden einen Becher Tee und ein Tellerchen mit Keksen auf die Schreibtischplatte. Kate nahm einen Schluck, dankbar, auf diese Weise einen Augenblick nachdenken zu können. Sie überlegte fieberhaft, wie sie weiter vorgehen sollte.
    »Diese Lady, ich halte sie für die Person auf dem Suchplakat, die Tochter des Barons«, erklärte sie.
    Der Commissioner betrachte sie mit hochgezogenen Augenbrauen, als glaube er ihr nicht.
    Sie fasste sich ein Herz und sagte schließlich die volle Wahrheit: »Sie sieht mir nur ähnlich, mehr nicht. Ich arbeite seit Jahren für Madame. Sie hat mich aus dem Armenhaus geholt.«
    Der Commissioner nahm ebenfalls einen Schluck und musterte sie dabei über den Becherrand.
    »Ich verstehe. Erzähl weiter«, bat er.
    »Madame war schrecklich wütend auf mich. Sie hat mich im Keller in einen kleinen Raum eingesperrt und wollte mich da sterben lassen.« Kate stockte kurz. »Sie tötet mich, wenn Sie mich zu ihr zurückschicken.«
    Er setzte das Trinkgefäß ab und blickte sie ernst an. »Das werde ich nicht erlauben. Diese Madame, sie besitzt einen Namen, oder? Und wie ist denn deiner? Ich darf dich doch duzen, Kind?«
    Er klang längst nicht mehr so unnahbar wie zuvor.
    »Kate. So benannte mich eine Frau, die mich als Kleinkind versorgt hat. Meinen Nachnamen kenne ich nur von dem Dokument, das mir meine Herrin zeigte. Foundling.«
    Vielleicht glaubte er ihr tatsächlich und half ihr, Madames Rache zu entkommen.
    »Ich arbeite für Madame, stelle Medikamente her.«
    Von den Giften und Gustav erzählte sie vorläufig lieber nichts.
    »Audra, sie heißt Audra.«
    Fieberhaft überlegte sie, was noch im Zeitungsartikel gestanden hatte.
    »Sie ist eine Lady. Lady Ballingham, glaube ich. Die gesuchte Elise ist ihre Patentochter.«
    Der Mann verschluckte sich an seinem Tee und hustete.
    Sobald er sich beruhigt hatte, deutete er auf Kate.
    »Du behauptest also, bei Lady Ballingham in der Fordstreet zu wohnen? Gerade sagtest du Bakerstreet.«
    Kate antwortete irritiert: »Bakerstreet Acht. Das stimmt.« Worauf wollte er hinaus? Gab es zwei Ladys mit diesem Namen?
    Siedend heiß fiel ihr die Lösung ein. »Sie bewohnt sicherlich zwei Häuser, Commissioner. Normalerweise kommt sie nur an einigen Tagen der Woche zu uns.«
    Er starrte sie an, als wäre ihr ein zweiter Kopf gewachsen.
    »Du siehst Elise ganz außerordentlich ähnlich, Kate. Ich kenne sie nur von Fotos, dennoch denke ich, ihr seid nah verwandt.«
    Nun kamen sie in den Bereich, der ihr gefährlich werden konnte. Falls der Baron ihr Vater war, würde er das nicht zugeben wollen.
    »Vielleicht bin ich tatsächlich ihre Halbschwester. Von einer Dienstbotin? Diese Dinge geschehen doch oft, hörte ich«, erklärte Kate leise.
    So gut wie nie erkannte ein Höherstehender den mit einer Hausangestellten gezeugten Nachwuchs an. Das wusste sie von einem gesprächigen Hausmädchen. Die Schwangeren wurden mittellos und ohne Empfehlung auf die Straße gesetzt, sobald ihr Zustand auffiel. Ihre Kinder endeten fast immer als Findelkinder im Armenhaus, wo die Überlebenschancen für einen Säugling äußerst gering waren.
    Der Commissioner spielte mit einem Briefbeschwerer aus Glas, griff dann zum Sprechapparat und bellte hinein: »Ein Team in die Bakerstreet Acht. Eventuell wird Elise dort gefangen gehalten. Gebt mir sofort Meldung.«
    Kate nahm einen Keks. Er roch verführerisch nach Zimt.
    »Die Blutergüsse und das blaue Auge. Dazu die Hand. Woher stammt das?«, fragte der Commissioner.
    »Madame«, antwortete Kate und verschluckte sich beinahe am Gebäck.
    Er nickte.
    »Verstehe. Wie lange lebst du schon

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