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Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Titel: Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. G. Stoll
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die Erinnerung zugleich verunsicherte und erschütterte. »Meine Ida wäre fast gestorben. Lady Ballingham rettete ihr das Leben«, stammelte er.
    Er stockte, bevor er weitersprach: »Der Geburtsarzt? Simon Cornwick. Seit Elises Geburt war er auch unser Hausarzt. Der Gute starb vor drei Tagen an einer Lebensmittelvergiftung.«
    Elise seufzte und schwankte gefährlich vor und zurück. Ihr Vater eilte zu ihr und fing die Bewusstlose auf. Sofort stand der Commissioner ihm bei. Gemeinsam betteten sie das junge Mädchen auf den Boden.
    Ihr Vater kniete daneben und strich ihr über die zerzausten Haare: »Ein Wunder, dass sie die Strapazen überstanden hat. Sie ist ein so kränkliches Kind. Lady Ballingham hat ihr häufig die Hände aufgelegt und konnte ihr so fast immer helfen.« Er schüttelte den Kopf. »Für das Ganze muss es einfach eine Erklärung geben.«
    Der Commissioner befahl einem seiner Leute, kaltes Wasser zu besorgen. Augenblicklich stürmte dieser los und brachte kurz darauf eine Schüssel.
    Der Baron befeuchtete ein Taschentuch und nahm dabei keine Rücksicht auf das feine Wildleder seiner Handschuhe. Behutsam tupfte er Elises Schläfen und Stirn ab.
    Kate beobachtete ihn.
So ist das also, wenn Eltern ihre Kinder lieben.
    Langsam verarbeitete ihr Verstand die Bruchstücke des Erlebten zu einem logischen Ganzen. Der Baron glaubte, sie sei Elises Zwilling. Dann hatte Madame sie irgendwie unterschlagen und sie vor ihren Eltern versteckt. Kate traute ihr eine solche ungeheuerliche Tat zu, keine Frage. Und die Aussage, dass Elise häufig erkrankt sei und Madame sie geheilt habe? Das erklärte die Versuche mit Kate.
    Sobald der Commissioner eine Pause machte, Befehle in das Sprachrohr des Fernsprechapparates zu brüllen, wagte sie, ihn anzusprechen: »Sir, Commissioner, sie hat mich vergiftet. Madame, meine ich.«
    Der Mann sah sie mit großen Augen an, als verstehe er nicht.
    »Sie hat mich gezwungen, Pillen zu schlucken, von denen ich krank wurde.«
    »Sie hat dich krank gemacht?«, wiederholte er ungläubig.
    Sie nickte ungeduldig. »Genau. Dann hat sie sich notiert, welche Stadien die Vergiftung durchlief.«
    Sie atmete tief ein und offenbarte ihre Schlussfolgerung: »Ich denke, auf diese Weise hat sie erfahren, wie die Erkrankung bei Elise verlaufen wird. Ich wette, sie hat ihr heimlich Gift gegeben und wusste dann genau, wann die Wirkung nachließ.«
    »Du glaubst, du warst ihr Versuchsobjekt, damit sie hinterher Elise krankmachen und heilen konnte?«, murmelte er und blies die Backen auf. »Was für eine perfide Idee. Falls sie sich als wahr erweist.«
    Elise war wieder zu sich gekommen. An ihren Vater gelehnt nippte sie an einer Tasse Tee, die ihr eilig gebracht worden war. Ihre Finger zitterten so sehr, dass das Geschirr aufeinanderklirrte.
    »Ich will nach Hause, Papa, bitte«, bat sie mit bebender Stimme.
    Der Baron streichelte ihr sanft über die Wangen.
    »Sicher, mein Kind. Wir bringen dich sofort heim«, versprach er.
    Er hob den Kopf und sagte: »Commissioner, Sie verstehen, ich möchte Elises Wunsch nachkommen. Ich werde einen Arzt rufen, der sie bei uns versorgt.«
    Sein Blick wanderte zu Kate. »Ich nehme Kate natürlich mit. Was immer Ihre Nachforschungen ergeben werden, sie gehört ganz offensichtlich zur Familie.«
    Er klang selbstsicher und überzeugt davon, dass seine Wünsche befolgt wurden.
    Der Commissioner stutzte kurz und nickte dann steif.
    »Natürlich, Ihre Lordschaft. Ich werde morgen vorbeisehen und meine Befragung fortsetzen. Aber Kate benötigt ebenfalls medizinische Behandlung, was sie sicher längst bemerkt haben.«
    Etwas wie Arroganz klang in der Stimme des Barons an, als er knapp entgegnete: »Selbstverständlich.«
    Er half Elise sich aufzurichten und bat Kate, ihnen nach draußen zu folgen.
    Verunsichert drehte sie sich zum Commissioner um. Als er keinen Einwand erhob, gehorchte sie. Viele neugierige Augenpaare musterten sie, als sie den Flur entlang lief. Niemand rief sie zurück. Mit jedem Schritt verlor sich ihre Angst vor Madame ein wenig mehr.
     
     

22. »Bist du getauft?«
    Die Kutschfahrt verbrachte Kate schweigend, viel zu verwirrt von allem, was auf sie eingestürmt war. Ihr Kopf dröhnte und die gebrochenen Finger pochten im Rhythmus ihres Herzschlags. Elise redete fast ununterbrochen und berichtete von den Schrecken der letzten Tage. Der Baron tröstete sie immer wieder, wenn sie in Tränen ausbrach. Kate schloss die Augen und sehnte sich nach

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