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Tolstoi, A. K.

Tolstoi, A. K.

Titel: Tolstoi, A. K. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Familie des Wurdalak
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Juwelen, die vom Mondlicht erhellt wurden, schienen mir unwiderstehlich. Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und schloss sie in meine Arme.
    In diesem Moment, meine Damen, trugen sich diese mysteriösen Entdeckungen zu, die ich nie werde erklären können, an welche ich aber gezwungen wurde zu glauben, da ich sie selbst erlebt, obwohl ich sie bis heute selten erzählt habe.
    Durch die Kraft, mit welcher ich Sdenka umschlungen hielt, wurde das Kreuz, welches Sie eben gerade gesehen haben, das mir die Herzogin de Gramont bei meiner Abreise geschenkt hatte, in meine Brust gedrückt. Der scharfe Schmerz, den ich empfand, war für mich wie ein Lichtstrahl, der durch meinen ganzen Körper schien. Ich schaute Sdenka an und sah, dass, obwohl ihre Züge immer noch schön waren, sie vom Tod verkrampft worden waren, dass ihre Augen nichts sahen und dass ihr Lächeln wie eine Zuckung des Todeskampfes war, der seinen Abdruck auf dem Gesicht einer Leiche hinterlassen hatte. Zur selben Zeit nahm ich im Zimmer diesen widerlichen Geruch wahr, der normalerweise in schlecht geschlossenen Grüften vorzufinden ist. Die schreckliche Wahrheit manifestierte sich in ihrer ganzen Hässlichkeit, und ich erinnerte mich zu spät an die Warnungen des Eremiten. Ich verstand, in welcher Gefahr ich mich befand und ich fühlte, dass alles von meinem Mut und meiner Kaltblütigkeit abhing. Ich drehte mich von Sdenka weg, um vor ihr den Schrecken, der sich wohl in meinen Gesichtszügen widerspiegelte, zu verstecken. Mein Blick fiel auf das Fenster und ich sah dort das bleiche Gesicht des abscheulichen Gorcha, der auf einem blutüberströmten Pfahl gestützt war und mich mit seinen Hyänenaugen fixierte. Am anderen Fenster war das bleiche Gesicht von Georges, der in diesem Moment eine angsteinflößende Ähnlichkeit mit seinem Vater aufwies. Beide schienen meine Bewegungen zu beobachten und ich zweifelte nicht daran, dass sie sich beim kleinsten Anzeichen eines Fluchtversuches auf mich stürzen würden. Ich tat also so, als ob ich sie nicht gesehen hätte, riss mich zusammen und fuhr damit fort, Sdenka die gleichen Zärtlichkeiten zu geben, die mir vor meiner Entdeckung so gefielen. Währenddessen sann ich beängstigt über Möglichkeiten nach zu entkommen. Ich bemerkte, wie Gorcha und Georges wissende Blicke mit Sdenka austauschten und dass sie anfingen, ungeduldig zu werden. Zudem hörte ich eine Frauenstimme, die von draußen hereindrang, und das Kreischen von Kindern, das, so schrecklich es war, auch für das Schreien von Wildkatzen hätte gehalten werden können.
    Jetzt ist es Zeit zu gehen, sagte ich mir, je früher, desto besser!
    Ich wendete mich zu Sdenka und sagte ihr laut und so, dass ihre abscheuliche Sippschaft es hören konnte:
    „Ich bin sehr müde, mein Kind, ich würde mich gerne hinlegen und einige Stunden schlafen, aber zuerst muss ich nachschauen, ob mein Pferd seine Ration gegessen hat. Ich bitte Euch, geht nicht, wartet, bis ich zurückkomme.“
    Ich drückte also meinen Mund auf ihre kalten, farblosen Lippen und ging nach draußen. Ich fand mein Pferd im Schuppen schäumend und um sich schlagend vor. Es hatte den Hafer nicht angerührt, aber das Wiehern, das es ausstieß, als es mich kommen sah, gab mir eine Gänsehaut, denn ich befürchtete, dass es meine Absichten verraten hatte. Die Vampire jedoch, die meine Unterhaltung mit Sdenka gehört hatten, dachten nicht daran, Alarm zu schlagen. Ich versicherte mich also, ob das Eingangstor geöffnet war, stieg auf das Pferd und drückte ihm die Steigbügel in die Seiten.
    Als ich zum Tor hinausritt, konnte ich gerade noch erkennen, dass die vereinigte Truppe, von welcher die meisten ihr Gesicht gegen die Fensterscheiben gedrückt hatten, sehr zahlreich war. Ich glaube, dass meine plötzliche Abreise sie anfangs sprachlos machte, denn während einiger Zeit konnte ich nichts außer dem regelmäßigen Galopp meines Pferdes in der Stille der Nacht ausmachen. Ich glaubte schon mir zu meiner List gratulieren zu können, als ich plötzlich hinter mir einen Lärm hörte, der einem in den Bergen losbrechenden Wirbelwind glich. Tausend verwirrte Stimmen schrien, kreischten und schienen untereinander zu streiten. Dann schwiegen sie alle, als ob sie es ausgemacht hätten und ich hörte ein beschleunigtes Getrampel, wie wenn eine Truppe von Infanteristen sich im Laufschritt näherte.
    Ich hetzte mein Reittier ab, als ob es ihm die Flanken zerreißen wollte. Ein heißes Fieber bemächtigte sich

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