Tolstoi, A. K.
nach, von denen durch ihn Umgebrachten gesogen. […] der Pöbel aber mehr und mehr ergrimmter als bestürtzter wurde, haben sie, gesammte Unterthanen, in schneller Eil einen Pfeil gespitzet, mit solchem den toden Cörper zu durchstechen, an das Hertz gesetzet, da dann bey solcher Durchstechung nicht nur allein häuffiges Blut, so gantz frisch, auch durch Ohren und Mund geflossen, […]. Sie haben endlich offtermelten Cörper, in hoc casu, gewöhnlichen Gebrauch nach, zu Aschen verbrannt. (Wiener Zeitung 1725)
Aus Frombalds Bericht kann man eindeutig die Eigenschaften, die klar mit Vampirismus assoziiert wurden (und noch immer werden), entnehmen. Es ist nicht schwer zu verstehen, wieso die Menschen damals ohne weitere Erklärungen an das Übernatürliche glaubten.
Der Fall des Peter Plogojovitz wurde europaweit bekannt. Dieser Fall und ähnliche Begebenheiten führten zu Vampirdebatten (Equiamicus 2008) und brachten sogar die österreichische Kaiserin Maria Theresia dazu, einen Erlass zu veröffentlichen, der die Totenruhe gesetzlich regeln sollte. Sie war nicht abergläubisch und verlangte von ihren Untertanen, dass sie es auch nicht seien (Equiamicus 2009).
Es scheint klar zu sein, dass dank solcher Vorfälle Vampire und Vampirismus im 18. Jahrhundert viel diskutiert wurden. Wenn wir aber herausfinden wollen, wann die Vampirliteratur anfängt, wird es schon ein wenig komplizierter. Durch die weite Verbreitung dieser Geschichten und Vorfälle kann man auch das Herkunftsland der Vampirliteratur nicht festlegen. Die Vampirhysterien fanden wohl im Osten Europas statt, doch die ersten literarischen Erwähnungen von Vampiren sind meistens in Süddeutschland oder in Österreich zu finden.
Carol A. Senf schreibt, dass
The English interest in the vampire comes directly from Germany. During the eighteenth century, German universities were the center of debate about the vampire epidemics and the ensuing mass hysteria; and these debates led to the publication of monographs and philosophical treatises on vampires. (1) (Senf 1988: 21)
Dies zeigt nun deutlich, dass die Anfänge des Vampirs in der Literatur und die allgemeinen Diskussionen im deutschsprachigen Raum liegen. Dies sieht man auch, wenn man die ersten literarischen Werke anschaut, die Vampire erwähnen. Ich sage ganz klar literarisch, weil es schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts Erwähnungen von Vampiren in gewissen Werken gab; wie zum Beispiel Augustin Calmets „Dissertations sur les apparitions des anges, des démons et des esprits. Et sur les revenans et vampires. De Hongrie, de Boheme, de Moravie et de Silesie“ (2) , das aber ein Werk wissenschaftlicher Natur war.
Die erste bekannte Erwähnung eines Vampirs in der Literatur war von Heinrich August Ossenfelder, dessen Gedicht „Der Vampir“ 1748 erschien. Darauf folgten weitere Gedichte; als Erstes 1773 „Leonore“ von Gottfried August Bürger (das nicht unbedingt einen Vampir als Protagonisten hat, aber auf jeden Fall einen Wiedergänger) und schließlich Johann Wolfgang von Goethes „Die Braut von Corinth“ von 1797. Diese drei Gedichte bilden zugleich den Anfang und das Ende der Vampirliteratur im 18. Jahrhundert. Noch wurden keine Bücher geschrieben und das Genre Gothic Novel (Schauerroman), zu welchem die Vampirliteratur anfangs dazugehören wird, war erst in den Kinderschuhen.
Anfang des 19. Jahrhunderts erschienen weitere Erzählungen und kurze Vampirgeschichten, wie zum Beispiel die 1805 veröffentlichte Erzählung von Johann Ludwig Tieck „Wake Not The Dead“ (leider gibt es keine deutsche Version, die überlebt hat) oder John Staggs 1810 erschienenes Gedicht „The Vampyre“ (Answers.com). Doch erst im Jahre 1819 erschien zum ersten Mal ein Vampirroman: „The Vampyre“ von John Polidori. Er bildet die Basis der modernen Vampirliteratur und zeigt, im Gegensatz zur Folklore, den Vampir als gebildeten, begehrenswerten Edelmann. (3)
Wenn nun aber die Anfänge der Vampire in der Literatur in England waren, wie kam ein Russe dazu, eine Vampirerzählung in französischer Sprache zu verfassen? Darauf hat Estelle de Valls de Gomis eine Antwort:
C’est avec John Keats, puis Polidori, Le Fanu ou Stoker, que la figure du vampire va se préciser, pour métamorphoser la vénéneuse vampiresse en un ténébreux vampire. (4) (2005 : 77)
Valls de Gomis zeigt hiermit nicht nur die Entwicklung des Vampirs von einem Monster zu einem Edelmann auf, sondern betont indirekt, dass die Autoren der
Weitere Kostenlose Bücher