Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)
von seinen Bekannten dasselbe Buch für sechs Groschen gekauft und wenn ich wollte, könnte ich ihm ja soviel von seinem Lohne abziehen. Hierüber gab ich ihm dann einen stärkern Verweis als vorher, worauf der Schurke die Frechheit hatte, mir – Kurz, er sagte, mein früheres Nachhausekommen käme – kurz, er unterstand sich Anmerkungen auszustoßen – er nannte den Namen eines jungen Frauenzimmers, auf eine Art – auf eine Art, die mich in Hitze jagte und mir alle Geduld benahm, so daß ich im Eifer nach ihm schlug.«
Jones antwortete: er glaube, es würde ihn kein lebendiger Mensch auf Erden tadeln. »Ich meinesteils,« sagte er, »ich gestehe es, ich würde es bei dem letzten Vergehen nicht anders gemacht haben.«
Unsre Gesellschaft hatte noch nicht lange beisammen gesessen, als sie durch die Mutter und die Jungfer Tochter vom Hause bei ihrer Heimkunft aus der Komödie verstärkt ward. Und nun brachten sie einen sehr vergnügten Abend mit einander hin, denn alle bis auf Jones waren von Herzen munter und selbst dieser zwang sich, so munter zu sein, als er nur konnte. In der That war die Hälfte seiner natürlichen Lebhaftigkeit, verbunden mit seiner sanften Gemütsart, schon hinlänglich, ihn zu einem sehr liebenswürdigen Gesellschafter zu machen, und ungeachtet der Kümmernis seines Herzens machte er sich bei dieser Gelegenheit so beliebt, daß der junge Herr, als man auseinander ging, ihn sehr angelegentlich um seine fernere Bekanntschaft bat. Mamsell Nette war sehr gut mit ihm zufrieden, und die Witwe, sehr erfreut über ihren neuen Mietsmann, lud ihn nebst dem andern ein, den folgenden Morgen mit ihr zu frühstücken.
[59] Jones seinerseits war nicht weniger zufrieden. Denn Mamsell Nette war freilich nur ein kleines Ding von Mädchen, aber außerordentlich artig und die Witwe hatte alle die Reize, welche eine Frau gegen Fünfzig schmücken können. Sie war eins der unschuldigsten und zugleich dabei frohsten Geschöpfe von der Welt. Sie dachte, redete oder wünschte niemals im geringsten etwas böses, und unterhielt beständig jene Begierde, frohe Menschen zu machen, welche auch deßwegen die glücklichste Begierde zu heißen verdient, weil sie höchst selten ihres Endzwecks verfehlt, wenn sie sich durch keine gezwungne Ziererei äußert. Kurz, obgleich ihr Vermögen nicht weit reichte, so war sie doch ihrem Herzen nach die wärmste Freundin. Sie war eine zärtliche Ehegattin gewesen und war eine höchst gütige, liebreiche Mutter.
Weil unsre Geschichte nicht wie ein Zeitungsblatt große Lobeserhebungen von solchen Leuten macht, von denen man vorher nichts gehört hat und nachher auch weiter nichts hört: so wird der Leser hieraus schließen, daß diese vortreffliche Frau hiernächst mehr vorkommen und für unsre Geschichte von einiger Wichtigkeit sein werde.
Auch fand Jones nicht wenig Gefallen an dem jungen Herrn selbst, von dessen Weine er getrunken hatte. Er meinte an ihm viel natürlichen Verstand zu entdecken, obgleich ein wenig zu viel von städtischem Stutzerwesen mit unterlief; was ihn aber dem Herrn Jones am meisten empfahl, waren gewisse Aeußerungen von hoher Großmut und Menschenfreundlichkeit, die ihm zuweilen entfielen, und ganz vorzüglich verschiedne Ausdrücke der strengsten Uneigennützigkeit, in Rücksicht auf Liebesangelegenheiten. Ein Gegenstand, über welchen sich der junge Mann in einer Sprache herausließ, die einem arkadischen Schäfer aus dem goldnen Zeitalter keine Schande gemacht hätte, und die von den Lippen eines artigen jungen Herrn unsrer Tage sehr außerordentlich klangen. Jedoch er war nur ein artiger süßer Herr durch Nachahmung und die Natur hatte ihn zu einem bessern Menschen bestimmt.
Fußnoten
1 Damit die Nachwelt durch diese Benennung in keine Verlegenheit geraten möge, halte ich es für nötig, solche durch eine Ankündigung zu erklären, welche im Jahr 1747 in London bekannt gemacht wurde.
NB.
Herr Broughton macht bekannt, wie er gesonnen ist, unter erforderlicher Unterstützung, in seinem Hause am Heumarkte, eine Akademie zu eröffnen, um denjenigen Unterricht zu geben, die da Lust und Belieben haben, sich in die Mysterien der edlen Kunst des Boxens einweihen zu lassen; worin die ganze Theorie und Praxis dieser echt britischen Kunst mit allen ihren verschiedenen Griffen, Stößen, Kreuzfäusten u.s.w., die bei diesen Kämpfen anzuwenden sind, aufs deutlichste gelehrt und erklärt werden sollen; und damit hohe Standespersonen nicht mögen abgeschreckt
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