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Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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direkt vor mir, wie Paps Sie in einer Bar anspricht! Welche Bar war´s denn?«
    »Raouls. Genauer gesagt ist er mir vom ›Grünen Käfig‹ aus nachgestiegen.« Tom suchte heimlich in Dickies Gesicht nach einem Zeichen, daß er sich an den »Grünen Käfig« erinnerte, es war eine sehr bekannte Bar, aber da war kein Zeichen.
    Sie tranken einen unten in der Hotelbar. Sie tranken auf Herbert Richard Greenleaf.
    »Da fällt mir ein, heute ist ja Sonntag«, sagte Dickie. »Marge ist in der Kirche. Sie kommen am besten mit ´rauf und essen bei uns heute Mittag. Sonntags gibt es immer Huhn, Sie wissen ja, eine alte amerikanische Sitte, Huhn am Sonntag.«
    Dickie wollte noch bei Marge vorbeigehen, um nachzusehen, ob sie vielleicht doch da war. Sie kletterten von der Hauptstraße aus ein paar Stufen in einer Steinmauer hinauf, durchquerten einen fremden Garten und erklommen weitere Stufen. Marges Haus war ein ziemlich vernachlässigt wirkendes einstöckiges Ding mit einem verwahrlosten Garten dahinter, ein paar Kübel und ein Gartenschlauch versperrten den Pfad zur Türe, und ihr tomatenroter Badeanzug und ein Büstenhalter, an einem Fensterbrett baumelnd, gaben dem ganzen die weibliche Note. Durch ein offenes Fenster erspähte Tom einen unordentlichen Tisch mit einer Schreibmaschine.
    »He!« sagte sie, als sie die Tür öffnete. »Hallo, Tom! Wo waren Sie die ganze Zeit?«
    Sie bot ihnen etwas zu trinken an, stellte aber fest, daß nur noch ein kleiner Schluck Gin in der Flasche war.
    »Das macht nichts, wir gehen zu mir«, sagte Dickie. Er bewegte sich in Marges Wohn- und Schlafzimmer mit einer Selbstverständlichkeit, als ob er selbst zur Hälfte hier wohnte. Er beugte sich über einen Blumentopf, in dem ein winziges Pflänzchen sproß, und berührte das Blatt zart mit dem Zeigefinger. »Tom kann dir etwas Hübsches erzählen«, sagte er. »Erzählen Sie es ihr, Tom.«
    Tom nahm einen tiefen Atemzug und fing an. Er machte es sehr spaßig, und Marge lachte, als hätte sie seit Jahren nicht über so etwas Komisches lachen können. »Als ich ihn bei Raoul hereinkommen sah, mir nach, da war ich drauf und dran, aus einem Hinterfenster zu klettern!« Sein Mund haspelte es herunter, fast unabhängig von seinem Kopf. Sein Kopf war damit beschäftigt, zu registrieren, wie er Boden gewann bei Dickie und Marge. Er konnte es an ihren Gesichtern ablesen.
    Die Kletterpartie zu Dickies Haus hinauf schien nicht halb so lang wie zuvor. Der köstliche Duft des gebratenen Huhns drang heraus auf die Terrasse. Dickie machte ein paar Martinis. Tom duschte, und dann duschte Dickie, anschließend kam Dickie heraus und füllte sich ein Glas, genau wie voriges Mal, aber die Atmosphäre hatte sich von Grund auf geändert.
    Dickie ließ sich in einen Korbsessel sinken und schwang die Beine über die Lehne. »Erzählen Sie mir noch mehr«, sagte er lächelnd. »Was arbeiten Sie denn? Sie sagten, daß Sie vielleicht eine Stellung annehmen wollen.«
    »Warum? Haben Sie eine für mich?«
    »Das nun nicht gerade.«
    »Oh, ich kann eine ganze Menge - ich bin Kammerdiener, Babysitter, Buchhalter -, ich habe eine unglückselige Begabung für den Umgang mit Zahlen. Ganz gleich, wie betrunken ich bin, ich kann jederzeit sagen, ob mich ein Ober mit der Rechnung übers Ohr hauen will. Ich kann eine Unterschrift fälschen, einen Hubschrauber fliegen, mit Würfeln hantieren, praktisch jeden Menschen darstellen, kochen - und ich kann in einem Nachtclub eine Einmannvorstellung geben, wenn der Berufsunterhalter plötzlich krank wird. Soll ich weitermachen?« Tom hatte sich vorgeneigt und zählte es an den Fingern her. Er hätte noch weitermachen können.
    »Was für eine Einmannvorstellung?« fragte Dickie.
    »Nun -« Tom sprang auf. »Diese zum Beispiel.« Er warf sich in Pose, eine Hand auf der Hüfte, ein Fuß vorgereckt. »Lady Assburden erprobt die amerikanische Untergrundbahn. Nicht einmal in London hat sie je die U-Bahn gesehen, aber sie möchte gern ein paar Eindrücke aus Amerika mitbringen.« Tom stellte alles pantomimisch dar, suchte nach einer Münze, fand sie, sie paßte nicht in den Schlitz, kaufte eine Münze, suchte ratlos nach der richtigen Treppe hinunter, zeigte Schrecken bei dem Lärm und der langen, schnellen Fahrt, irrte wieder ratlos umher in dem Bemühen, hier herauszufinden - an dieser Stelle meldete sich Marge, und Dickie erklärte ihr, dies sei eine Engländerin in der Untergrundbahn, aber Marge verstand wohl nicht recht, denn sie

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