Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
Vom Netzwerk:
fragte: »Was?« -, trat durch eine Tür, die nur die Tür für »Männer« sein konnte, so entsetzt fuhr sie zurück vor diesem und jenem, und ihr Entsetzen steigerte sich immer mehr, bis sie endlich in Ohnmacht fiel. Tom sank graziös auf den Terrassenboden.
    »Wunderbar!« schrie Dickie und klatschte.
    Marge lachte nicht. Sie stand da und schaute ein bißchen irritiert. Sie machten sich beide nicht die Mühe, es ihr auseinanderzusetzen. Sie sah sowieso nicht danach aus, als hätte sie Sinn für diesen besonderen Humor, dachte Tom.
    Tom nahm einen Schluck von seinem Martini, höchst zufrieden mit sich selbst. »Für Sie werde ich demnächst mal ein anderes vorführen«, sagte er zu Marge, womit er allerdings hauptsächlich Dickie zu verstehen geben wollte, daß er noch mehr davon hatte.
    »Ist das Essen fertig?« fragte Dickie. »Ich verhungere.«
    »Ich warte darauf, daß die verflixten Artischocken endlich gar werden. Du kennst ja dieses vordere Loch. Es schafft´s kaum bis zum Siedepunkt.« Sie lächelte Tom zu. »Dickie ist in einigen Dingen sehr altmodisch, Tom, in den Dingen, mit denen er sich nicht herumzuärgern braucht. Hier gibt es noch immer nichts als einen Holzofen, und er weigert sich auch, einen Kühlschrank oder auch nur eine Eisbox zu kaufen.«
    »Einer der Gründe, warum ich aus Amerika geflüchtet bin«, sagte Dickie. »Solche Sachen sind Geldverschwendung in einem Lande, wo es so viele Dienstboten gibt. Was würde Ermelinda wohl mit sich selber anfangen, wenn sie eine Mahlzeit in einer halben Stunde zubereiten könnte?« Er stand auf. »Kommen Sie herein, Tom, ich zeige Ihnen ein paar von meinen Bildern.«
    Dickie führte ihn in das große Zimmer, in das Tom schon einige Male einen Blick geworfen hatte auf dem Wege zur Brause und zurück, das Zimmer mit einer langen Couch unter den beiden Fenstern und der großen Staffelei in der Mitte. »Dies ist eins von Marge, daran arbeite ich gerade.« Seine Handbewegung verwies auf die Staffelei.
    »Oh«, sagte Tom interessiert. Seiner Meinung nach war es kein gutes Bild, wahrscheinlich war jedermann dieser Meinung. Die wilde Begeisterung ihres Lächelns wirkte leicht übergeschnappt. Ihre Haut war rot wie die einer Indianerin. Wäre Marge nicht weit und breit das einzige Mädchen mit blondem Haar gewesen, er hätte überhaupt keine Ähnlichkeit feststellen können.
    »Und das da - ein Haufen Landschaften«, sagte Dickie mit einem geringschätzigen Lachen, und doch wartete er ganz offensichtlich darauf, daß Tom etwas Schmeichelhaftes darüber sagte, denn er schien stolz darauf zu sein. Sie waren alle wild und hitzig und von eintöniger Gleichförmigkeit. Die Zusammenstellung von Terrakotta und Marineblau kehrte auf beinahe jedem Bild wieder, Terrakottadächer und Terrakottaberge mit strahlend marineblauen Meeren. Das gleiche Blau hatte er auch in Marges Augen gepinselt.
    »Mein surrealistischer Versuch«, sagte Dickie und spannte eine Leinwand gegen sein Knie.
    Tom fuhr zurück, mit einem beinahe persönlichen Schamgefühl. Wieder Marge, ganz ohne Zweifel, allerdings mit langen, schlangenähnlichen Haaren, und das schlimmste waren die Horizonte in ihren Augen, eine Miniaturlandschaft mit den Häusern und Bergen Mongibellos in dem einen Auge und der Strand voller kleiner roter Menschen im anderen. »Ja, das finde ich gut«, sagte Tom. Mr. Greenleaf hatte doch recht gehabt. Aber immerhin - es gab Dickie etwas zu tun, hielt ihn aus allem Ärger heraus, dachte Tom, so wie es Tausenden von lausigen Amateurmalern überall in Amerika etwas zu tun gab. Es tat ihm nur leid, daß Dickie als Maler in diese Kategorie fiel, weil er sich einen Dickie wünschte, der mehr war.
    »Als Maler werde ich wohl nie die Welt auf den Kopf stellen«, sagte Dickie, »aber ich habe sehr viel Freude daran.«
    »Ja.« Am liebsten hätte Tom alles vergessen, was mit den Bildern zu tun hatte, vergessen, daß Dickie überhaupt malte. »Darf ich das übrige Haus auch sehen?«
    »Aber gewiß! Sie waren noch nicht im Salon, nein?«
    Im Flur öffnete Dickie eine Tür, die in einen sehr großen Raum führte mit Kamin, Sofas, Bücherregalen und drei großen Fenstern - eins blickte auf die Terrasse, eins zur anderen Seite des Hauses landeinwärts und das dritte auf den Vorgarten. Dickie sagte, im Sommer benützte er das Zimmer nicht, er spare es sich lieber für den Winter auf, als Abwechslung. Es war mehr eine Gelehrtenstube als ein Wohnzimmer, dachte Tom. Das überraschte ihn. Er hatte in

Weitere Kostenlose Bücher