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Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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rötliche Balustrade der Terrasse. Ob Marge noch dort war? Ob sie über ihn sprachen? Er hörte ein Lachen, das sich über die sanft dahinplätschernden Straßengeräusche erhob, hell und klingend und so amerikanisch, als habe jemand einen amerikanischen Satz gesprochen. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er Dickie und Marge in einer Häuserlücke auf der Hauptstraße. Sie bogen um die Ecke, und Tom ging an das Seitenfenster, um besser sehen zu können. Eine Allee führte seitlich am Hotel vorbei, genau unter seinem Fenster, und Dickie und Marge kamen gegangen, Dickie in den weißen Hosen und dem Hemd, Marge in Rock und Bluse. Sie muß noch zu Hause gewesen sein, dachte Tom. Oder sie hatte Kleider bei Dickie. Dickie sprach an der kleinen Holzmole mit einem Italiener, gab ihm Geld, und der Italiener tippte an seine Mütze, dann machte er das Boot los. Tom beobachtete, wie Dickie Marge in das Boot half. Das weiße Segel entfaltete sich. Links hinter ihnen versank die glutrote Sonne im Meer. Tom konnte Marge lachen hören, und Dickie schrie etwas Italienisches zur Mole hinüber. Tom erkannte, daß er ihren ganz normalen Tagesablauf sah - eine Siesta nach dem späten Mittagessen, höchstwahrscheinlich, dann bei Sonnenuntergang in Dickies Boot segeln. Danach Aperitifs in einem der Strandcafés. Sie verlebten einen völlig normalen Tag, so als ob er gar nicht existierte. Weshalb sollte Dickie sich eigentlich zurücksehnen nach Untergrundbahnen und Taxis und gestärkten Kragen und einem Achtstundentag? Oder selbst nach Wagen mit Fahrer und Urlaub in Florida und Maine? Das war längst nicht so schön, wie in alten Klamotten ein Boot zu segeln und keiner Seele Rechenschaft schuldig zu sein, wie man seinen Tag hinbrachte, sein eigenes Haus zu haben mit einer treuen Wirtschafterin, die wahrscheinlich für ihn alles tat. Und außerdem Geld für Reisen, wenn er reisen wollte. Tom beneidete ihn, beneidete ihn in einer herzzerbrechenden Aufwallung von Neid und Selbstbemitleidung.
    Dickies Vater hatte sicherlich in seinem Brief genau das gesagt, was Dickie gegen ihn aufbringen mußte, dachte Tom. Wieviel besser wäre es gewesen, wenn er sich einfach in eins der Strandcafés gesetzt und aufs Geratewohl Bekanntschaft mit Dickie geschlossen hätte! Wahrscheinlich hätte er Dickie bei günstiger Gelegenheit überreden können, nach Hause zu fahren, wenn er es so angefangen hätte, aber auf diese Art war es zwecklos. Tom machte sich selbst Vorwürfe, daß er heute so täppisch und so humorlos gewesen war. Nichts, was er wirklich ernst nahm, wurde etwas. Vor Jahren hatte er das schon herausgefunden.
    Er ließ jetzt erst mal ein paar Tage vergehen, dachte er. Der erste Schritt mußte jedenfalls sein, Dickie für ihn einzunehmen. Dickie sollte ihn gernhaben - das wünschte er sich mehr als alles in der Welt.

9
    Tom ließ drei Tage verstreichen. Dann, am vierten Tag, ging er gegen Mittag zum Strand hinunter und fand Dickie allein, an der gleichen Stelle wie beim ersten Mal, vor den grauen Felsen, die sich vom Land her quer über den Strand zogen.
    »´n Morgen!« rief Tom. »Wo ist denn Marge?«
    »Guten Morgen. Wahrscheinlich arbeitet sie heute ein bißchen länger. Sie wird bald kommen.«
    »Arbeitet?«
    »Sie ist Schriftstellerin.«
    »Oh.«
    Dickie zog an der italienischen Zigarette in seinem Mundwinkel. »Wo waren Sie denn die ganze Zeit? Ich dachte schon, Sie wären abgefahren.«
    »Krank«, sagte Tom obenhin, während er sein zusammengerolltes Handtuch auf den Sand warf, aber nicht zu nahe an Dickies Handtuch.
    »Ach, die übliche Magenverstimmung?«
    »Immer zwischen Leben und Badezimmer schwebend«, sagte Tom lächelnd. »Aber jetzt geht es mir wieder sehr gut.« Er war tatsächlich zu schwach gewesen, auch nur das Hotel zu verlassen, aber er war auf dem Fußboden seines Zimmers umhergekrochen, immer den Fleckchen Sonnenlicht nach, die durch seine Fenster fielen, damit er nicht so weiß aussähe das nächste Mal, wenn er zum Strand ginge. Und den Rest seiner schwachen Kräfte hatte er darauf verschwendet, ein Handbuch für italienische Konversation zu studieren, das er in der Hotelhalle gekauft hatte.
    Tom ging ins Wasser, ging selbstsicher so weit hinein, daß es ihm bis zur Taille reichte, dort blieb er stehen, um sich Wasser über die Schultern zu spritzen. Er ging in die Knie, bis sein Kinn das Wasser berührte, planschte ein bißchen herum und kam dann langsam wieder zurück.
    »Darf ich Sie zu einem Gläschen in mein Hotel

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