Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
Vom Netzwerk:
wenn du es nicht wusstest. Was hast du denn vorgehabt? Ihn auf Bishops Finger zu stecken, als würdest du Aschenputtel den Schuh anziehen wollen?«
    Thorne wartete, bis Tughan mit seinem selbstgefälligen Kichern aufhörte. »Wofür wirst du das Geld ausgeben, das du von der Zeitung bekommen hast, Nick?«
    Tughans hohle Wangen bekamen plötzlich Farbe. Keable blickte zuerst ihn und dann Thorne an, bis er sich dafür entschied, die Beschuldigung vorerst auf sich beruhen zu lassen. »Hören Sie, Tom«, sagte Keable, »niemand ist mehr verärgert darüber als ich, und dafür werde ich ein paar Köpfe rollen lassen, glauben Sie mir.«
    Jetzt überfiel Thorne die Müdigkeit. Er konnte kaum noch den Kopf oben halten. Er schloss die Augen. Er hatte keine Ahnung, wie lange es gedauert hatte, bis Keable weitersprach. »Wir haben diesen letzten Brief. Das ist eine entscheidende Entwicklung.«
    »Noch eine Pressekonferenz?«
    »Ich glaube, das wäre eine gute Idee, ja.«
    Thorne wollte mit dem Fahrstuhl wieder nach unten fahren. Den Arm zu heben und den Finger auf den Knopf zu drücken war anstrengend. Er bekam eine Ahnung, wie schwer es für Alison sein musste, zu blinzeln. Er wollte nach Hause. Er hatte nicht die Absicht, hier herumzuhängen und Telefonate zu beantworten. Er musste sich hinlegen und abschalten.
    Noch eine letzte Frage. »Ist Jeremy Bishop der Hauptverdächtige in diesem Fall?«
    Keable zögerte eine Sekunde zu lang mit der Antwort, doch Thorne hörte sie dank des Lärms in seinen Ohren ohnehin nicht.
     
    Viel zu schnell fuhr er die Marylebone Road entlang. Schweiß tropfte von seiner Stirn, als er sich erschöpft nach vorne beugte. Er verbrauchte sein letztes bisschen Energie, um auf dem Lenkrad den Rhythmus zu klopfen, der aus den Lautsprechern dröhnte.
    Er drehte die Lautstärke bis zum Anschlag auf und zuckte zusammen. Die billigen Lautsprecher verzerrten den Klang so, dass sich die Höhen wie klirrendes Glas und die Bässe wie bei einem Zusammenstoß anhörten. Die Musik, sofern sie noch so genannt werden konnte, ließ den Wagen erzittern, aber Thorne hätte sie noch lauter gemacht, wenn er gekonnt hätte. Er wollte von dem Lärm niedergeknüppelt werden. Er wollte hypnotisiert werden.
    Er wollte betäubt, anästhesiert werden …
    Er riss das Steuer herum und fuhr auf die Innenspur, griff nach seinem Telefon und hielt den Wagen gleich hinter Madame Tussaud’s an.
    Er schaltete den Warnblinker ein, drehte die Musik aus und drückte die Schnellwahl-Taste.
    Eine lange Schlange von Touristen stand im Regen und wartete darauf, eingelassen zu werden und sich die wächsernen Doppelgänger von Popstars, Politikern und Sportlern ansehen zu können. Und natürlich die Massenmörder: Die Kammer des Schreckens war immer der größte Anziehungspunkt.
    Überall.
    Sie hob ab.
    »Ich bin’s … es tut mir Leid wegen gestern.«
    »Gut …« Sie klang unsicher, verwirrt.
    »Sieh mal, Anne, es hat sich alles geändert, um ehrlich zu sein, es ist alles am Arsch, und ich wollte dir nur sagen …« Dein Exfreund ist aus dem Schneider. »… die Beweise, die ich zu haben glaubte, haben sich nicht … bewahrheitet. Deswegen vergiss einfach, was ich gesagt habe, ja?«
    »Was ist mit Jeremy?«
    »Kann ich dich später sehen?«
    »Wird er noch verdächtigt?«
    Diesmal war es Thorne, der zu lange mit der Antwort zögerte.
    »Kannst du später zu mir kommen?«
    »Hör zu, Tom, ich werde nicht sagen, dass es mich nicht freut, weil es das nämlich tut. Mir tut es auch Leid wegen gestern, aber …«
    Im Hintergrund hörte Thorne, wie ein Arzt angepiepst wurde. Er wartete, bis es vorbei war. »Anne …«
    »Ich werde gegen fünf da sein. Ich habe heute Nacht Bereitschaft, deswegen werde ich mich früh hier wegschleichen. In Ordnung?«
    Es war mehr als in Ordnung.
     
    Mit ein bisschen Dummheit hatte er ja gerechnet. Er wusste, dass er in seiner Denkweise auf sein Gegenüber zugehen musste. Aber dies ging über all das weit hinaus, was er sich vorgestellt hatte.
    Schwachsinnige Trottel. Dumme, dämliche Idioten.
    Es war dumm, irgendeine Art von Gleichgewicht zu erwarten, das wusste er, aber diese Unvorhersehbarkeit war verdammt ärgerlich.
    Er spürte, wie die Depression von ihm Besitz ergriff, sobald er den Hörer aufgelegt hatte, wie er von ihr eingehüllt wurde wie von einer dunklen, kratzigen Decke, die seine Haut jucken ließ.
    Er ging in geraden Linien auf und ab. Die eine Bodendiele entlang hinauf, die andere hinunter. Er

Weitere Kostenlose Bücher