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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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nie auf Comedy-Shows, aber er hat sie geliebt. Vielleicht stand der alte Kerl einfach nur auf die Mädchen in ihren Bikinis. Ich habe Mum einmal dabei erwischt, wie sie sich ein paar Wochen nach Dads Tod eins von diesen Videos angeschaut hat. Sie muss es aus dem Videogeschäft geholt haben. Ich hatte damals meine Prüfungen gemacht, glaube ich, und kam an dem Tag früh vom College zurück. Sie saß da und schaute sich diesen fetten traurigen Kerl an, der diesen Püppchen durch den Garten hinterher jagte; sie hat sich die Augen aus dem Kopf geheult.
    Tim sollte auch mal bessere Laune kriegen. Er sitzt einfach nur da und hält meine Hand. Ich weiß, dass er tagsüber wegen seiner Arbeit nicht oft kommen kann, doch abends könnte er sich etwas mehr anstrengen. Ich weiß gar nichts. Er erzählt mir nichts. Was passiert auf der Brookside? Spielt er Sonntags immer noch Fußball? Hat er schon den Duschvorhang aufgehängt? Wenn Dad da wäre, würde er ihm in den Arsch treten.
    Er ist dumm, wirklich, und wenn schon alles andere nicht mehr funktioniert, besteht doch die Chance, dass ich nicht älter werde? Ich werde als schlanker, geiler Schatten meines früheren Selbst hier rausgehen. Es gibt hier einen sehr ansehnlichen Pfleger. Vermutlich schwul, aber total geil. Wenn Tim nicht aufpasst, könnte ich mich anderweitig umschauen.

Neun
    Als er aufwachte, war er immer noch wütend. Das Amateurschauspiel vom letzten Abend war die reinste Enttäuschung gewesen. Und wo zum Teufel steckte Thorne? Zumindest war dies die Bestätigung dafür, was er seit einer Weile vermutete – dass die Ermittlungen mit Prioritätsstufe eins exakt ins Nichts führten. Vielleicht wussten Sie, welches Auto er verwendet hatte, oder sie hatten eine etwas bessere Beschreibung, doch es dauerte alles so unendlich lange. Übers Nummernschild hatten sie kein einziges Wort verloren. Der Wagen war natürlich geklaut gewesen. Es waren fast zwei Wochen vergangen, seit er ihnen Helens Leiche zum Spielen gegeben hatte, und sie baten die Öffentlichkeit immer noch um Hilfe.
    Lahmarschige Idioten.
    Thorne. Er war nirgends zu sehen, wo er doch bequem zu Fernsehruhm hätte kommen können. Keine Sekunde hatte er geglaubt, dass sich Thorne immer noch im Krankenstand befand. Nein, die dämlichen Bullen führten sicher etwas im Schilde. Dies war nicht vorhersehbar gewesen, doch er konnte damit umgehen. Sollten sein verbrecherischer Auftritt und sein wunderbar schelmischer kleiner Brief nur dafür gesorgt haben, dass die uniformierten Jungs miese Laune bekamen, musste er eben einen anderen Weg finden, sie auf Trab zu bringen. Es war ohnehin Zeit. Von Verrückten wurde schließlich erwartet, dass sie etwas mehr an Tempo zulegten, wenn die erste Aufregung nachließ. Auch er hatte in Betracht gezogen, der Sache mehr Schwung zu verleihen – das nächste Mal vielleicht einen Schwulen oder einen alten Menschen zu nehmen. Nein … das würde sie nur verwirren, und das wollte er nicht. Alles in allem war er für den nächsten Schlag bereit. Total scharf darauf, es wieder zu probieren.
    Er hatte versucht, Thorne ans Schienbein zu treten. Jetzt war es Zeit, aufs Herz zu zielen.
     
    Thorne blickte sich in dem Pub um. Geschäftsleute in Hemdsärmeln nutzten einen Teller mit Scampi oder in der Mikrowelle aufgewärmtes Chili con carne als Entschuldigung, schon am Mittag ein paar Biere kippen zu können. Wahrscheinlich war dieser Ort so gut wie jeder andere auch. Informanten mochten es nicht, wenn man sich zu nah bei ihnen zu Hause traf, und Thorne sah von allen Leuten im oberen Stock des Lamb and Flag ohnehin am ehesten wie ein Schurke aus. Das gefiel ihm. Er wusste, dass ihm sein Aussehen »nützlich« war.
    Ein offenbar australischer Barmann leerte den Aschenbecher, den Thorne nicht benutzte. »Essen Sie was? Wir brauchen den Tisch.«
    Thorne öffnete seine Brieftasche. »Noch ein Mineralwasser.« Er sorgte dafür, dass sein Dienstausweis gut sichtbar war. Mit blasierter Miene wischte der Barmann den Tisch ab und marschierte davon.
    Das Perrier passte nicht ganz zu dem Bild, das er abgab, doch der Alkohol war streng auf sein kleines IKEA-Reich beschränkt. Abgesehen davon würde er gleich anschließend zur Arbeit gehen. Er glaubte nicht, dass es einen guten Eindruck machte, bereits am ersten Tag völlig breit zu erscheinen.
    Das Treffen mit Frank Keable am Vortag war nicht so prickelnd gewesen wie erwartet. Keable wollte, dass Thorne sich weiterhin an den Ermittlungen beteiligte,

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