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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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ihm, dass er hier richtig war.
    Er verstärkte den Griff ums Lenkrad. Immer noch war er sich nicht sicher, welches Spiel Thorne spielte. Er machte es dem Polizisten so leicht, und dennoch war alles unbefriedigend. Das Einzige, womit er nicht gerechnet hatte, war Dummheit. Das hätte er aber tun sollen. Er wusste die meiste Zeit, was vor sich ging, was sicherstellte, dass dieser Fall mit dem gewünschten Ergebnis enden würde. Aber es gab auch Momente des Zweifels. Dann hatte er das Gefühl, als würde gleich um die Ecke das Unerwartete lauern und alles durcheinander bringen. Überraschungen mochte er ganz und gar nicht.
    Schon seit Jahren nicht.
    Er hatte sich entschlossen, sich mehr oder weniger ans gleiche Schema zu halten, aber über eine kleine Änderung nachgedacht. Pubs hatten sich als erfolgreich erwiesen, ebenso wie die Diskothek im Süden von London, doch vielleicht würde er sich diesmal einem anspruchsvolleren Ort zuwenden. Irgendwas mit viel lackiertem Holz und poliertem Stahl, wo die Dezibel jedes Gespräch zu gebrüllten Wortfetzen machten. Wo er sich ein junges Ding aussuchen konnte, das voll gepumpt war mit Pillen und Alkohol. Die halbe Arbeit wäre damit schon erledigt.
    Er würde dann nur noch hinter dem Nachtbus herfahren müssen.
    Ja, wahrscheinlich würde sie sehr jung sein. Sogar noch jünger als Helen. Und sie würde mehr Glück haben. Ja, bei der Nächsten würde er es wieder richtig machen, wie bei Alison. Wenn ihr Herz im Angesicht des Todes stark genug sein würde, um das Blut durch den Körper zu pumpen, dann würde für sie gesorgt werden.
    Er blickte sich um zu den anderen Fahrern, die in ihren Autos schwitzten, zu den erstickenden Fußgängern, den Verkäufern, die langsam dahinsiechten. Alle starben sie ein bisschen, Tag für Tag. Allen konnte er nicht helfen, aber eine würde sehr bald eine reelle Chance bekommen.
    Dann würde Thorne vielleicht endlich damit anfangen, seine Arbeit richtig zu machen.
     
    Der Kuss fühlte sich seltsam an, als Anne die Tür zu ihrem Büro öffnete. Beide lächelten nervös. Beide wollten mehr. Aber sie mussten noch warten.
    Die Tafel stand an der Wand. Thorne trat auf sie zu. »Das ist wohl das Kommunikationsgerät, von dem Jeremy gesprochen hat?«
    Sie blickte ihn überrascht an. »Sie haben ihn getroffen?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Er hat mich heute Morgen mitgenommen.« Jetzt hatte er etwas in seinem Aktenkoffer.
    »Oh.« Sie ging zur Tafel und wischte einige der Kreidezeichen weg. Unter den Buchstabenreihen blieben nur zwei kleine Pfeile übrig, einer, der vorwärts, ein anderer, der rückwärts zeigte.
    »Es … entwickelt sich. Ich habe Hoffnung.«
    Er wünschte, er hätte sich ihr an jenem Abend nach dem Essen genähert. Aus allen möglichen Gründen. Nun waren die Dinge viel schwieriger. »Ich habe einen der Jungs im Internet für mich recherchieren lassen«, erzählte er. »Da gab’s alle möglichen … Hilfsmittel.«
    Sie lächelte. »Ja, das gibt es. Wenn sich Alison jemals wieder irgendwie bewegen kann, gibt es Rollstühle, die unglaublich raffiniert sind. Selbst in ihrem jetzigen Zustand gibt es die Möglichkeit, in einen Computer Wörter per Augenbewegungen einzugeben. Sie könnte eine Maus bedienen und den Computer für sie sprechen lassen. Sie könnte praktisch alles innerhalb ihrer nächsten Umgebung selbst steuern.«
    »Das ist alles schrecklich teuer, nehme ich an.«
    »Ich war schon glücklich, dass ich die Tafel bekommen habe, das können Sie mir glauben. Wollen Sie einen Kaffee?«
    Thorne wollte alle möglichen Sachen. Gleich hier auf ihrem Schreibtisch. Er wollte rückwärts auf die Platte geschoben werden, sodass alles auf den Boden fliegen würde. Er wollte seinen Reißverschluss aufmachen und sehen, wie sie lächelnd auf ihn zukommen und sich den Rock hochziehen würde …
    »Ich würde gern Alison sehen.«
    »Dann gehen Sie schon mal hoch, und ich hole uns aus der Kantine den Kaffee. Sie erinnern sich doch noch, wo es war?«
     
    Das Zimmer war weniger mit Geräten voll gestopft als das letzte Mal, als er hier gewesen war. Immer noch hatte er das Gefühl, als sei er mit dem Fahrstuhl in den Keller gefahren und würde den Generator-Raum betreten, aber Alison schien an weniger Apparate angeschlossen zu sein. Frische Blumen standen auf dem Tisch – von ihrem Freund, vermutete er. Und plötzlich fiel ihm ein, dass er Tim Hinnegan nie kennen gelernt hatte. Er hatte keine Ahnung, wie er aussah und womit er sein Geld

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