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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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leeres Gesicht, die kleinen Augen waren weit aufgerissen, der Mund stand offen, als ringe er nach Luft. Thorne kam um das Bett, die Fäuste geballt, sein Gesicht eine einzige Katastrophe. Er sah, wie sich der Mann am Boden fragte, ob sein Gesicht ebenso enden würde …
    Thorne erstarrte. Er blieb stehen und blickte hinunter auf den schleimigen Scheißkerl, der sich ihnen mehr oder weniger selbst ans Messer geliefert hatte. Dieser widerliche Wichser, der einen Tick zu unvorsichtig gewesen war und der nun im Gefängnis graue Haare bekommen würde, während er darüber nachdachte. Ein Häkchen in der Plusspalte, eine Anerkennung, die sich ein Abteilungsleiter an den Hut stecken konnte. Ein Mörder, der ihnen aus demselben einfachen Grund ins Netz gegangen war wie die meisten.
    Aus purem Zufall und Blödheit.
    Sutcliffe, West, Nielsen, Shipman. So gut wie jeder auf der Liste, nach der ihn sein Vater gefragt hatte. Sie alle stolperten über einen Glücksfall, einen Zufall oder eine Unvorsichtigkeit. Nicht nur die Großen, auch Mörder X und Vergewaltiger Y. All die Verrückten, wie sie einem jeden Tag an jeder Straßenecke über den Weg laufen und von denen die meisten nichts gemein hatten mit den hoch intelligenten, ausgefuchsten Psychopathen aus den populären Thrillern. Die alle aus ganz gewöhnlichen, dumpfen Motiven mordeten. Aus Wut, Neid, Lust oder Gier. Böse, ja, aber auch genauso dumm wie einige von denen, die hinter ihnen her waren.
    Thorne und die anderen, die durch die Gegend stolperten und manchmal gute und manchmal schlechte Tage hatten. Die Regeln befolgten oder nicht befolgten, je nachdem, wer sie waren und wie viel ihnen der ganze Mist bedeutete. Polizisten, die darauf hofften, dass der hier verhaftet werden wollte, und, falls das nicht der Fall war, beteten, ein scharfsichtiger Zeuge möge sich melden, ein von seinem Gewissen geplagter Verwandter oder der etwas unterbelichtete Komplize.
    Sie brauchten jede Hilfe, die sie bekommen konnten.
    Das war Thorne natürlich klar. Dennoch traf es ihn hin und wieder wie ein Keulenschlag. Ein Augenblick, ein Bild genügte, um ihn daran zu erinnern. Wie verloren er war. Wie abhängig vom Glück und vom Missgeschick.
    Es war fünf Sekunden her, nicht länger, seit er sein Versteck verlassen hatte. Thorne spürte eine Hand an seinem Ärmel, hörte einen hohen, unangenehmen Ton. Der ihn herausriss …
    Der Mann auf dem Boden sah nicht ihn an, sondern an ihm vorbei, auf etwas weiter hinten. Die Hand zog ihn weg – nicht weg von dem Verdächtigen, es hatte keinen Akt der Gewalt gegeben, sondern zu etwas anderem hin. Zu etwas, worauf er seine Aufmerksamkeit richten sollte.
    Thorne drehte sich im selben Augenblick um, als er es wirklich wahrnahm. Er wandte sich um und zuckte zusammen, sah in die gleiche Richtung wie alle anderen im Raum. Sie hielten sich die Ohren zu. Sie starrten zu Sarah McEvoy, die gegen die Wand gelehnt am Boden kauerte.
    Sie schrie noch immer.

Fünfundzwanzigstes Kapitel
    Als sie den Kopf hob und zu ihm aufsah, merkte Holland, dass sein Hemd klitschnass war, von Rotz und Tränen.
    McEvoy hatte über eine Stunde geheult.
    Sie hatte sich zusammengerissen, bis sie in sein Auto gestiegen und vom Hotel weggefahren waren. Ab da war sie hysterisch gewesen, die gesamte Strecke bis Wembley. Und als er vor ihrer Wohnung vorfuhr, hatte sie sich zu ihm herübergelehnt und so heftig geweint, dass sie kaum ein Wort hervorbrachte. Und darauf bestanden, von ihm gehalten zu werden.
    Seither hatten sie sich nicht bewegt.
    Im Hotel waren sie gemeinsam mit Thorne nach unten gefahren, sobald Jason Alderton abgeführt worden war. Sie hatten schweigend in dem Lift gestanden und sich dann auf das Sofa und die Sessel in der verlassenen Hotelhalle gesetzt. Thorne hatte jemand aufgetrieben und Kaffee bestellt und sich dann ihnen zugewandt, auf Antworten gewartet. Holland war verblüfft, wie schnell McEvoy ihre Sicherheit wiedergefunden hatte, wie leicht es ihr fiel, Thorne in die Augen zu sehen und ihm dabei Lügen aufzutischen. Sie erzählte ihm, ihre Mutter sei krank, es falle ihr schwer, damit umzugehen. Sie lachte und meinte, die Sache oben in dem Hotelzimmer habe wahrscheinlich etwas in ihrem Unterbewusstsein berührt und eine Menge alten, aufgestauten Kram aus ihrem System gespült. »Eine einmalige Sache. Nervenflattern, Sir …«
    Thorne hatte es ihr abgenommen. Davon gesprochen, sie solle sich ein paar Tage freinehmen. Sich nach ihrer Mutter erkundigt.
    Vielleicht

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