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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Dave«, fügte McEvoy hinzu. »Ich bin sicher, Sophie hat keinen Grund, sich zu beschweren.«
    Holland sagte nichts darauf. Was Thorne keineswegs entging.
    »Entschuldigung. Habe ich …?« Sie blickte von Thorne zu Holland und wieder zurück. »Spreche ich etwa nicht wie eine richtige Lady?« Das letzte Wort betonte sie dabei komisch, als würde es in der Mitte mit einem »y« und am Ende mit einem »e« geschrieben.
    Thorne lächelte. »Na ja, wenigstens ist Ihre Stimmung besser als am Samstag. War das Wochenende nett?«
    Nun war es an McEvoy, rot zu werden. »Äh, tut mir Leid wegen der Sache. War einfach schon lausig drauf, als ich aufwachte. Das Wochenende war … prima. Wirklich großartig. Danke.«
    Bevor das Schweigen unangenehm wurde, entdeckte Thorne Brigstocke in der Tür, der die Menge nach ihnen absuchte. Thorne winkte, und der Detective Chief Inspector kam herüber. Bevor er an ihrem Tisch angelangt war, sah Thorne an seinem Gesichtsausdruck, dass es Neuigkeiten gab.
    Es war nur die Frage, wie schlimm sie waren …
    »Vor zehn Minuten kam ein Fax. Die Beschreibung des Mannes, der letzte Nacht eine Frau in der Nähe der U-Bahn-Station Clapham South mit der Pistole bedrohte Thorne reckte sich reflexhaft, als es ihn durchzuckte. Der Kitzel. Keineswegs schlimme Nachrichten …
    McEvoy erkannte, worauf Brigstocke hinauswollte. »Also kein versuchter Raubüberfall oder eine versuchte Vergewaltigung?«
    Thorne antwortete ruhig: »Versuchter Mord.«
    Brigstocke nickte. »Klingt nach unserem Mann. Groß, stämmig, rotblonde Haare, Brille. Hinzuzufügen wäre noch: blutet. Die Frau, auf die er es mit der Pistole abgesehen hatte, sagt, sie habe mit ihrem Stöckelschuh aus Leibeskräften auf ihn eingeschlagen.«
    McEvoy nahm einen Schluck Bier. »Hervorragend.«
    »Wann können wir mit ihr sprechen?«, fragte Holland.
    »Ich versuche es zu arrangieren. Ihre Familie kümmert sich um sie – sie ist offensichtlich noch ganz fertig mit den Nerven.« Brigstocke machte Anstalten, sich zu setzen. Thorne schob seinen Stuhl zur Seite, um ihm Platz zu machen. »Hoffentlich bis Ende des Tages …« Brigstocke seufzte und gestattete sich ein Lächeln, das erste, das Thorne in den letzten Tagen gesehen hatte.
    Thorne stand auf und griff nach seiner Jacke. Falls der Mann mit der Pistole einer der Männer war, nach denen sie suchten, dann hatte augenscheinlich einer der beiden Mörder versagt. Gott sei Dank. Thorne hatte das sichere Gefühl, dass dies dem anderen nicht passiert war …
    Das Ziel: Pärchen sammeln.
    Thorne war ungern derjenige, der das Lächeln in Brigstockes Gesicht zum Ersterben brachte, aber er schreckte nicht davor zurück.
    In seinem Kopf hörte es sich an wie ein lauter Schrei – zu hören war nur ein Flüstern.
    »Irgendwo liegt eine Frau, die erschossen wurde. Ich will sie finden.«
     
    London war eine von Geistern bevölkerte Stadt, von denen einige toter waren als andere.
    Thorne wusste, dass sie sich in dieser Hinsicht nicht von anderen Metropolen unterschied – New York, Paris oder Sydney –, aber instinktiv spürte er, dass London extrem war. Wahrscheinlich lag es an der Geschichte. Der dunkleren Seite dieser Geschichte, der Gegenpart zu den Parks und Palästen und der glänzenden Königsseite, die Busladungen von japanischen und amerikanischen Touristen erstarren und staunend gaffen ließ. Die verborgene Seite einer Stadt, in der die Einsamen, die Besitzlosen und Obdachlosen die Straßen bevölkerten, Schulter an Schulter mit den Schatten jener, die vor ihnen hier gelebt hatten. Einer Stadt, in der die Armen und Verlorenen, diejenigen, die vor langer Zeit dafür gehängt worden waren, einen Laib Brot gestohlen oder für einen Shilling gemordet zu haben, sich mit denen um einen Platz rauften, die eine warme Mahlzeit suchten oder den nächsten Schuss oder ein Bett für die Nacht.
    Eine Stadt, in der die Toten lange verborgen bleiben konnten.
    Thorne war Londons Geschick, seine Leichen für sich zu behalten, bekannt, seit er bei der Polizei war. Aber er störte sich noch immer daran. Die friedlich zu Hause Verstorbenen konnten wochenlang in ihrem Wohnzimmer liegen und vor sich hin rotten, die Ratten und die Fliegen anlocken, bis endlich ein mit einem guten Geruchssinn bedachter Nachbar aufmerksam wurde.
    Die Opfer eines gewaltsamen Todes, deren Mörder nicht wollten, dass sie gefunden wurden, konnten viel länger allein und im Verborgenen liegen. Vergraben, verbrannt oder eingemauert, zersägt oder

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