Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
gerade, was ich heute zu Abend esse.«
»Anstrengender Tag?«
Ob sie es an seiner Stimme gemerkt hatte? Er lachte. »Ich überlege, ob ich nicht alles hinschmeißen und Florist werden soll.«
»Bloom und Thorne klingt gut …«
»Na, wohl eher doch nicht. Das frühe Aufstehen wär nichts für mich.«
»Du fauler Sack …«
Und die Bilder, die Geräusche, die Gerüche aus seinem Traum waren plötzlich wieder da. Er fröstelte, obwohl es warm genug war, um draußen mit der Jacke über dem Arm herumzulaufen …
»Tom?«
»Entschuldige …« Er zwinkerte, um die Bilder zu verscheuchen. »Du hast gerade von Samstag gesprochen. In der Nachricht auf dem Band …«
»Ich weiß, wahrscheinlich wird’s bei dir spät.«
»Nein, diesmal sicher nicht. Außer es kommt was dazwischen.« Ein dringendes Meeting, eine neue Spur, ein weiterer Toter. »Sollte also klappen …«
»Keine große Sache, aber es ist Denise’ Geburtstag, deshalb wollen sie und ich und Ben am Samstag in einen Pub gehen. Das ist eigentlich alles. Stoß einfach dazu, wenn du Lust dazu hast.«
»Wozu? Auf ein Rendezvous zu viert?«
»Nein. Ich dachte nur, das wär dir vielleicht lieber. Ohne Druck …«
»Druck?«
»Na ja, du warst … wie eine heiße und kalte Dusche …«
»Tut mir Leid …«
Kurzes Schweigen. Thornes Blick fiel wieder auf den Wirt, der die Hände in die Luft warf. Er hörte, wie Eve den Hörer von einem Ohr zum anderen wechselte.
»Hör mal, mir tut es auch Leid«, sagte sie. »Ich wollte nicht am Telefon damit anfangen. Trinken wir einfach am Samstag was zusammen und sehen dann weiter.«
»Das klingt gut. Ich muss dir auch etwas zeigen.«
Thorne genoss es, das Lachen zu hören, das er eine ganze Weile nicht mehr gehört hatte. Er stellte sich die Lücke zwischen ihren Zähnen vor. »Red nicht so schmutzig«, sagte sie, »und besorg dir lieber was zu essen …«
Ein paar Minuten später, zehn Minuten, nachdem er vor dem Restaurant angekommen war, und Thorne überlegte noch immer, was er tun sollte. Er hatte was zu Hause im Kühlschrank. Das wegmusste …
Er stieß die Tür auf, der Duft des indischen Essens war einfach zu unwiderstehlich. Sein Freund, der Besitzer, hatte bereits eine Flasche Kingfisher geöffnet.
Einundzwanzigstes Kapitel
»Für wen bist du denn heute Abend, Dave?«
Holland blickte von seinem Schreibtisch hoch, um einen strahlenden DS Sam Karim über sich zu sehen. »Wie bitte …?«
»Der Charity Shield. Wer soll ihn gewinnen?«
Holland nickte. Das traditionelle Spiel zum Saisonabschluss. Der letztjährige Pokalsieger gegen den Meister.
»Egal welches Team, solange es nicht Manchester United ist«, sagte Holland.
»Wie du meinst. Aber das träumst du. Wir werden auch wieder Meister.«
»Ich versteh’s nicht, Sam. Du bist doch aus Hounslow, oder?«
Noch immer ein breites Grinsen auf dem Gesicht, ging Karim weiter. »Du bist bloß neidisch …«
Holland griff wieder nach dem Telefon und wählte. Fußball war ihm eigentlich egal. So gut wie alles, was er über das Spiel wusste, war in dieser Fünfzehn-Sekunden-Unterhaltung abgedeckt worden.
Die Leitung war noch immer belegt. Er warf noch einmal einen Blick auf seine Notizen. Seit Joanne Lesser gestern ihre Information per E-Mail geschickt hatte, hatte Holland sich ziemlich flott durch die Namensliste gearbeitet. Er kam voran, aber es war frustrierend. Obwohl er Andy Stone gegenüber so aufgetrumpft hatte, war es manchmal schwierig, die Leute ans Telefon zu bekommen, selbst wenn diese keinerlei Anlass hatten, sich dagegen zu sperren.
Die Foley-Kinder waren die ersten sechs Monate nach dem Tod ihrer Eltern provisorisch untergebracht worden. Im Januar 1977 kamen sie dann zu Pflegeeltern, bei denen sie länger bleiben sollten. Das sollte sich noch sechsmal wiederholen. Es gab zwei Pflegeelternpaare, mit denen Holland noch nicht gesprochen hatte, aber aus den bisherigen Gesprächen hatte sich ein Muster herausgebildet. Stets schienen sich die Kinder sehr schnell einzugewöhnen, um sich dann nach einiger Zeit zurückzuziehen und störrisch zu werden. Das war vor allem in Familien so, in denen es andere Kinder gab. Die Eltern, mit denen Holland sprach, berichteten, es sei schwierig gewesen, hielten das aber in Anbetracht dessen, was die Kinder durchgemacht hatten, für durchaus verständlich. Mark und Sarah waren im Prinzip nette Kinder, hatten sich aber abgekapselt und immer mehr Zeit allein verbracht, hatten versucht, alle anderen auszuschließen
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