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Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes

Titel: Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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unfähig, ein Ausgabenformular auszufüllen. Also bringt der Typ den Laden hier ziemlich durcheinander. Das führt zu Spannungen.« Irgendetwas daran schien Hendricks ungemein zu amüsieren. »Als wärst du Brendan und dieser neue Typ Trevor Jesmond.«
    Thorne schnitt eine Grimasse. »Dann hat Brendan mein tiefstes Mitgefühl.«
    »Allerdings ist dieser neue Typ nicht ganz so übel wie Jesmond.«
    »Wär auch eine ziemliche …«
    »Der Idiot hatte einen Job bei einer Bank, ziemlich weit oben. Flog durch die Gegend für irgendwelche multinationalen Konzerne, Ölfirmen, frag mich nicht. Und dann wirft er alles hin. Nimmt eine riesige finanzielle Einbuße in Kauf, um hier für die Wohlfahrt zu arbeiten …«
    »So ein Kotzbrocken von Gutmensch.«
    »Und dabei würde selbst ein Zeitungsjunge hier eine Gehaltseinbuße riskieren …«
    Thorne streckte sich mit einem lauten Gähnen. »Ich mach mich mal besser wieder auf den Weg. Du hast sicher was zu tun.«
    »Ich find schon was.«
    »Brendan hat mir erzählt, dass du mich für verrückt hältst«, sagte Thorne.
    »Nicht für übermäßig.«
    »Was hätten wir sonst tun sollen? Mir fällt nichts ein.«
    Hendricks machte die Tür auf. »Wegen der Ermittlung mach ich mir keine Sorgen …«
    Der Regen trommelte gegen das Fenster, und beide Männer schauten einander voller Weltschmerz an wie ein altes Komikerpaar.
    »Brendan ist ganz und gar nicht damit einverstanden«, sagte Thorne. Aus Hendricks’ Schweigen schloss er, dass er sich darüber mit Brendan bereits auseinander gesetzt hatte. »Hör mal, ich weiß, wie ernst Brendan seinen Job nimmt und dass ihm nur eins wichtig ist: seine Leute von der Straße runterzuholen. Also sag ihm das, wenn ihr beide euch später in den Arm nehmt und wieder versöhnt …«
    »Davor oder danach?«
    »Ich mein’s ernst, Phil. Ruf ihm noch einmal ins Gedächtnis, warum wir das hier machen. Sag ihm, dass da draußen noch jemand herumläuft, der Obdachlose von der Straße herunterholen will. Nur dass dieser Arsch seine ganz eigene Methode hat …«
     
    Mittags war wieder eine Menge los im Tageszentrum. Die Tische waren enger zusammengerückt worden, und etwa dreißig, vierzig Leute aßen gerade ihr Mittagessen oder standen an der Theke an, um es sich zu holen.
    Thorne trug einen Teller mit Eintopf zu einem Tisch und setzte sich.
    Ein paar Gesichter kannte er. Ein, zwei Leuten, denen er bereits über den Weg gelaufen war, nickte er zu: einem alten Mann, mit dem er den Strand entlanggelaufen war; einem zahnlosen Glasgower mit einem Schlapphut; einem klapperdürren Waliser, der aggressiv geworden war, weil er glaubte, Thorne mache ihm sein Revier streitig, und der geradezu beängstigend zutraulich wurde, als Thorne ihm versicherte, dass er das keineswegs vorhabe. Am anderen Ende des Raums entdeckte Thorne Spike. Er saß mit dem Rücken zu ihm, den Arm um ein nicht minder spindeldürres Mädchen gelegt.
    Wieder war es ruhiger, als man hätte vermuten können. Weitaus am meisten Lärm machte ein dicker, grauhaariger Mann, der Thorne gegenübersaß. Im einen Moment strahlte der Kerl, und im anderen runzelte er die Stirn, immer abwechselnd, während er geistesabwesend mit dem Löffel in seinem Essen rührte. Das Selbstgespräch, das er vor einem imaginären Radio führte, fesselte ihn weitaus mehr. Etwa alle dreißig Sekunden stieß er ein Zischen aus, um das Rauschen nachzuahmen, bevor er seine Nachricht zum Besten gab. Ein paar Sekunden später bewegte er seine Hand – er hielt das Radio an das andere Ohr und gab sich selbst eine Antwort.
    »Hier ist London, Mr. President, hören Sie uns?«, sagte er.
    Spike ging an die Theke, um sich den Nachtisch zu holen. Auf dem Rückweg entdeckte er Thorne und rief Hallo. Thorne winkte ihm kurz mit dem Löffel zu und aß weiter. Der Eintopf war dick, mit einer Menge Perlgraupen, und praktisch geschmacklos. Aber bei zwei Gängen für den Preis konnte man nicht klagen.
    Als er fertig war, kam Spike Hand in Hand mit dem Mädchen herüber.
    »Das ist Caroline«, sagte er. »Caz.«
    »Nett, dich kennen zu lernen. Ich bin Tom …«
    Das Mädchen hatte rote Ränder um die Augen, und ihre Haare glichen klebrigen Karamellfäden. Sie trug ein verblichenes Rugbyhemd unter einem Top mit Reißverschluss und mit bunten Perlen versehene Lederarmbänder um die Handgelenke.
    »Wir sind verlobt«, erklärte sie.
    Spike setzte sich mit seiner Freundin zu Tom, und sie redeten miteinander, während Tom seine Mahlzeit beendete.

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