Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes

Titel: Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
Vom Netzwerk:
ein Mann auf einer der Rolltreppen gefressen wurde und wie sie während des Zweiten Weltkriegs die Mumiensammlung des British Museum beherbergt hatte.
    Als sie zur St.-Clemens-Danes-Kirche hinüberliefen, die ruhig auf der Verkehrsinsel thronte, deutete Thorne auf die Türmchen und Spitzen der Royal Courts of Justice. Sie zeichneten sich hinter der Kirche scharf vor dem Nachthimmel ab. Thorne war mit dem Gebäude nicht allzu vertraut, schließlich wurden dort Zivilprozesse verhandelt. Aber er wusste, dass der Konstrukteur der Uhr stranguliert worden war, als sich seine Krawatte in dem Mechanismus verfing.
    »Verdammte Scheiße«, sagte Spike, »du kennst echt irre Geschichten.«
    Thorne ließ sich durch den Kopf gehen, was er in den letzten Wochen alles erfahren hatte – vor allem von Spike. Die Dinge, die man ihm gezeigt hatte, und die Menschen, die er kennen gelernt hatte. Und was man ihm erzählt hatte.
    »Ja, ich kenn wirklich irre Geschichten …«
    Hinter der Kirche standen ein paar Saufbrüder zusammen, die sich zuvor bei der Suppenküche bedient hatten und sich nun einen Schluck genehmigten. Damit sie die Zeit bis zur nächsten Suppenverteilung rumbrachten. Caroline und Spike schlenderten zu ein paar Junkies, deren Unterhaltung, wenn man nach ihrem Aussehen urteilte, wohl nicht allzu spannend war.
    »Haste ’n Bier?«
    Thorne drehte sich um und sah sich einem Mann mit einem Schopf weißer Haare und einer Nase wie einer überreifen Erdbeere gegenüber, der von Abstand nichts zu halten schien.
    »Haste ’n Bier, Kumpel?«, wiederholte er.
    Er nuschelte nicht richtig, aber er stieß die Worte hervor, als gehörten sie zusammen. Es klang gelassen und aggressiv zugleich. Thorne war sich nicht sicher, ob der Kerl ihn nicht als Penner erkannt hatte oder einfach so weit hinüber war, dass es ihn nicht scherte, wen er fragte. So oder so, es änderte nichts an seiner Antwort.
    »Tut mir Leid.« Thorne deutete auf seine Tasche. »Hab nur die eine, und die brauch ich selber.«
    »Du trinkst sie doch nicht.«
    Thorne zog die Dose Special Brew aus der Tasche. Eigentlich wollte er sie später mit nicht ganz so starkem Zeug füllen, aber was soll’s. Er riss den Ringverschluss auf. »Doch, tu ich.«
    Als Thorne die Dose an den Mund setzte, trat der Typ noch einen Schritt näher. »Dann spendier uns wenigstens ’nen Schluck.«
    Der Typ lehnte sich gegen ihn. Thorne spürte seine schmuddlige Daunenweste am Mantel seines Vaters.
    »Nur einen Schluck …«
    »Zieh Leine«, sagte Thorne.
    Der Mann zuckte zurück, als sei er gestoßen worden. Die Beine fest auf dem Boden verankert, musterte er Thorne zehn, fünfzehn Sekunden lang mit zusammengekniffenen Augen, der Oberkörper leicht hin- und herschwankend. Dann legte er den Kopf zur Seite. »Du bist ein Bulle«, sagte er.
    Thorne knurrte lachend. Trank einen Schluck Bier. Es schmeckte widerlich.
    »Ein Bulle, klar doch.« Er fing an, laut zu werden. »Ich kenn dich.«
    »Hör mal, Kumpel …«
    »Ich kenn ein Schwein …«
    Thorne hielt ihm die Dose hin. »Da, kannst sie haben …«
    »Ha!« Er schlug sich mit der schmierigen Hand auf die Seite des Oberschenkels und rief: »Du bist ein Bullen schwein, ein Schnüffler, ein dreckiges, ekelhaftes …«
    Thorne stand kurz davor, dem Alten die Dose auf den Kopf zu hauen, als Spike neben ihm auftauchte.
    »Alles in Ordnung?«
    Thorne wandte den Kopf um, und in diesem Augenblick schnappte sich der Alte das Bier.
    Spike packte ihn am Arm. »Gib die Dose her, du Arsch …«
    »Lass ihn«, sagte Thorne.
    Spike ließ ihn los, und der Alte tat ein paar Schritte zurück, wobei er die Bierdose an die Brust drückte. »Er ist ein Bulle. Hundert Pro, er ist ein Scheißbulle.«
    Spike redete auf ihn ein, als wolle er einen Verrückten beruhigen. »Klar ist er das.« Er bildete mit den Händen einen Trichter und brüllte den Alten an, obwohl er nur ein paar Schritte entfernt stand: »Du hast keine Ahnung, wie daneben du liegst.«
    Sie blickten ihm nach, als er zu dem Geländer am Straßenrand ging und sich über das Bier hermachte.
    Spike sah Thorne an. »Du warst doch kein Bulle, oder?«
    Thorne machte kehrt und lief zu dem schmalen Gehweg, der um die Kirche führte.
    Der Alte hatte eine Schraube locker, so viel stand fest. Dennoch hatte der Wortwechsel Thorne beunruhigt. War es möglich, dass er erkannt worden war? Dass er den Alten vielleicht vor Jahren mal hinter Gitter gebracht hatte? Es spielte keine große Rolle, denn nach dem, was

Weitere Kostenlose Bücher