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Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders

Titel: Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Nacht in einer Zelle verbracht hatte. Er gab sich Mühe, möglichst gelangweilt und angeödet zu blicken, aber der Schlafmangel beeinträchtigte seine schauspielerischen Fähigkeiten offensichtlich. Wo sie bislang nur ab und zu Angst hatte kurz aufblitzen sehen, war diese nun deutlich zu sehen. Und eine dunkle, stille Wut, die auf seinem Gesicht lag wie schmutziger Schaum auf der Wasseroberfläche.
    »Ich weiß, was Ihnen Spaß macht«, sagte sie. »Ein kleines Geschichtsquiz.«
    Eine laminierte Liste mit den Rechten der Gefangenen war auf dem Tisch befestigt. Farrell zupfte daran herum. Er sah auf und zuckte die Achseln. »Na gut.«
    »Geschichte ist doch Ihr Lieblingsfach?«
    »Ich hab doch schon ja gesagt.«
    »Können Sie sich gut Daten merken? Was war am 28. Februar 1953?«
    Farrell tippte sich mit dem Finger auf die Lippe. »Die Schlacht von Hastings?«
    »Warum fragen wir nicht das Publikum?«, sagte Kitson. »Mr Wilson?«
    Wilson notierte sich wieder etwas. »Ich bezweifle, dass Sie eine Haftverlängerung bekommen, wenn Sie Ihre Zeit mit so albernen Spielchen vergeuden.«
    »Das war der Tag, an dem Francis Crick und James Watson die DNS-Struktur entdeckten.« Kitson malte langsam eine Acht auf den Schreibtisch vor sich. »Die Doppelhelix.«
    Farrell sah aus, als fände er das echt komisch. »Ich werde es mir merken«, sagte er.
    »Da bin ich mir sicher. Bis heute Abend müsste das vorläufige Ergebnis da sein, und ich bin mir sicher, die DNS stimmt überein.«
    Dieses Mal sprach Kitson von dem Ergebnis einer rechtmäßig genommenen DNS-Probe, die sie sich am Tag zuvor auf der Wache besorgt hatte. Farrell wollte sein Einverständnis dafür nicht geben, weshalb Kitson sich die DNS-Probe ohne Einwilligung verschafft hatte – was ihr gutes Recht war. Ein anwesender Arzt hatte ein paar Haarsträhnen abgeschnitten, wobei Stone und ein weiterer DC ihm etwas zur Hand gegangen waren. Dabei war in Farrells Augen eine Wut aufgeblitzt, die weitaus weniger kalt gewesen war als die Wut, die sie jetzt bei ihm spürte.
    Sie starrte ihn an und verschärfte den Druck. »Sie wissen doch auch, dass die DNS übereinstimmt?«
    »Ich weiß alles Mögliche.«
    »Aber sicher.«
    »Ich weiß, dass Sie sich nicht entscheiden können, wie Sie mit mir reden sollen, um etwas aus mir herauszubekommen. Ich weiß, dass Sie mich entweder von oben herab behandeln oder so tun, als hielten Sie mich für echt schlau und echt erwachsen. Aber dass Sie die ganze Zeit, während Sie ungeschickt zwischen den beiden Kursen lavieren, hier sitzen und mich abgrundtief hassen.« Er sah zu Stone. »Und ich weiß, dass der da am liebsten über den Tisch klettern würde, um mich zwischen die Finger zu kriegen.«
    Stone erwiderte den Blick, als wolle er nicht widersprechen.
    Kitson fing den Blick auf wie ein Pokerspieler das verräterische Zeichen. Die aufgeblähten Wangen Wilsons sagten ihr, dass er sich bereits mit der Tatsache abgefunden hatte, dass der Junge, was immer er ihm geraten hatte, es besser zu wissen glaubte. Und dass er für die fette Kohle, über die er sich mit den Eltern seines Mandanten geeinigt hatte, nicht schwer arbeiten musste. Kitson wandte sich wieder Farrell zu. Sie war sicher, dass sein Anwalt bereits über die noch fettere Kohle nachdachte, die er verdiente, wenn der Prozess nach dem Schuldspruch in die nächste Instanz ging.
    »Hier marschieren Sie nicht so einfach raus«, sagte sie.
    »Sie scheinen sich sehr sicher zu sein, aber es liegt noch keine Anklage vor, oder?«
    »Wer waren die beiden anderen Jungs, die dabei waren, als Sie Amin Latif angriffen?«
    »Als ich was?
    »Geben Sie mir die Namen, Adrian.«
    »Jetzt sagen Sie gleich, dass Sie mir nichts versprechen können, stimmt’s? Aber dass Sie, wenn ich Ihnen helfe, alles versuchen, dass meine Strafe nicht so hoch ausfällt. Oder vielleicht probieren Sie es damit, an mein Gewissen zu appellieren, weil Sie sicher sind, dass ich eins hab, irgendwo tief drinnen. Und dass ich das Richtige tun will.«
    »Was ist mit Damien Herbert und Michael Nelson?«, fragte Kitson. »Sollen wir mit denen reden? Wetten, dass die beiden keine Sekunde brauchen, um Sie fallen zu lassen.«
    Farrell schien sie gar nicht gehört zu haben. »Ist das nicht die Stelle, wo Sie die Fotos von dem toten Jungen aus der Tasche ziehen?«
    Kitson sah zu Wilson, dann zu Stone. Die Pause war weniger effekthascherisch, als dazu da, etwas Spucke in den Mund zu bekommen, der plötzlich ganz trocken geworden war.

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