Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
im Verhörraum ereignet hatte, hinter sich gelassen. Er nickte nur jedes Mal, wenn er gefragt wurde, ob er auch alles verstanden habe. Dann erkundigte er sich, wann er denn seine superteuren Nikes wiederbekäme.
»Halten Sie lieber den Mund, bevor wir es uns noch anders überlegen«, antwortete der Sergeant.
Farrell quittierte die Gegenstände, die ihm ausgehändigt wurden. Mit einem Mordsgetue streifte er seine Designeruhr über und überprüfte, ob auch nichts aus seiner Brieftasche abhanden gekommen war. Dann bestätigte er mit seiner Unterschrift, dass man ihm seine Untersuchungshaftunterlagen gezeigt habe und diese vollständig waren. Er unterzeichnete das Entlassungsformular und eine Erklärung, dass er beabsichtige, zu der angegebenen Zeit zurückzukehren.
»Ich vermute mal, Sie lassen mich nicht aus den Augen«, sagte Farrell.
Kitson antwortete nicht darauf, sondern blickte nur von ihrem Papierstapel auf.
»Sie müssen mich für blöd halten.«
»Ich weiß, dass Sie nicht blöd sind«, sagte Kitson.
»Sie wissen nichts über mich.« Farrell wandte sich von ihr ab und konzentrierte sich auf den Papierkram.
»Diese Kopien können Sie behalten.«
Farrell nahm den Stapel, den ihm der Sergeant reichte.
»Sollen wir Ihre Mum und Ihren Dad anrufen? Damit sie kommen und Sie abholen?«
Farrell sah zur Seite und schüttelte den Kopf, schnaubte, als sei allein die Vorstellung lächerlich.
»Okay, ich ruf Ihnen ein Taxi. Wird ein paar Minuten dauern. Wenn Sie nicht genug Bargeld haben, können Ihre Eltern ja für Sie bezahlen. Oder ist das ein Problem?«
»Ich denke, das werden sie schaffen …«
Als der Sergeant nach dem Telefon griff, dankte ihm Kitson für seine Hilfe. Er nickte ihr zu und sah sie dabei an, als hoffte er, dass sie wusste, was sie tat. Kitson begleitete Farrell aus dem Untersuchungstrakt und führte ihn durch die Wache zum Haupteingang.
Sie informierte den Beamten an der Rezeption, bevor sie Farrell allein auf sein Taxi warten ließ und ihren Ausweis durch den Kontrollterminal schob und wieder zurückging. Sie wandte sich noch einmal kurz zu Farrell um. »Sie sind sich sicher, dass Sie mir nicht noch etwas sagen möchten, bevor Sie gehen?«
Farrell lächelte noch immer einnehmend, aber seine Augen waren schmale Schlitze. »Nichts, was Sie hören möchten.«
Als Kitson weg war, ging Farrell zu den automatischen Türen, die sich öffneten, als er nähertrat. Der Beamte an der Rezeption schlug ihm vor, drinnen zu warten. Er deutete nach draußen, wo es nur so pisste. Er sagte ihm, er solle ihm den Buckel runterrutschen, nachdem Farrell ihm erklärt hatte, lieber würde er nass.
Draußen stellte sich Farrell unter den Dachvorsprung und schaute hinaus auf die Straße.
Es war kaum mehr als ein Tag vergangen, aber er hatte das Gefühl, es wären zehn Jahre gewesen, in denen sein Leben auf den Kopf gestellt worden war. Dabei war ihm klar, dass es noch gar nicht richtig angefangen hatte.
Seine Gedanken und sein Herz rasten, aber er musste ruhig bleiben. Zurück durch diese Tür schlendern, das wär’s. Trotz der Nummer, die er bei der Dumpfbacke von Wärter abgezogen hatte, wollte er nichts mehr, als nach Hause kommen und seine Mum und seinen Dad sehen. Wieder dort sein, wo es warm und sicher war und wo man, was immer passierte, immer nur auf einer Seite sein würde.
Er schaute hinaus in den Regen. Er spürte noch immer den Geschmack, als er und die anderen vor sechs Monaten zu dieser Bushaltestelle gegangen waren. Es war womöglich etwas kälter gewesen als jetzt, aber ansonsten genauso eine Nacht …
Ein dunkler Chevrolet Cavalier fuhr vor, und ein stämmiger Pakistani stieg aus, während der Motor weiterlief.
»Minicab?«, rief Farrell.
Der Mann wandte sich zum Auto.
Adrian Farrell zog die Kapuze über den Kopf und lief zu ihm.
Zweiundzwanzigstes Kapitel
»Sonntag ist hier immer ganz schön was los«, sagte Neil Warren. »Da ist An- und Abreisetag, und dann geht’s hier rund, wenn die Neuen kommen und die Alten gehen. Außerdem hab ich familiär einiges zu erledigen, und der Kirchenkram muss auch noch gemacht werden. Ich organisiere hier eine kleine Messe im Haus für alle, die Interesse haben …«
»Das ist wirklich kein Problem«, sagte Holland. Auf seinem Schreibtisch lag ein Block bunter Haftnotizzettel. Er setzte einen Haken neben Neil Warrens Namen.
»Ich wollte Ihnen nur erklären, warum ich nicht eher zurückgerufen habe.«
»Ich verstehe.«
»Jetzt fühl ich mich
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