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Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders

Titel: Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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gemächlich rückwärts die Einfahrt hinunterging. Wie die blonden Haare noch lange zu sehen waren, als die Uniform in den anderen Uniformen, dem Exodus von Blau und Grau, längst aufgegangen war.
    Der Junge konnte es sich leisten, selbstbewusst zu sein, weil das Äußere zählte. Und Polizeibeamte wie alle anderen auf ihre eigenen dummen Vorurteile hereinfielen.
     
    Thorne war normalerweise eher ein Griesgram als ein Jammerlappen, doch ab und zu etwas Wehleidigkeit musste drin sein. Und Carol Chamberlain konnte, wenn sie in der richtigen Stimmung war, gut zuhören. Er brummte etwas von seinem Rücken ins Telefon, knurrte, man habe ihn in die Kidnap Unit versetzt, und sein einziger Ermittlungsansatz habe sich rasch als Sackgasse entpuppt.
    Carol Chamberlain befand sich nicht in der richtigen Stimmung. »Geh zum Arzt«, sagte sie.
    »Was? Zum Psychiater?«
    »Zu dem auch. Aber ich rede von deinem Rücken. Hör auf mit dem Gejammer und geh zum Arzt.«
    Nach dem Gespräch mit Jesmond war Thorne zurück ins Becke House gegangen und hatte die letzten beiden Namen durch CRIMINT geschickt. Billy Campbell befand sich laut der Datenbank in einem Drogenrehabilitationszentrum in Schottland. Wayne Barber hatte schließlich doch noch seinen Schraubenzieher eingesetzt und saß nun im Wakefield Prison eine lebenslange Haftstrafe ab, kam also erst nach 25 Jahren für eine Haftverkürzung in Frage. Damit waren nur noch Mullens ursprüngliche zwei Namen übrig, von denen Jesmond behauptet hatte, hier weiterzuermitteln sei reine Zeitverschwendung.
    Thorne hatte das Gefühl, durch zähen Morast zu waten. Er hatte sich ein Sandwich aus der Kantine besorgt und war in die Einsatzzentrale zurückgegangen. Während er seinen Lunch aß, dachte er darüber nach, wen er anrufen könnte, um ihm sein Leid zu klagen.
    DC Carol Chamberlain kannte er seit ein paar Jahren. Sie war mit Mitte fünfzig aus dem Ruhestand für die Area Major Review Unit reaktiviert worden, ein kleines Team aus bereits pensionierten Polizeibeamten, das zusammengestellt worden war, um einen frischen Blick auf kalt gewordene Fälle zu werfen. Sie waren unter der – nicht immer liebevoll gemeinten – Bezeichnung »Graue Zelle« bekannt.
    Chamberlain war alles andere als grau.
    Thorne hatte schon immer gewusst, dass sie bissig werden konnte. Dass sie eine Frau war, die man nur ungern auf dem falschen Fuß erwischte. Aber im letzten Jahr hatte er eine dunkle Seite an ihr erlebt, eine schwarze Wut von ihr ausgehen sehen, die in nichts dem Giftgemisch nachstand, das in ihm selbst brodelte. Und diese Finsternis hatte gedroht, sie beide zu verschlingen. Nachdem sich der beißende Schleier gehoben hatte, war es hell genug für sie beide geworden, um klarzusehen und das Nötige zu tun. Aber sie mussten einen Preis dafür bezahlen. Und ohne diese schrecklichen Minuten grassierenden Wahnsinns – über die sie seither kein Wort mehr verloren hatten – hätten sie niemals den Mann gefunden, der ein junges Mädchen angezündet hatte. Und Thornes Vater wäre vielleicht noch am Leben. Doch davon wusste Chamberlain nichts.
    Sie war eine Freundin, aber wie vor den meisten Menschen, vor denen Tom Thorne Respekt hatte, hatte er auch etwas Angst vor ihr.
    »Vielleicht ruf ich besser später noch einmal an«, sagte Thorne. »Anscheinend bist du zu sehr beschäftigt, deine Katze zu entwurmen oder ein Kreuzworträtsel zu lösen.«
    »Unverschämter Kerl. Bloß weil ich keine Lust habe, mir dein Gejammer anzuhören.«
    »Ich hab angerufen, weil du ab und zu einen guten Rat auf Lager hast.«
    »Genau. Und weil ich Tony Mullen kenne.«
    »Wie bitte?« Thorne legte sein Sandwich weg.
    »Hast du das nicht gewusst?«
    »Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich sofort angerufen. Seit wann kennst du ihn?«
    »Ich habe mit ihm zusammen in der CID in Golders Green gearbeitet. Das muss so vor zwölf oder dreizehn Jahren gewesen sein. Damals war er wohl noch ein DS oder stand vielleicht kurz vor einer Beförderung. Als ich in den Ruhestand ging, hatten sie ihn bis zum Chief Inspector katapultiert, glaub ich.«
    Thorne griff nach einem Blatt und machte sich Notizen. »Und?«
    »Und … ich glaube, er war ganz in Ordnung. Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen, soweit ich das beurteilen kann. Aber das will nichts heißen. Ich hab mich im Lauf der Jahre bei einer Reihe von Leuten geirrt.«
    »Was ist mit den beiden Namen? Cotterill und Quinn?« Thorne hörte klassische Musik im Hintergrund. Chamberlains

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