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Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer

Titel: Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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ganz so viele. Heutzutage erklärten die Anwälte ihren Mandanten, dass ausgesprochene Schweigsamkeit vor Gericht zu ihren Ungunsten ausgelegt werden konnte. Als Hinweis, sie hätten etwas zu verbergen. Das löste den meisten zumindest ein wenig die Zunge, doch Hakan Kemal war alles andere als mitteilsam.
    »Bis morgen haben wir Ihre Fingerabdrücke«, sagte Kitson. »Und wir wissen beide, dass sie mit den Abdrücken auf dem Messer übereinstimmen.«
    »Warten wir’s ab.«
    Kemal war vielleicht zehn Jahre älter als seine Schwester. Ein kleiner Mann mit schütterem Haar und einer Brille. Seine Stimme klang schrill, und wenn man genau hinhörte, war ein leichter türkischer Akzent unverkennbar.
    Kitson sah zu der jungen schwarzen Frau neben Kemal. Gina Bridges, die Pflichtverteidigerin, trug einen wunderschön geschnittenen grauen Hosenanzug und war perfekt geschminkt. Neben ihr fühlte sich Kitson wie ein schlecht gekleideter Sack Scheiße.
    »Sie sollten Ihrem Mandanten erklären, dass er hierbleibt«, sagte Kitson. »Er kann vierundzwanzig Stunden hier hockenbleiben und seine einsilbigen Antworten ausspucken, wenn’s ihm Spaß macht, dann gebe ich um eine Verlängerung ein, und wir fangen von vorne an.«
    Bridges lächelte. Auch ihre Zähne waren perfekt. »Ich fürchte, bis diese Fingerabdrücke zurück sind, haben Sie zu wenig in der Hand, um ihn hierzubehalten. Und ob Ihnen diese Fingerabdrücke was nützen, ist eine andere Frage. Mr Kemal kooperiert absolut, soweit ich das sehe.«
    Kitson wandte sich an Kemal. »Ich glaube nicht, dass das ein durch und durch geplanter Mord war, Hakan. Ich glaube, Sie sind einfach in Panik geraten. Deshalb haben Sie das Messer auch in den Abfalleimer geworfen. Niemand hält Sie für einen Berufsverbrecher, okay? Vielleicht haben Sie sich mit Deniz gestritten, und der Streit geriet außer Kontrolle. Vielleicht sagte er etwas, das Ihnen nicht gefiel. Wahrscheinlich wollten Sie ihn nicht töten.« Sie versuchte Augenkontakt mit ihm aufzunehmen. »War es so?«
    Kemal fixierte einen Punkt links von ihr. Er schüttelte den Kopf.
    »Wenn Sie Deniz Sedat nicht umgebracht haben, warum sind Sie dann abgehauen? Warum haben Sie Ihren Laden zugesperrt und versucht, in Bristol unterzuschlüpfen?«
    »Es gibt keinen Beweis, dass Mr Kemal sich vor jemandem versteckte«, sagte die Anwältin. »Er sagte mir, er habe seinen Cousin besucht.«
    Kitson holte tief Luft und sah zu der in der Ecke montierten Kamera und auf die Digitaluhr, nach der sie seit knappen vierzig Minuten mit dem Kopf gegen eine Wand rannte. »Kannten Sie Deniz Sedat?«
    Kemal wischte sich über den Mund und nickte.
    »Bitte laut für die Aufnahme.«
    »Ja, ich hab ihn gekannt.«
    »Sahen Sie ihn am Samstag, dem sechsten November?«
    Er konzentrierte sich auf die Tischplatte. Sie interpretierte das Brummen als Zustimmung.
    »Sahen Sie Deniz Sedat am Abend des sechsten November am Black Horse in Finsbury Park?«
    »Ja, ich hab ihn gesehen.«
    Kitson versuchte so ruhig wie möglich zu klingen. »Was ist passiert, Hakan?«
    Kemal legte die Hände an den Kopf und drückte zu, als wollte er seinen Schädel brechen. Nach einer halben Minute hob er den Blick und sah Kitson zum ersten Mal in die Augen.
    Sie wiederholte die Frage, so unangenehm ihr Kemals Blick auch war. Sie war schon oft genug angestarrt und abgeschätzt worden und hatte dem Blick der Männer standgehalten, denen die finsteren Gedanken quasi aus den Augen quollen, aber an eine solche … Missbilligung konnte sie sich nicht erinnern.
    Kemal weigerte sich, noch ein Wort zu sagen.
    Nach dem Verhör ließ Kitson noch etwas Dampf bei dem diensthabenden Beamten ab, bevor sie in den kleinen Wartebereich nebenan ging, wo Gina Bridges, ein paar Unterlagen auf den Knien, saß.
    Wenn sie nicht dienstlich mit ihr zu tun hatte, fand Kitson sie eigentlich ganz nett, so nett, dass sie ihr ihr Aussehen verzieh. Sie unterhielten sich ein paar Minuten über Termine und Kinder, und Kitson beklagte sich darüber, wie schrecklich es sei, Leute zu verhören, die nichts sagen wollten.
    Die Anwältin lachte dazu und meinte, auch wenn sie in diesem Fall auf der anderen Seite des Zauns stehe, müsse sie zugeben, dass Hakan ein besonders schwieriger Mandant sei. Sie sagte Kitson, sie habe selbst kaum etwas aus ihm herausgebracht.
     
    »Hi, ich bin’s noch mal. Wollte nur wissen, wie’s dir geht. Ruf uns an, wenn du das hörst.«
    Das war bereits die dritte Nachricht, die Thorne heute auf

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