Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
Schriftzug des Carphone Warehouse hängen, ein grauer Metallschuppen. Und plötzlich kam Thorne der Gedanke, dass der Mörder vielleicht aus einem ganz anderen Grund als vermutet so lange gebraucht hatte, um das Foto zu schicken. Einem weitaus einfacheren und weniger bizarren Grund.
»Fritz, vielleicht …«, fuhr Holland fort.
Konnte es sein, dass der Mörder nach dem Mord Tuckers Wohnung überwacht hatte? Und als er sah, dass der Mord nicht entdeckt wurde, einfach beschloss, der Polizei einen kleinen Schubs zu geben?
»Gestört oder die Disziplin in Person?«
Vielleicht wollte er, dass sich jemand die Mühe machte, das herauszufinden.
Neben ihm sprach Holland gerade davon, dass noch im Job einiges besser laufe als der Wagen hier, aber Thorne war in Gedanken bereits woanders: dass die Toten nie passend aussahen, dass der Tod selbst selten würdevoll war, egal, ob man einem Schlaganfall im Pflegeheim entgegenwackelte oder auf einem Teppich verweste. Aber bei den Unglücklichsten konnte das, was blieb, kaum als »Überreste« bezeichnet werden.
Niemand, der davon sprach, wollte etwas von sich zurücklassen, was ein Fleck auf dem Fußboden war.
Fünftes Kapitel
Im Becke House gab es durchmischte Nachrichten. Auch das Leben war gut im Austeilen.
Von Kitson die übliche Zwei-Schritte-vor-und-drei-Schritte-zurück-Geschichte. Das Blut auf dem Messer aus dem Mülleimer stammte von Deniz Sedat. So viel wusste man jetzt. Außerdem fanden sich eine Reihe Fingerabdrücke auf dem Messergriff. Doch leider hatte man für diese keine Entsprechung gefunden.
Von Karim gab es das erwartete frustrierende technische Update. Nachdem Brigstocke die Ortung der Funkmasten genehmigt hatte, hatte T-Mobile den Antrag bestätigt. Und sich anschließend noch einmal gemeldet, um mitzuteilen, dass man dem Ortungsantrag die höchste Priorität einräumen wollte, sobald das virusverseuchte Computersystem wieder laufe.
Thorne kehrte in sein Büro zurück, doch fünf Minuten später stand Andy Stone in der Tür und quatschte auf ihn ein.
»Hier ist ein DCI von S&O am Apparat.«
»Und?«
»Und er ruft seit Mittag alle fünfzehn Minuten an, um den Chef zu sprechen.«
Thorne hatte Brigstocke nicht mehr gesehen, seit er aus der Leichenhalle zurück war. »Wo ist er?«
»Keine Ahnung. Irgendein Meeting. Egal. Anscheinend reicht es diesem Typen, denn inzwischen möchte er einfach nur einen DI sprechen.«
»Kitson kümmert sich um den Sedat-Fall.«
»Ich glaub nicht, dass es um den Sedat-Fall geht …«
Thornes Neugierde war geweckt, aber er war auch abgekämpft und hatte im Moment genug um die Ohren. Er schüttelte den Kopf. »Der ruft noch mal an.«
»Er wartet darauf, dass ich ihn durchstelle.«
»Sagen Sie ihm, Sie hätten mich nicht finden können.«
»Das wird ihn nicht freuen …«
Wortlos fixierte Thorne Stone, bis dieser brummelnd im Gang verschwand. Hatte er etwa versehentlich so eine Art Scheißemagnet aktiviert? Und schon begann das Telefon auf seinem Schreibtisch zu klingeln. Er starrte es ein paar Sekunden an, bevor er abhob. Und überlegte dabei, ob er sich nicht auf eine Tasse Tee und ein Stück Kuchen in die Kantine verziehen und sich diesen Schwafler Stone später vornehmen sollte …
»Ihr Chef geht mir schon den ganzen Tag aus dem Weg. Sie wollen mich doch nicht auch noch für blöd verkaufen, oder, Tom?«
Sie überspielten die Frage beide mit einem Lachen, mehr oder weniger. Aber aus DCI Keith Bannards Ton ging klar hervor, dass er nicht scherzte. Wahrscheinlich war der Anruf ohnehin nur rhetorisch gemeint und eher eine Drohgebärde denn eine echte Anfrage.
»Ich denke, DCI Brigstocke steckt heute den ganzen Tag in Meetings, Sir«, sagte er. »Haben Sie seine Handynummer?«
»Ich hab ihn dreimal angerufen. Zweimal hat er den Anruf nicht angenommen, und jetzt hat er das Handy ausgeschaltet.«
Brigstocke schien Wind davon bekommen zu haben, dass S&O an dem Sedat-Fall dran war. »Soll ich ihm was ausrichten? Ich nehme an, Sie haben ihm bereits auf den Anrufbeantworter im Büro gesprochen?«
»Erzählen Sie mir von Ihrem toten Gebrauchtwagenhändler«, sagte Bannard.
»Tucker?« Und plötzlich war Thorne hellwach.
»Tucker. Raymond. Anthony.« Der schneidende Unterton in der Stimme strafte den sanften, rollenden Akzent Südwestenglands Lügen. Verschwinde von meinem Land, oder ich reiß dir die Lunge aus dem Leib …
» Was soll ich Ihnen erzählen?«, fragte Thorne.
Der Mann am anderen Ende der Leitung
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