Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
Spur von Schuldgefühl in Louises Zorn - schließlich hatte der Fall ihn gesucht, und es hatte mit Sicherheit Zeiten gegeben, in denen sie ähnlich unter Strom gestanden hatte. Aber das Schuldgefühl verwandelte sich schnell in leise Wut darüber, dass ihr der Geduldsfaden gerissen war und sie sich nun schuldig fühlen sollte.
Sie war schon den ganzen Tag gereizt - seit Thorne erklärt hatte, sie würden zu dritt losziehen. Sie mochte Hendricks irrsinnig gern, denn man musste ihn einfach gernhaben. Aber sie hatte sich auf einen Sonntagnachmittag mit Thorne allein gefreut. Tage, an denen sie beide frei hatten, gab es nicht oft, und die paar Male, die sie diese Tage allein verbracht hatten, konnte sie an einer Hand abzählen. Sie hatte sich darauf gefreut, einfach ein paar Stunden abzuhängen und vielleicht eine Gelegenheit zu finden, ein paar Dinge zu besprechen.
Es gab so vieles, worüber sie nie sprachen …
Sie wandte sich zu Hendricks und schnitt eine Grimasse. »Wichser …«
Hendricks senkte den Kopf und sah hoch zu ihr, mit sanftem Rehblick inklusive Wimpernschlag. Er hatte die Stimme perfekt drauf: bester Akzent und ach, diese Wehmut. Prinzessin Diana mit Piercings. »Die Sache ist die … wir waren zu dritt in dieser Beziehung, und, Sie verstehen … und das war ein wenig eng . Ich, er und die Metropolitan Police …«
Louise lächelte nur ein klein wenig. »Es ist nicht die Arbeit.«
Hendricks zuckte die Schultern, als ginge ihn das nichts an. Sie tranken ihren Kaffee aus. »Also, was machen wir jetzt?«
Louise wollte nach Hause. Sie wollte allein sein und Dampf ablassen. Ihre Jogginghose anziehen und sich in ihrer hübschen, warmen Wohnung austoben, bis sie sich klar war, ob sie in diese Beziehung reinpowern oder einen Schlussstrich ziehen wollte.
»Lou?«
Sie griff nach ihrer Handtasche. »Ich denke, wir sollten weitershoppen. Ein paar Sachen kaufen, die wir nicht brauchen. Und uns dann ein riesiges Leck-mich-am-Arsch-Eis gönnen.«
Die Jagd nach Marcus Brooks war voll im Gange …
Dank Nicklins Info und den dazu passenden Fingerabdrücken von den beiden Tatorten konnte das Team nun loslegen. Der Funkmast, von dem aus das Skinner-Video geschickt worden war, befand sich laut den Informationen in der Nähe von Shepherd’s Bush Green.
»Das ist nur ein paar Kilometer von Acton entfernt, von wo aus die erste Nachricht gesendet wurde«, sagte Samir Karim. »Die Hodson-Nachricht, das wissen wir, wurde direkt vom Krankenhaus aus gesendet, aber vielleicht führen uns die beiden hier näher zur Höhle des Löwen.«
»Vielleicht …«
»Wir brauchen noch ein paar Anrufe, das ist alles.« Karim reichte ihm einen vergrößerten Ausschnitt des Stadtplans, in dem die relevanten Funkmasten rot markiert waren. So wie es aussah, bestand die Gegend, zu der Marcus Brooks eine wie auch immer geartete Beziehung hatte oder nicht hatte, aus zwei Punkten auf einer Karte. Nicht gerade viel für den Anfang.
Unterlagen wanderten über Thornes Schreibtisch, seit er durch die Tür gekommen war: Ausdrucke, Aussagen, Diagramme, Bevollmächtigungen, Memos und Karten. Daraus setzte sich ein Bild davon zusammen, wo Marcus Brooks sich nicht befand und was er in den letzten Monaten getan hatte, bevor er auszog, einige Männer umzubringen. Die letzte bekannte Adresse war das Haus, das er mit Angela Georgiou und ihrem Sohn Robert geteilt hatte, das jetzt leer stand und verrammelt war. Eine Aufstellung der Firma, die die Möbel während der letzten drei Monate aufbewahrte; die Miete, die ein Jahr im Voraus bezahlt war, und zwar in bar. Aussagen von Brooks’ Bewährungshelfer und von den Sozialarbeitern vor Ort, die bestätigten, er habe sich, wie verlangt, jede Woche gemeldet, nach Arbeit gesucht und Miethilfe beantragt. Bis vor drei Monaten, als er plötzlich aus dem System verschwand. Aussagen von seinen Eltern, die inzwischen in Wales lebten und bestätigten, der Telefonkontakt sei etwa um dieselbe Zeit abgebrochen. Anforderungen der üblichen Unterlagen und Recherchen: Kredit- und Kundenkarten, Kraftfahrzeugstelle, Wählerliste, Versicherungen...
»Er macht einen Fehler, garantiert«, sagte Thorne.
Karims Nicken war bestenfalls hoffnungsvoll zu nennen. »Bisher war er ziemlich clever, diese Sache mit dem Handy und so. Vermutlich hat er gelernt, unter dem Radar durchzufliegen.«
Das sah Thorne ähnlich. Solche Sachen lernte ein Krimineller wie Brooks früh, und im Gefängnis bekam man darin den letzten Schliff.
Leute
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