Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
den Süden versetzt worden war. Mit Jon, ihrem Exfreund, verstand sie sich noch gut, hatte ihn aber schon länger nicht mehr gesehen. Thorne reagierte immer kühl, wenn sein Name fiel.
»Ich spreche erst mal mit Tom drüber«, sagte Porter.
»Der hat sicher nichts dagegen. Ist ja nicht so, dass du jemanden aufreißen willst.«
Sie kicherte. »Ich will nur wissen, ob er arbeitet.«
»Mit mir hast du mehr Spaß.«
»Definitiv. Aber es wär vielleicht nicht schlecht, wenn wir beide gemeinsam was machen, falls es geht. Wir wollten uns einen Film anschauen oder so.« Sie griff nach der Time Out und blätterte durch den Kinoteil.
»Jag ihm bloß nicht wieder so einen Schrecken ein«, sagte Hendricks. »Der alte Knabe hat wahrscheinlich ein schwaches Herz.«
»Ich geb mir Mühe.«
»Schließlich müsste ich durchhängen.«
Worauf Porter nichts sagte. Sie hörte, wie Hendricks an seinem Joint zog und genüsslich ausatmete.
»Ruf mich an, wenn du Lust hast«, sagte er. »Okay, Lou …?«
Porter hörte die Haustür ins Schloss fallen, als sie sich verabschiedete. Sie wartete, erkannte ihn an den typischen Geräuschen - dem Seufzen, während er nach seinem Schlüssel suchte.
»Sorry«, entschuldigte er sich, noch bevor er durch die Tür war. Er kam herein und sah, wie sie das Telefon zurück an seinen Platz auf der Kieferkommode trug. »Wieder mit deinem Freund gequatscht?«
»Nein, mit deinem«, antwortete sie.
Grinsend zog er die Jacke aus. Noch bevor sie nahe genug war, um es zu riechen, freute sie sich, dass die paar Bier ihm gutgetan hatten.
Dreiundzwanzigstes Kapitel
Es hätte wohl auch einen direkteren Weg von Deptford zurück zu seiner neuen Wohnung gegeben, aber Marcus Brooks wollte die Themse entlanglaufen. Das würde nicht länger als eine Stunde, eineinhalb Stunden dauern, und obwohl es kalt war, war der Himmel klar. Er lief um die U-förmige Schleife - die aus dem Abspann der East Enders , mit den Docklands gegenüber - und versuchte, sich möglichst nah am Wasser zu halten. Suchte sich im Dunkeln den Weg entlang der öligen Docks und Kais Richtung Wapping. Das Hochhaus an der Canary Wharf ragte vor ihm in den Himmel. Das Leuchtfeuer auf seinem Dach blinkte rechts und dann hinter ihm, als er weiterlief zu der Stelle, wo der Fluss am Rotherhithe Tunnel wieder geradeaus fließt.
Er setzte einen Fuß vor den anderen, wieder und wieder. Sah zu, wie das Wasser neben ihm dahinkroch, und wünschte sich nichts mehr, als sich einfach hinzulegen. Er sehnte sich nach ein paar Stunden Schlaf und wusste dabei genau, es wäre Zeitverschwendung zu versuchen zu schlafen.
Stattdessen sah er hinunter, wo seine Schuhe die Straße fraßen. Die Hände in den Taschen, summte er im Rhythmus seiner Schritte ein Lied. Und sah Angies Gesicht vor sich, und Robbies Gesicht, wie sie in der letzten Minute ausgesehen haben mussten, bevor das Auto sie überfuhr. Dann sah er die anderen Gesichter vor sich, als sie den Hammer sahen. Die Plastiktüte.
Tucker. Hodson. Cowans.
Er sah ihre Gesichter ganz klar vor sich: den starren, offenen Mund, die weit aufgerissenen Augen. Doch nicht alle hatte er vom Sehen gekannt, zumindest nicht davor.
Natürlich hatte er Skinner gekannt, der sich, als sie sich das letzte Mal trafen, Jennings nannte. Er war nur etwas älter und tot, als Marcus ihn aus der Nähe sah. Von einem anderen ermordet, bevor er die Gelegenheit dazu hatte.
Und ein paar von den Bikern hatte er bei seinem Prozess gesehen. Sie hatten von der Galerie auf ihn eingeschimpft, bis der Richter sie des Saals verwies. Sie sahen nicht viel anders aus, als er aus dem Gefängnis kam und sie aufspürte.
Ray Tucker war vor sechs Jahren definitiv im Gericht gewesen, und auch Ricky Hodson. Obwohl er damals nicht wusste, wie sie hießen. Was Martin Cowans anging, war er sich nicht sicher - sie hatten alle lange Haare gehabt und Lederjacken getragen und die ganze Scheiße -, aber das war so oder so egal. Er war einer aus der Gang - der Anführer, wie er herausgefunden hatte -, als Angie umgebracht wurde, und das allein zählte.
Damals in Long Lartin, als er und Nicklin alles durchsprachen, war er zu dem Schluss gekommen, dass sie alle gleich behandelt werden mussten, dass sie gleich verantwortlich waren. Alles andere wäre albern gewesen. Dass derjenige, der das Auto gefahren hatte, sterben müsste oder leiden müsste, bevor er starb, während andere nur zum Krüppel gemacht würden oder was immer.
Es war sauberer, sie alle
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