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Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes

Titel: Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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sagen. Thorne erreichte schnell den Punkt, an dem er den Unterschied zwischen Merlot und Methadon nicht mehr erkannt hätte.
    Bei den ersten Bechern sprachen sie noch über den Fall, aber es war eher Small Talk. Alles Nötige hatten sie bereits unten gesagt, und beide waren schon lange genug dabei, um zu wissen, dass Spekulation nichts brachte, vor allem, wenn es das Einzige war, was einem blieb.
    »Ich rufe Sie an, sobald ich mit Sandra Phipps gesprochen habe«, sagte Chamberlain. »Wenn sie tatsächlich Garveys Mutter ist, werden Sie sicher selbst mit ihr reden wollen.«
    Thorne nickte, wieder dieser Gedanke, den er nicht zu fassen bekam.
    »Und wenn sie es nicht ist, soll ich dann noch mal mit Malcolm Reece reden, um herauszufinden, ob ihm noch jemand einfällt?«
    »Wäre nicht schlecht«, sagte Thorne.
    »Ehrlich gesagt hatte ich das Gefühl, er steht auf mich.«
    »Warum nicht?« Thorne breitete die Arme aus. »Attraktive, reife Lady, hat noch beide Hüftgelenke. Sie haben doch noch beide Hüftgelenke?«

    »Und die beiden Fäuste auch noch. Seien Sie also auf der Hut, denn ich nehme an, Sie haben mehr getrunken als ich, das heißt, Ihre Reflexe sind im Eimer.«
    »Nicht mal stocknüchtern würde ich mir Chancen ausrechnen«, sagte Thorne.
    »Wenn Ihnen das mal klar ist.«
    Thorne hatte überlegt, ob es hier wohl Musik gab, ob er sie bitten könne, das Radio einzuschalten, hatte dann aber doch nicht gefragt. Er war zwar benebelt, konnte aber noch klar genug denken, um zu merken, dass das vielleicht nicht … passte. Oder dass es peinlich werden könnte. Die Gesprächspausen wurden länger, zumindest kam es ihm so vor, und nur durch ein Gähnen unterbrochen und einmal durch das Gelächter und die gedämpften Stimmen der Leute, die ins Zimmer nebenan gingen. Zehn Minuten lang, Chamberlain erzählte vom Leben in Worthing, wartete Thorne ängstlich auf Matratzenquietschen von nebenan. Wie würden er und Chamberlain reagieren? Verlegen rumsitzen, lauter reden und so tun, als hörten sie nichts? Oder sich wie ungezogene Kinder kaputtlachen und der Wand zuprosten? Er schenkte sich nach, denn falls es so weit kam, war Alkohol wohl die einzige Rettung.
    Nachdem sie gute zwei Flaschen geleert hatten, sagte Chamberlain: »Ich hab Ihnen gesagt, wie dankbar ich dafür bin?«
    »Ja, was aber nicht nötig war.«
    »Ich hab’s so gemeint, und Sie wissen, dass es nicht wegen des Geldes ist.«
    »Eine Gelegenheit, im Hotel zu schlafen, was auch immer … Ich weiß.«
    »Ich brauchte eine Pause, Tom«, sagte Chamberlain. »Wir wissen beide, dass der Krebs wiederkommt, und mir
ist klar, Jack versucht, das Beste daraus zu machen, aber wir leben nur nebeneinanderher, langweilen uns und reden Schwachsinn wie zwei alberne Teenager.«
    »Aber es ist doch besser, wenn man es … positiv sieht, oder?«
    Sie blieb hart. »Dieses So-tun-als-ob macht mich ehrlich gesagt ganz verrückt. Er macht mich verrückt.«
    Thorne holte tief Luft. Es fiel ihm zunehmend schwer, nicht zu lallen. »Ich versteh nicht ganz, was Sie …«
    »Ich sag nicht, dass ich ihn verlassen möchte, überhaupt nicht.«
    »Okay, weil ich dachte, Sie denken …«
    »Ich möchte ihm nur ab und zu eine scheuern.«
    Thorne wollte lachen, aber Chamberlain unterbrach ihn.
    »Klingt das furchtbar?«
    Thorne konnte nur die Achseln zucken und alkoholgeschwängerte Luft ausstoßen.
    »Letzte Woche sind wir mit dem Hund spazieren gegangen«, sagte Chamberlain, »und Jack muss natürlich ständig stehen bleiben, weil er außer Atem geriet. Ich muss dann auch stehen bleiben und warten, wissen Sie, ihm zuhören, wie er nach Atem ringt, und dem Hund nachschauen. Ich steh also da und denk mir, ich kann laufen, verstehen Sie? Ich kann noch laufen .« Sie lächelte traurig. »Ich hab auch noch beide Knie …«
    Thorne erwiderte das Lächeln.
    »Gott weiß, warum ich dachte, ich könnte einfach gehen, jetzt, in diesem Augenblick, mich umdrehen und den Strand entlangrennen, bis er mich nicht mehr sieht. Einfach den Strand entlangsausen, nur weil ich es kann. Und ein paar Sekunden lang stand ich neben ihm und musste gegen diesen Drang ankämpfen. Ich lauschte auf den Wind
und den Hund, der in der Ferne bellte, und die Luft, die sich in seiner Lunge wie Sandpapier anhörte. Jetzt denken Sie, dumme, selbstsüchtige Kuh, richtig?«
    »Nein«, sagte Thorne.
    Sie hob den Becher an den Mund und nippte, doch er war bereits leer.
    Thorne spürte die Ader an seiner Schläfe pochen, schließlich

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