Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes

Titel: Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
Vom Netzwerk:
lange überlegen.«
    »Was haben Sie Simon über seinen Vater erzählt?«
    »Dasselbe, was Fran ihm gesagt hatte: dass sein Dad gestorben war, als er noch ganz klein war, vage Geschichten von wegen, er wäre Ingenieur gewesen. Merkwürdigerweise
hat er nie richtig gefragt. Hatte genug damit zu tun, was mit seiner Mum passiert war, nehm ich an, und in der Schule hatte er es auch nicht leicht.« Sie blinzelte bei der Erinnerung. »Später war er wütend auf sie, auf alle. Aber das gibt es manchmal.« Sie schenkte sich den letzten Rest Wein ein. »Wenn man einen Menschen verliert.«
    Chamberlain wartete darauf, dass Sandra Phipps fortfuhr. Sah, wie ihre Brust sich hob und senkte, hörte ihr leises Atmen und das sanfte Blubbern des Aquariums. Sie zuckte leicht zusammen, als ein Handy sich mit einem lauten und lächerlich fröhlichen Sambaklingelton meldete.
    Sandra beugte sich zu dem kleinen Tisch vor und nahm ihr Handy. Sie schaute aufs Display und schaltete es aus. »Mein Mann«, sagte sie. »Wahrscheinlich will er nur quatschen. Ich ruf ihn zurück.«
    »Sie sprachen von …«
    »Hören Sie, ich wollte einfach nur, dass das Kind in möglichst normalen Verhältnissen aufwächst, okay? Das Letzte, was ich mir für ihn wünschte, war, dass er erfährt, wer sein Vater ist oder was er getan hat. Ich wollte nicht, dass er sich wie ein Freak fühlt.«
    Chamberlain bemühte sich, ihre Reaktion nicht zu zeigen. »Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
    »Er zog mit siebzehn Jahren aus«, sagte Sandra. »Das wären dann zehn Jahre.« Sie zögerte. »Ja, vor zehn Jahren. Es kam ziemlich plötzlich, wissen Sie. Er sagte mir nur, er möchte allein wohnen. Ich denke, er wollte einfach auf eigenen Füßen stehen. Verständlich.« Sie nickte Richtung Tür. » Sie wird auch bald weg sein.«
    »Haben Sie was von ihm gehört?«
    »Ein-, zweimal. Er gab nur Bescheid, dass alles in Ordnung ist. War es aber nicht, oder? Die Polizei erzählte mir,
er hätte wie ein Penner gelebt, bevor er starb.« Sie trank einen Schluck und schloss die Augen, als der Wein ihre Kehle hinunterrann. »Ich fühle mich schuldig, seit ich davon erfuhr.«
    »Warum jetzt?«, fragte Chamberlain. »Sie haben fünfzehn Jahre lang alles für sich behalten.«
    Sandra zuckte die Achseln. »Die Wahrheit ist jetzt nicht mehr wirklich wichtig, da Simon tot ist.«
    Chamberlain wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, und schüttelte nur den Kopf. »Wahrscheinlich nicht.«
    Chamberlain war durchaus klar, dass Simon Walsh nicht tot war, aber wie sollte sie das der Frau vor ihr sagen? Ich weiß, Ihr Neffe ist nicht der Mann mit dem zerschmetterten Schädel und dem zerquetschten Gesicht, den man aus dem Kanal zog. Ich weiß es, denn Simon ist der Mann, der ihn umgebracht hat. Der noch viel mehr Menschen umgebracht hat …
    Das hätte einen Spitzenplatz auf der Gute-Nachricht/ Schlechte-Nachricht-Hitliste verdient.
    Sandra räusperte sich und beugte sich vor. Man hörte ihr an, dass sie getrunken hatte. Ihre Stimme war heller, lauter. »Sie sagten, Sie wollten mit mir über Ray Garvey sprechen«, sagte sie. »Als Sie kamen. Sie haben mir noch nicht gesagt, warum.«
    »Habe ich das nicht?« Chamberlain stand auf. Dieses Gespräch musste ein anderer führen, jemand mit gültigem Polizeiausweis. Jetzt musste sie nur schnell fort aus Sandra Phipps’ Haus.
    Sie musste Tom Thorne anrufen.
     
    Detective Sergeant Rob Gibbons sah pflichtbewusst von seinem Buch auf und warf, wie jedes Mal, wenn er umblätterte,
einen Blick auf die drei Überwachungsmonitore auf dem Schreibtisch, bevor er wieder zufrieden weiterlas.
    Sich in der Geschichte verlor und jede Sekunde genoss.
    Die Arbeit, die er machte, die blöden, beschissenen Typen, mit denen er es tagein, tagaus zu tun hatte, was sollte er da lesen außer Fantasy? Loser wie Thorne konnten dumm daherquatschen, wie sie wollten - von wegen Drachen und Hobbits -, aber so wie Gibbons es sah, ergaben die fremden Welten in Fantasy-Romanen, zumindest in den besten, wesentlich mehr Sinn als die beschissene Welt, in der er lebte. Auch in den Gefängnisbibliotheken waren das die beliebtesten Bücher, auf alle Fälle wurden sie am häufigsten geklaut, und man musste kein Genie sein, um zu wissen, warum. Fantasy, und natürlich die ganzen True-Crime-Sachen.
    Außerdem war Lesen eine wesentlich sicherere Beschäftigung als Spielen, so viel war Gibbons klar, und ihm war auch klar, dass Brian Spibey ein Problem damit hatte. Sich stundenlang

Weitere Kostenlose Bücher