Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
mich wirklich nicht.«
»Ich bin sicher, sie würde sich darüber freuen«, entgegnete Thorne, ohne sich die Mühe zu machen, die Augen zu öffnen.
Fraser sah zu ihm hinüber. »Kommen Sie schon, es kann doch nicht sein, dass Sie so wenig Interesse haben. Ich sehe keinen Ehering, also nehme ich an, dieser Alptraum ist Ihnen erspart geblieben.«
»Sie sollten Detektiv werden.«
»Freundin? Freund? «
»Eines von beiden«, erwiderte Thorne.
Nach etwa fünfzehn Minuten ging ein Kellner mit einem Glas Wein und einem Salat zu der Sonnenliege. Candela setzte sich auf und verdeckte mit einem Arm ihre Brüste, als er das Tablett auf einem niedrigen Tisch abstellte. Sie holte Geld aus ihrer Handtasche, und er nickte lächelnd, sichtlich erfreut, dass sie ihm sagte, er dürfe das Wechselgeld behalten.
»Anscheinend sind Sie ziemlich scharf auf unseren Freund David Mackenzie«, sagte Fraser.
Thorne sah ihn an.
»Das wundert mich nicht.«
»Nein?«
»Wenn auf mich jemand ballern würde, wäre ich auch nicht gerade begeistert.«
» Ballern? «
»Ich will damit nur sagen …«
»Eine junge Frau ist dabei ums Leben gekommen«, sagte Thorne.
»Ja.« Fraser nickte und machte das, was er offensichtlich für eine angemessene Pause hielt. »Dann kannten Sie sie also ein bisschen besser?«
Thorne dachte an die Röte in Sylvia Carpenters Gesicht, als sie von seiner kaputten Schulter gesprochen hatte, und an das Zittern ihrer Hand, als sie diese zu seiner Brust ausgestreckt hatte.
»Ja, ich kannte sie besser.«
Thorne wendete sich ab und beobachtete, wie Candela in ihrem Essen herumstocherte, den Rest auf das Tablett stellte und dann dem Kellner winkte, der ihr kurz darauf ein zweites Glas Wein brachte. Nach weiteren zehn Minuten stand sie auf und zog ihr Bikini-Oberteil wieder an, dann ging sie vorsichtig über den heißen Sand und bis zur Taille ins Meer. Sie stand dem Strand zugewandt da, blickte fast direkt in Thornes Richtung und breitete die Arme weit aus. Jedes Mal, wenn eine der großen Wellen gegen ihren Rücken rollte, hüpfte sie hoch und stieß einen begeisterten Schrei aus.
Sie wirkte, als habe sie keine einzige Sorge auf der Welt.
Thorne dachte: Das wird sich bald ändern.
Dreiunddreißigstes Kapitel
Da die Straße nach Mijas Pueblo noch immer gesperrt war, setzte Fraser Thorne kurz nach halb sechs am Parkplatz ab. Er selbst wohnte wie die meisten Mitarbeiter der SOCA in einem Wohnblock in Málaga, wobei er Thorne sagte, er werde sich irgendwann etwas weitaus Besseres suchen, wenn alles so lief, wie er es sich vorstellte.
»Wenn ich hier einen festen Job ergattern kann, können meine Frau und meine Kinder auf Dauer herkommen. Man bekommt ein hübsches Haus, Privatunterricht für die Kinder, eine spitzenmäßige Krankenversicherung – das volle Programm. Dagegen kann die Metropolitan Police nicht anstinken, das sage ich Ihnen.«
Er versprach Thorne, ihn am nächsten Morgen um neun Uhr abzuholen.
»Ich möchte mir einen Leihwagen nehmen«, sagte Thorne.
»Nicht nötig, mein Freund. Ich kutschiere Sie gerne durch die Gegend.«
»Ich würde lieber selbst auf mich aufpassen.«
Fraser schien sich unbehaglich zu fühlen.
»Wo liegt das Problem?«
»Na ja, eigentlich soll ich …«
»Mich im Auge behalten?«
»Das ist ein gemeinsamer Einsatz, das ist alles. Ich meine, genau genommen ist die Metropolitan Police hier nicht zuständig.«
»Was soll ich denn in meiner Freizeit machen? Wenn ich mir die tollen Orte ansehen möchte, von denen Sie mir dauernd erzählen, kann ich doch nicht erwarten, dass Sie mich rumchauffieren.«
»Okay, ich werde sehen, was ich organisieren kann.«
»Ich kann mich selber darum kümmern, Peter«, sagte Thorne. »Ich bin ein großer Junge.«
Fraser tastete unbewusst nach seinem Handy, das er am Gürtel trug. Bevor er wegfuhr, sagte er Thorne, dass es eine gute Idee wäre, wenn er am nächsten Tag etwas Schickes anziehen würde. Wenn er sich kleiden würde, als hätte er Geld.
Thorne ging hinauf in den neueren Teil der Stadt und sah sofort, weshalb der Verkehr umgeleitet wurde. Ein Volksfest war in vollem Gange. Entlang der Hauptstraße waren Verkaufsbuden aufgebaut, und im Park stand ein riesiges Karussell. Auf den ersten Blick wirkte alles genauso wie die Jahrmärkte, die Thorne von zu Hause gewöhnt war. Dieselbe kitschige Ansammlung von alten Fahrgeschäften und windigen Verkaufsbuden wie die, zu der er als Jugendlicher im Finsbury Park gegangen war. Wo seine Freunde
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