Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
Beleuchtung oder die Komposition?«
»Ich weiß, was Sie meinen, aber man muss doch ein bisschen stolz auf das sein, was man macht, oder?«
Thorne stimmte ihm zu und wunderte sich wie immer über die Gegensätze an dem Mann vor ihm: die Türsteher-Statur und die Helium-Stimme; die aufrichtige Leidenschaft für sein Handwerk und die scheinbare Rücksichtslosigkeit gegenüber denjenigen, die sich für seine Fotos auszogen. Bethells eigene sexuelle Orientierung hatte Thorne nie ergründen können, er vermutete jedoch, dass ihn weder das eine noch das andere wirklich interessierte.
Mann, Frau, Fisch, was auch immer. Keines der heraufbeschworenen Bilder war besonders angenehm.
Rechts von Bethell betrachtete die einzige Frau im Laden die Rückseite einer in Plastikfolie eingeschweißten Zeitschrift. Bethell bemerkte Thornes Blick, beugte sich nah zu ihm und senkte die Stimme. »Sie würden sich wundern, Mr Thorne, wie viele Frauen heutzutage auf solches Zeug stehen.«
Thorne deutete auf die Zeitschrift, die Bethell noch immer in der Hand hielt. »Aber doch bestimmt nicht auf solches Zeug, oder?«
»Nein, da haben Sie recht, das ist ein speziellerer Markt. Material, das ein bisschen mehr auf Frauen zugeschnitten ist, das ein wenig einfühlsamer ist und so. Ob Sie es glauben oder nicht, die wollen eine Geschichte , wenn Sie wissen, was ich meine. Wenn in einem Film der knackige Klempner vorbeikommt, unterhält er sich in der Regel erst eine Weile mit der notgeilen Hausfrau, bevor er es ihr besorgt. Womöglich kuscheln die beiden hinterher sogar.«
»Das ist ja ekelhaft!«, sagte Thorne. »Erklärt er sich dann vielleicht auch bereit, auf der feuchten Stelle zu schlafen?«
Bethell lachte, schrill und unheimlich. Die Frau blickte sich ein wenig beunruhigt um. Thorne lächelte, und sie drehte sich schnell wieder weg.
»Also, lassen Sie mal sehen«, sagte Thorne.
Bethell griff in seine Umhängetasche und holte einen großen braunen Umschlag hervor. »Also, es handelt sich fast sicher um Spanien.«
»Ist das Ihr Ernst?« Thorne musste sich bemühen, nicht zu laut zu sprechen. »Zu diesem Ergebnis sind wir selbst auch mehr oder weniger gelangt.«
»Langsam, Mr Thorne. Vielleicht kann ich Ihnen auch sagen, wo in Spanien.« Bethell zog vier große Farbfotos aus dem Umschlag und reichte sie ihm. »Es ist mir gelungen, den Ausschnitt mit dem Boot zu isolieren und zu vergrößern. Erinnern Sie sich noch an das Boot im Hintergrund?«
Thorne betrachtete die Fotos. »Ich erinnere mich. Fahren Sie fort …«
Bethell deutete auf einen der Abzüge. »Das ist die spanische Flagge. Das Gesetz schreibt vor, dass jedes in Spanien registrierte Boot eine hissen muss. Nun, vielleicht haben wir Pech. Ich meine, es wäre möglich, dass irgendein Spanier zwischen den griechischen Inseln herumgeschippert ist, aber das bezweifle ich. Also, wie gesagt, Spanien ist ziemlich wahrscheinlich.«
»Sie meinten, Sie könnten Genaueres sagen.«
»Tja, ich denke, das können Sie anhand der Registrierung rausfinden.« Er deutete auf einen verwischten schwarzen Fleck auf dem Rumpf des Bootes, dann nahm er einen anderen Abzug zur Hand, auf dem dieser Ausschnitt vergrößert abgebildet war. Jetzt ließ sich eine Reihe von Buchstaben und Zahlen erkennen, verschwommen, aber lesbar. »Man sieht zwar keinen Namen, aber ich nehme an, das müsste Ihnen genügen. Ein Kumpel von mir hatte mal ein Boot auf Lanzarote, und die Spanier sind absolut top, was das Speichern von solchen Daten anbelangt.«
Aus dem Augenwinkel sah Thorne, wie der schäbige Buchhalter sie anstarrte und offensichtlich scharf darauf war herauszufinden, was auf den Fotos zu sehen war.
»Das liegt daran, dass sie halsabschneiderische Gebühren kassieren«, sagte Bethell. »Anlegegebühren, Hafengebühren und so weiter. Sie sollten also in der Lage sein, den Besitzer dieses Boots ausfindig zu machen, und mit ein bisschen Glück kann er Ihnen sagen, wo er an diesem Tag war.« Um seine Hilfsbereitschaft unter Beweis zu stellen, holte Bethell einen letzten Abzug hervor, bei dem es sich um eine Vergrößerung des Datums handelte, das auf dem Originalfoto eingeblendet gewesen war. »Sehen Sie?«
»Sie verschwenden Ihr Talent mit Pornografie, Kodak.«
»Nett von Ihnen, das zu sagen, aber ich glaube nicht, dass ich das Zeug zum Bullen habe.«
»Nein, wahrscheinlich nicht.«
»Einige von meinen besten Kunden sind allerdings bei der Polizei.«
Thorne steckte die Abzüge wieder in den Umschlag.
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