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Top Secret. Der Clan: Die neue Generation 1 (German Edition)

Top Secret. Der Clan: Die neue Generation 1 (German Edition)

Titel: Top Secret. Der Clan: Die neue Generation 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Muchamore
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erkannte, dass sie nach Hause fuhren, und beruhigte sich so weit, dass sie eine vernünftige Frage stellen konnte.
    »Du hast gesagt, dass Dad Ärger hat. Warum gehen wir dann nicht zur Polizei?«
    »Weil die es sind, die ihn gerade eingebuchtet haben.«
    »Aber Dad ist doch kein Gangster«, verwahrte sich Ning. »Das werden die auch merken. Wir sollten zur Polizei gehen, wo sie ihn festhalten, und darum bitten, mit jemandem reden zu können.«
    Ingrid fuhr sich nervös mit den Fingern durch die Haare, um sie aus dem Gesicht zu schieben.
    »Liebling, das ist kompliziert. Dein Vater ist Geschäftsmann. Und gelegentlich muss man in der Geschäftswelt die Regeln ein wenig verbiegen, um es zu etwas zu bringen.«
    »Bestechung«, erkannte Ning.
    »Genau.«
    Das mit der Bestechung verstand Ning gut. Sie war in einem Bauerndorf geboren, was bedeutete, dass sie nur auf die Landschule gehen durfte. Damit sie eine bessere Schule in der Stadt besuchen konnte, hatte ihr Stiefvater einem Beamten der Bildungsbehörde einen dicken Umschlag mit Hundert-Yuan-Scheinen überreicht.
    »Ich weiß nicht, worum es im Einzelnen geht«, fuhr Ingrid fort, während sie die Spur wechselte, um an einem Lastwagen mit Stahlträgern vorbeizufahren. »Ich glaube, es gab einen Erlass aus Peking. Verschärftes Vorgehen. Korrupte Beamte und Geschäftsleute werden verhaftet und dabei hat man auch deinen Vater mit erwischt.«
    Ning bekam Angst. Sie hatte die Anti-Korruptions-Slogans gesehen, die überall in Dandong aufgetaucht waren und denen, die man erwischte, mit drei Jahren Arbeitslager drohten.
    »Dein Dad ist ein guter Mensch«, sagte Ingrid in dem Versuch, sie zu beruhigen. »Wichtige Leute schulden ihm einen Gefallen. Selbst wenn man ihn für schuldig befindet, kommt er wahrscheinlich mit einer Geldstrafe davon.«
    »Genau«, bekräftigte Ning, doch sobald sie weiter nachdachte und sich Fragen stellte, verflog ihre Ruhe.
    Wo war Wei, Ingrids Fahrer? Warum hatte sie die Sekretärin ihres Dads telefonisch nicht erreicht? Und wenn dies alles bald vorbei sein würde, warum raste Ingrid dann panisch den Highway entlang?
    »Wovor läufst du davon?«, fragte sie ihre Stiefmutter. »Du hast doch mit Dads Geschäften nichts zu tun, oder?«
    »Nicht in den Alltagsdingen, aber rechtlich gesehen schon.«
    Da Ingrid selten nach elf Uhr vormittags noch nüchtern war, konnte Ning sich dies kaum vorstellen.
    »Du gehst doch nie zu Dad ins Büro oder so.«
    »Ich bin Britin«, erklärte Ingrid. »Ihr Chinesen werdet überall behindert, von Steuern, Beschränkungen für Investitionen und Devisen. Also hat dein Dad in meinem Namen ausländische Firmen gegründet, um diese Beschränkungen zu umgehen. Und das geht auch alles gut, bis es irgendwann richtig knallt.«
    Das klang plausibel. Ning hatte gesehen, wie ihr Stiefvater mit Papieren nach Hause kam, die Ingrid unterschreiben sollte.
    »Aber sollten wir nicht für Dad da sein?«, fragte sie. »Warum laufen wir davon?«
    Ingrid antwortete nicht, weil sie zu einer Ausfahrt kamen und sie mit den Verkehrsschildern nicht klarkam.
    »Ist das die Ausfahrt, wenn man über die Dörfer fahren will?«
    Ning nickte. »Du musst die Siebzehn nehmen, das ist die nächste, dann kommen wir direkt zum Haus.«
    Doch Ingrid schnitt einen Buick Excelle und fuhr die Ausfahrt hinunter.
    »Jetzt musst du aber durch alle Dörfer fahren«, sagte Ning. »Das dauert ewig!«
    »Aber ich kenne die Strecke besser«, behauptete Ingrid.
    Das war eine glatte Lüge. Die Strecke von Ausfahrt siebzehn führte in gerader Linie drei Kilometer weit, bis man ein einziges Mal rechts abbiegen musste, während man sich durch die Dörfer über Schotterstraßen bewegte und Gefahr lief, hinter einem Traktor stecken zu bleiben oder hinter einem Bauern mit Hühnerkäfigen auf seinem Moped.
    Der Wagen fuhr sich weniger bequem, nachdem sie die moderne Autobahn verlassen hatten und über den löchrigen Asphalt fuhren, der kaum breit genug für zwei Autos war. Sie passierten die äußersten Vorstädte von Dandong, und nachdem sie einen grauen Fabrikkomplex hinter sich gelassen hatten, in dessen Umgebung es nach verbranntem Plastik roch, erreichten sie das offene Land, wo das Getreide unter der Nachmittagssonne wogte.
    »Weiß Dad, dass wir weglaufen?«, erkundigte sich Ning.
    »Es war seine Idee«, antwortete Ingrid. »Er meint, es sei besser, wenn wir das Land verlassen, bis sich die Wogen geglättet haben.«
    »Wann hast du mit ihm gesprochen?«
    »Er hat von

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