Topchter der Köingin Tess 1
meinen Haarknoten, ob alles auch war, wie es sein sollte, und meine Angst vor Jeck brach mit aller Macht wieder über mich herein. Der Wind in den Blättern klang auf einmal bedrohlich, und das kleinste Zucken der Pferdeohren entging mir nicht. In den neugierigen Blicken der wenigen Dorfbewohner meinte ich Feindseligkeit oder Verschlagenheit zu erkennen. Die Leute waren schmutzig, und ich hatte hier noch niemanden mit Schuhen gesehen. Der ganze Ort stank nach Fisch. Etwas so Ärmliches wie Brenton war mir noch nie begegnet. Ich zog mir den Umhang enger um die Schultern und fragte mich, was mir sonst noch entgangen sein mochte hinter meinen hohen Palastmauern.
Stolpernd bewegte ich mich über den rutschigen, steinigen Strand zu Duncan. »Geht es Tuck gut?«, fragte ich, doch er antwortete nicht. Allerdings färbte sich sein Nacken rot, während er weiterhin sein Pferd tätschelte und ihm gut zuredete. Schoh, dachte ich. Er war schlimmer als Heather, wenn er meinte, mich bestrafen zu können, indem er mich ignorierte.
Ich runzelte die Stirn über sein kindisches Benehmen und führte Ruß und Jecks Pferd in das Flüsschen, das mitten durch Brenton lief. Ich raffte die Röcke, so hoch es ging, damit sie nicht nass wurden, und schöpfte mit der Schüssel aus meinem Bündel Wasser über die Pferde, um das Salz aus ihrem Fell zu spülen. Mit den Überresten meiner Strümpfe rieb ich Jecks Pferd den Rücken trocken, ehe ich ihm mein Reitkissen und das Bündel aufschnallte.
Duncan behielt sein eisiges Schweigen bei. Er stapfte in das Flüsschen, setzte sich, so dass ihm das Wasser bis zu den Achseln reichte, und ließ sich das Salz wegspülen. Dann tauchte er den Kopf unter, kam wieder zum Vorschein und strich sich das Haar zurück. Immer noch tropfnass, wusch er Tuck ab und führte ihn das steile Ufer zur Straße hinauf. Ich folgte ihm, und wir gingen schweigend in den Ort hinein. Es gab hier keinen Pier, aber vermutlich eine Taverne, in der ich mich nach Kavenlow erkundigen konnte.
Ich blickte nicht zur Strandläufer zurück. Verwirrung und Frustration drückten schwer auf meine Brust. Kapitän Borletts Brief schenkte mir die Freiheit. Es gab keinen vernünftigen Grund dafür, dass ich meinen Posten als Prinzessinnenersatz nicht einfach aufgab. Aber zu fliehen bedeutete, Garrett am Leben zu lassen. Und ich wollte ihn tot sehen.
»Sieh sie dir an«, sagte Duncan verärgert zu Tuck, während wir uns wieder im Lärm und Gestank vieler Menschen zurechtfanden. »Habe ich dir schon erzählt, dass sie mich vierzehn Eimer Wasser über das Deck dieses Schiffes hat schleppen lassen, verbrannt noch mal? Madam Prinzessin möchte sich das Haar waschen, verbrannt. Madam Prinzessin möchte sich die Kleider waschen. Das ist unfair, verbrannt unfair. Und was noch schlimmer ist, sie hat mich nicht einmal zuschauen lassen, wie sie das Bad gewonnen hat. Sie betrügt, Tuck, ja, sie spielt falsch. Sonst hätte sie mich ja zusehen lassen.«
»Ich habe nicht betrogen«, sagte ich gereizt. Ich glaubte immer noch, dass er sich in Wahrheit über den Kuss aufregte, nicht über das Kartenspiel.
»Hörst du dieses Vögelchen singen, Tuck?«, höhnte Duncan. »Hast du schon jemals im Leben ein so nervtötendes Gezwitscher gehört?«
Ich runzelte die Stirn. Duncans Füße machten ein patschendes Geräusch in seinen nassen Stiefeln, genau im Rhythmus meiner Schritte.
»Niemand gewinnt so oft beim Kartenspiel, außer er betrügt«, fuhr er an sein Pferd gewandt fort, obwohl sich die Worte an mich richteten. »Sie mogelt, Tuck, so sicher, wie du ein Wallach bist, du armer Kerl. Aber ich komme nicht dahinter, wie sie es macht.« Er schwieg drei Herzschläge lang. »Wenn sie es mir sagt, würde ich vielleicht wieder mit ihr sprechen.«
»Duncan …« Ich ließ die Schultern hängen. »Ich betrüge nicht. Ich habe mein Leben lang mit jemandem gespielt, der das tut. Ich musste lernen, Menschen beim Spiel zu lesen, um hin und wieder gewinnen zu können. Der Kapitän war ein guter Spieler, aber achtlos. Er hat sich über den Bart gestrichen, wenn er darüber nachdenken musste, welche Karte er ablegen sollte. Er hat sich vorgebeugt, wenn er glaubte, mein Blatt wäre besser als seines, und er hat immer einen Schluck getrunken, wenn er eine höhere Karte als ein Schwert gezogen hat. Wenn du deine Mitspieler genauso lange und gründlich beobachten würdest wie die Karten, bräuchtest du gar nicht falschzuspielen.«
»Hör sie dir an«, sagte Duncan zu Tuck
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