Topchter der Köingin Tess 1
fühlte sich gut an, nicht zu frieren. Es fühlte sich gut an, eine Aufgabe zu haben. Ich war eine Spielerin, und weder die Prinzessin noch sonst jemand konnte mir das wegnehmen. Dies, dachte ich, ist die Bestimmung, nach der ich mich ausrichte, da ich jetzt keine Prinzessin mehr bin.
Trockenes Laub raschelte leise, und ich öffnete ein Auge. Es war eine kleine, silbrige Maus, kaum groß genug, um das Nest ihrer Mutter zu verlassen. Sie krabbelte langsam vorwärts und schob sich zwischen und unter den Zweigen und Blättern hindurch, auf der Suche nach Futter. Ein Lächeln hob meine Mundwinkel.
Ich sammelte mich und versuchte, das Bild von einem ganzen Haufen Samenkörner in die Gedanken des niedlichen kleinen Tiers zu schicken. Die Maus suchte weiter, offenbar ungerührt von meinem Versuch, sie zu beeinflussen. Dann verschwamm sie vor meinen Augen, und mir wurde schwindlig, weil ich versuchte, meine Fähigkeiten über das Maß meiner Giftschwelle hinaus auszudehnen. Ich ignorierte den Schwindel und versuchte mit zusammengekniffenen Augen noch einmal, eine Verbindung zwischen meinen Gedanken und denen der Maus herzustellen.
Mein Magen verkrampfte sich so plötzlich und heftig vor Mangel und Leere, dass ich mich beinahe krümmte. Ich legte die Hand auf meinen Bauch und hielt den Atem an, als ich erkannte, dass das nicht mein Hunger war, sondern der der Maus! Ich erschauerte vor Aufregung, während das unheimliche Gefühl von Empfindungen, die nicht die meinen waren, durch meinen Körper rieselte. Es war faszinierend und alles andere als angenehm.
Langsam schälte ich die Gefühle heraus, die meine eigenen waren, und konzentrierte mich darauf. Der qualvolle Schmerz in meinem Magen ließ nach, so dass ich die Maus nun besser erspüren konnte. Es war ein kleines Männchen. Er war hungrig, durchgefroren und verwirrt, weil er auf einmal ganz allein war. Zuversichtlicher als vorher versuchte ich erneut, ihm einen Gedanken einzugeben und seinen starken Hunger mit der Vorstellung zu übertönen, dass hier, wenige Zoll vor mir, ein Haufen Samenkörner lag.
Der Hintergrundlärm der Vögel verstummte, der Duft der Erde wurde kräftiger. Mein Herz pochte, als die Maus sich auf die Hinterbeine stellte und mit zuckenden Tasthaaren witterte. Der Kleine hüpfte einen Schritt vor und hielt inne. Ich zwang meine Erregung, sich zu legen, und stellte mir oben auf dem Haufen noch eine Erdbeere vor. Bei der Erinnerung an den köstlich frischen Geschmack lief mir das Wasser im Mund zusammen.
Der winzige Mäuserich war nicht alt genug, um schon jemals eine Erdbeere gesehen zu haben, doch er eilte voran und flitzte nun ohne jede Vorsicht auf die nicht vorhandenen Samenkörner zu. Er hielt inne, als er die Stelle erreichte, an der ich mir die Nahrung vorgestellt hatte, richtete sich auf und schnupperte mit zuckender Nase. Seine Verwirrung durchfuhr mich und verwischte die Grenze, die ich zwischen unser beider Empfindungen gezogen hatte. Ich bekam Mitleid mit ihm und hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn hereingelegt hatte.
»Eine Maus!«, kreischte die Prinzessin, und das kleine Nagetier duckte sich erschrocken. »Thadd! Schnell!«
Ich setzte mich auf. Thadd stand mit großen Augen und erschrockener Miene neben mir, das lange Hemd hing ihm aus der Hose, und er versuchte, den kleinen Schatten zu finden, auf den die Prinzessin zeigte. Ich sandte der Maus den Gedanken der Zuflucht vor Raubvögeln und garstigen Prinzessinnen unter meiner hohlen Hand. Der Kleine schoss unter meine zur Kuppel geformten Finger, was mich zugleich erschreckte und freute. Ich konnte ihn spüren, warm und zitternd.
»Sie ist in deinen Decken!«, heulte sie und raffte ihren Rock, wobei sie ihre zierlichen Knöchel zeigte. Sollte Gott mich retten, sie sahen so dünn aus, als könnten sie jeden Augenblick brechen. Wie konnte sie auf so etwas herumlaufen, ohne ständig hinzufallen?
»Ich weiß«, sagte ich und sandte beruhigende Gedanken aus, während ich die andere Hand zu Hilfe nahm und ihn vorsichtig vom feuchten Boden aufhob. »Würdest du bitte aufhören, so zu kreischen? Du machst ihm Angst.«
»Aber da ist eine Maus!«, schrie sie und stutzte dann, als sie merkte, dass alle sie anstarrten. Duncan gluckste vor Lachen. Sie errötete, wirbelte herum und stolzierte ins Gebüsch; perfekt hielt sie das Gleichgewicht auf ihren perfekten, zierlichen Fesseln, von grober Wolle umhüllt.
»Prinzessin«, rief Kavenlow. »Nehmt jemanden mit. Wir bleiben von nun an
Weitere Kostenlose Bücher