Topchter der Köingin Tess 1
ruinierte. Was konnte sie schon vom Kochen verstehen? Sie war in einem Nonnenkloster aufgewachsen.
25
Der satte Duft von Eiern lag schwer in der Luft. Ich saß unter dem Wagen und schmollte. Die Prinzessin kann kochen, dachte ich verbittert und würgte den letzten saftigen, köstlichen Bissen Ei herunter. Sie konnte nicht nur kochen, sie konnte sogar gut kochen. Den flachen Stein hatte sie als Pfanne benutzt und Teller aus fest verwobenem Schilfrohr gefertigt, das sie Thadd vom Fluss hatte holen lassen, während die Wurzeln der Rohrkolben, die Duncan ausgegraben hatte, weich kochten. »Wenn wir nicht aufpassen«, brummte ich, »macht sie uns als Nächstes Gabeln aus Zweigen und Blättern.«
Kavenlow gab ein ersticktes Hüsteln von sich, und ich blickte auf. Er versorgte die Pferde, und ich hatte nicht bemerkt, dass er in Hörweite war. Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder der Prinzessin von den schlanken Fesseln zu. Duncan saß dicht neben ihr, und seine braunen Augen strahlten vor Eifer; er unterhielt sie mit ein paar Kartentricks. Während sie gekocht hatte, waren er und Thadd gemeinsam zum Fluss gegangen, und beide waren frisch gewaschen und verdächtig glatt rasiert zurückgekehrt.
Die Prinzessin zollte Duncans Geschick angemessene Bewunderung. Auch Thadd war offenbar beeindruckt. Er hatte sich den ganzen Morgen still um die Prinzessin gekümmert und sie dabei behandelt, als könnte sie zerbrechen. Die beiden Männer waren ihr kaum von der Seite gewichen, seit sie das erste Ei aufgeschlagen hatte, und mir wurde ganz schlecht davon. Kavenlow schien nicht zu bemerken, wie sie um die Prinzessin herumscharwenzelten, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass Jeck uns jeden Augenblick überraschen könnte. Die Sonne war längst aufgegangen, doch niemand zeigte die geringste Besorgnis. Es war, als verbrächten wir einen Nachmittag bei der Beizjagd statt auf der Flucht vor einem tödlichen Feind.
Die Prinzessin lachte, und der angenehme Klang ließ mich das Gesicht verziehen. Ich hielt es nicht mehr aus. Ich stand auf, stapfte aus dem Lager und schlitzte mir den Rock auf, als ich ihn von einer Dornenranke losriss.
»Tess?«, rief Duncan. »Wo willst du hin?«
»Zum Fluss«, erwiderte ich, ohne anzuhalten.
»Paarweise!«, rief Kavenlow. »Wir bleiben immer paarweise zusammen!«
Ich ignorierte ihn und stürmte über den Pfad und in den Wald hinein. Wie ein Büffel pflügte ich durchs Unterholz und hielt am steilen Flussufer abrupt inne, die Arme um mich geschlungen.
Es war still, denn die Vögel hatten endlich mit ihrem morgendlichen Gesang aufgehört. Das Plätschern des Wassers an den Felsen wirkte besänftigend. Die Morgenluft, kalt und frisch, kühlte meinen Zorn. Meine Schultern sanken herab. Ich wünschte mir, ich wäre noch auf der Strandläufer. Zu gern hätte ich Lovreges Hügel im Morgennebel gesehen.
Nun, da ich allein war, wurde ich friedlicher. Ich zog die Stiefel aus, raffte die Röcke und watete in den Fluss. Erschrocken stellte ich fest, wie eiskalt das Wasser war, doch dann fiel mir ein, dass dieser Fluss Schmelzwasser führte. Die Steine waren glitschig und rutschten ohne Vorwarnung unter meinen Zehen weg. Ich blickte in Richtung des Lagers zurück und überlegte, ob ich ein Bad riskieren konnte – da wir ja offenbar nicht so bald aufbrechen würden. Ich hatte das dringende Bedürfnis, mich sauber zu fühlen. Die Prinzessin hatte kein Fleckchen Schmutz an sich. Das war mir unbegreiflich. Sie war diejenige, die in den Dreck geschleudert worden war, und ich starrte vor Schmutz.
Mit gerunzelter Stirn beschloss ich, ein Bad zu nehmen, selbst falls alles schon gepackt und zum Aufbruch bereit sein sollte, wenn ich jetzt mein sauberes Kleid holte. Mit neu aufkeimender Selbstachtung watete ich ans Ufer.
Es raschelte im Unterholz, und ich riss den Kopf hoch. Meine Röcke fielen ins Wasser, als ich nach dem Blasrohr griff. Ich hatte es schon an den Lippen, als sich das Gebüsch teilte und der blonde Kopf der Prinzessin zum Vorschein kam. Sie hielt den Blick auf den Boden gerichtet. Ein Pfeil, dachte ich bitter. Er würde sie nicht töten, aber wenn sie sich in Krämpfen am Boden wand, würde sie sich zumindest schmutzig machen. Ich konnte ja behaupten, es sei ein Versehen gewesen.
Sie hob den Kopf. Angst flackerte in ihren blauen Augen auf. Sie hatte Mutters Augen.
Plötzlich schämte ich mich und steckte das Blasrohr weg. »Entschuldigung. Ich wusste ja nicht, dass du es bist«, log
Weitere Kostenlose Bücher