Topchter der Köingin Tess 1
hübsch alleine.«
Duncan hielt inne. »Aber so kann sie nicht gehen«, sagte er und wies auf mich.
Ich behielt die beiden argwöhnisch im Auge, entspannte mich aber. »In den Wäldern wächst überall Schwarzhecke«, sagte ich, denn ich hatte die Dornenranken an lichteren Stellen im Wald gesehen. »Die färbt alles schwarz. Ich gehe mit schwarzem Haar in die Stadt …« Meine Stimme erstarb, als mir ein Gedanke kam. »Ich könnte mich als Zigeunerin verkleiden. Wir alle. Es kommen ständig Zigeuner in die Hauptstadt, um Pferde zu verkaufen – vor allem zusammenpassende Paare.«
»Du siehst aber nicht aus wie eine Zigeunerin«, protestierte Duncan. »Und ich ebenso wenig.«
»Thadd schon, beinahe«, sagte ich. »Ich brauche nur ein heißes Feuer und drei Stunden Zeit, dann bin ich eine schwarzhaarige, temperamentvolle Schönheit.«
»Temperament hast du schon zu viel«, brummte Duncan, verschränkte die Arme vor der Brust und baute sich störrisch vor mir auf. »Und ich werde mir nicht das Haar färben, um den Zigeuner zu spielen. Wenn du diese Hose nicht anziehst, komme ich nicht mit dir in die Stadt.«
»Es ist mir gleich, ob du mitkommst oder nicht«, log ich und spürte einen Stich der Besorgnis. »Thadd und ich schaffen das auch allein. Du kannst hier beim Wagen bleiben, wo du in Sicherheit bist.«
»Oh, ich komme schon mit«, sagte er barsch. »Aber ich bleibe hinter euch. Sie werden dich erwischen, wenn du nichts weiter tust, als dir die Haare zu färben und einen Akzent vorzutäuschen, hübsche kleine Diebin. Und das will ich sehen.«
Ich kniff die Augen zusammen, doch ehe ich etwas sagen konnte, meldete sich Thadd zu Wort. »Äh, ich lasse Contessas Statue nicht zurück«, erklärte er ernst. »Wir nehmen den Wagen mit.«
Ich schloss die Augen und rieb mir die Schläfen, hinter denen sich Kopfschmerzen zusammenballten. Keiner von den beiden war fähig, sich Anweisungen zu fügen. Ich hätte sie wohl mit ein paar Pfeilen betäuben und wie die Ziegen an einen Baum binden sollen, statt zu versuchen, mir einen Plan einfallen zu lassen, der sämtliche ihrer albernen Forderungen erfüllte.
Ich ignorierte Duncans zunehmend bissige Bemerkungen und verbrachte den restlichen Nachmittag damit, mir das Haar zu färben und Streifen von meinem roten Unterrock hineinzuflechten, mit denen ich auch die Mähne des Zugpferds schmückte. Diese Aufmachung ahmte haargenau die der jüngeren Zigeunerinnen nach, die ich bisher gesehen hatte. Ich band meine beiden Rappen hinten an den Wagen, mit rot gefärbten Stricken als Zeichen dafür, dass sie zum Verkauf standen. So würde ich vermutlich durchkommen, außer, ich traf auf echte Zigeuner.
Thadd war verzweifelt um seine Statue besorgt und bestand darauf, bei ihr hinten auf dem Wagen zu sitzen, statt vorn auf der Bank, wo er hingehörte. Auf der Suche nach meiner neuen Haarfarbe hatte ich Brenndisteln gefunden. Ich rieb seinen Fuß damit ab, und er bekam geschwollene, juckende rote Pusteln. Niemand würde in unserem Wagen herumwühlen, wenn er erst diesen ekelhaft kranken Fuß gesehen hatte, und so hatten wir auch einen guten Vorwand dafür, warum ich auf dem Kutschbock saß.
Mürrisch und missgelaunt beobachtete Duncan unsere Vorbereitungen und prophezeite uns, er werde noch am selben Abend unsere am Palasttor aufgespießten Köpfe besuchen. Es war schon weit nach Mittag, als ich den Wagen aus dem Wald lenkte. Nach dem kühlen Schatten unter den Bäumen fühlte sich die Sonne drückend an. Meine Zehen froren trotzdem. Zigeuner trugen keine Stiefel, und ich hatte meine bei der Statue unter dem Heu versteckt. Je näher wir an die Wachen heranrumpelten, desto nervöser wurde ich. Ich hatte meine Handvoll Pfeile dabei, aber der Sinn des ganzen Unternehmens war, unbemerkt durchs Tor zu gelangen. Die Mauer meiner Stadt ragte grau und kalt vor mir auf. Mein Puls raste. Es wird nicht klappen, dachte ich. Jeden Augenblick würde Jeck aus der Wachstube stürzen, mir die Arme auf den Rücken verdrehen und mich verschleppen.
»Bist du bereit?«, fragte ich Thadd, als wir das Tor fast erreicht hatten. Er antwortete nicht, und als ich mich nach ihm umdrehte, begaffte er wie ein Bauer die hohe Stadtmauer. Meine Schultern sanken herab. Ich war auf mich allein gestellt und würde selbst mit dem Torwächter reden müssen. Wenn der auch nur ein bisschen Verstand hatte, würde er merken, dass mein Akzent falsch war.
»Ho-o«, murmelte ich und brachte das Pferd zum Stehen, als der
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