Topchter der Köingin Tess 1
herumgekullert sein. Die Ernte wird frisch auf die Märkte kommen und entsprechend höhere Preise erzielen.«
»Schiffe und einen Hafen?«, fragte ich meinen Vater und ignorierte Garrett und sein besänftigendes Lächeln.
Meine Frage war Vater sichtlich unangenehm, und er reckte das Kinn hinter dem Bart. Er wusste genauso gut wie ich, welche Bedrohung eine andere Streitmacht auf dem Wasser, so klein sie auch sein mochte, für uns darstellen würde. »Vertrauen, Tess«, sagte er. »Vertrauen ist teuer, vor allem, wenn man die Geschichte – äh – deiner Geburt bedenkt. Die Landstriche, die wir erhalten werden, reichen tief nach Misdev hinein. König Edmund verdient eine angemessene Gegenleistung.«
Mit schmalen Lippen wandte ich mich Garrett zu. »Und was gewinnt Ihr dabei, Prinz Garrett?«
Garrett ließ sich von meinem unverhohlenen Zorn nicht stören. Er sank vor mir auf ein Knie. »Abgesehen von der Befriedigung, eine wunderschöne Dame für mich gewonnen zu haben statt einer alten Hexe mit Warzen und einer hässlichen Nase?«, entgegnete er und nahm meine Hand. »Nichts. Die Schiffe und den Hafen werde ich nur so lange verwalten, bis mein Bruder meinem Vater auf den Thron folgt.«
Wunderschöne Dame?, dachte ich. Ich war eine flachbrüstige Frau mit schmalen Hüften, die so aussah, als sollte sie Feuer schüren und nicht davor herumsitzen. Seine Schmeichelei war misslungen und weckte in mir nichts als Argwohn. Mein Herz begann zu pochen, als ich ganz kurz einen finsteren Ausdruck in seinen Augen bemerkte. Neid. Garrett war nicht damit zufrieden, der Zweitälteste Sohn zu sein. Das war gefährlich. Kein Wunder, dass sein Vater so großzügig auf Land verzichtete. Er wollte Garrett aus seinem Königreich heraus und anderswo sicher untergebracht haben.
Garrett hob meine Hand und ließ die Lippen einen Hauch zu lang auf meinen Fingern ruhen. Mein Blick wanderte zu seinen Augen. Ein Schauer überlief mich, und ich musste mich zurückhalten, ihm die Hand nicht zu entreißen.
Das hier war nicht richtig. Nichts war richtig. Aber immerhin würde ich ihn gut im Auge behalten können. Ich würde meinen Eltern auf den Thron folgen; er würde niemals mehr sein, als er jetzt war. An meiner Seite würde ihm zumindest die Illusion eines eigenen Königreichs gehören, statt einer Burg am äußersten Rand des Reiches, das sein Bruder regierte.
Ich zog mich langsam von ihm zurück, und ein ärgerlicher Ausdruck flackerte in Garretts Augen auf, denn er war gezwungen, mich loszulassen; sonst wäre offenbar geworden, dass ich mich gegen seine Berührung sträubte. »Dann sind wir uns also einig?«, sagte er leichthin und erhob sich, so dass er nun über mir aufragte. »Vielleicht könnten wir die Schiffe morgen auswählen?« Er lächelte, doch mir wurde nicht mehr warm davon.
»Morgen?«, fragte Vater zögernd.
Garrett zog mich widerstrebend auf die Füße. Er war einen halben Kopf größer als ich und ein paar Dutzend Pfund mit dem Schwert in der Hand erworbener Muskeln schwerer. Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich den schwachen Geruch nach Pferd und Leder einsog, der so vertraut war, mir aber jetzt nicht mehr das Gefühl von Geborgenheit gab. »Alles ist vorbereitet«, sagte Garrett. »Ich halte es für das Beste, die Hochzeit vorzuziehen, um mögliche Racheakte bezüglich der Prophezeiung vom Roten Mond zu vereiteln.«
Mir stockte vor Empörung der Atem, und ich lief rot an. Wie konnte er es wagen, so ungeniert von meinem persönlichen Kummer zu sprechen? Dieser narrenverbrannte Aberglaube war der Fluch meines Lebens.
»Wir können anstelle der Verlobungsfeier heiraten«, fuhr er fort. »Alle bedeutenden Gäste werden dann bereits anwesend sein.«
»Nein«, protestierte Mutter schwach. Ihr Gesichtsausdruck erschien mir merkwürdig, Bestürzung und … Schuldgefühle? »Die Hochzeit ist zur Jahreswende geplant. Wir haben umfangreiche Vorbereitungen getroffen, informelle Gesellschaften, Teenachmittage und Ausflüge, damit ihr genug Zeit habt, euch besser kennenzulernen. Dass Ihr früher eingetroffen seid, ändert nichts an unseren Plänen. Wir wehren schon seit Jahren Attentäter ab, Prinz Garrett. Ihr seid bei uns sicher.«
Garrett ließ sich nicht beirren. »Ich bestehe darauf«, sagte er leise, und ich erstarrte, als seine Finger sich fester um meinen Arm schlossen, ehe sie sich wieder entspannten. »Ich werde meine Gardisten mit der Nachricht ausschicken, dass sich unsere Pläne beschleunigt haben. Zu Pferde
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