Topchter der Köingin Tess 1
werden sie schneller sein als Eure Schiffe. Es geht mir allein um die Sicherheit meiner Braut.«
Ich stand steif neben ihm, angewidert von seiner Ungeduld. Es ging ihm allein um Vaters Schiffe und Häfen, nicht um mich. Ich versuchte, langsam von ihm abzurücken. Sie würden mich doch nicht zwingen, ihn gegen meinen Willen zu heiraten, oder? Dann würden unsere Schiffe und Häfen wieder sicher sein. Doch noch während ich das dachte, wusste ich, dass es gleichgültig war, was ich wollte oder nicht. Das spielte nie eine Rolle.
Mit gerunzelter Stirn warf meine Mutter meinem Vater einen scharfen Blick zu. Offenbar widerwillig kam Vater um den Tisch herum, löste mich von Garrett und trat mit mir einen Schritt beiseite. Ich folgte ihm bereitwillig und hätte mir die Berührung des Misdever Prinzen am liebsten von den Händen gewaschen.
»Ich verstehe Eure Bedenken, Prinz Garrett«, erklärte Vater und stellte sich zwischen Garrett und mich. »Doch wie meine Gemahlin bereits sagte, haben wir große Erfahrung darin, Meuchler abzuwehren. Die Hochzeit nach der Hauptsaison in der Schifffahrt abzuhalten, dient ja eben dem Schutz vor einem Angriff aufgrund der Prophezeiung. Sie früher stattfinden zu lassen, obendrein überraschend, würde mögliche Gewalttaten eher hervorrufen. Unsere Übereinkunft bleibt unverändert. Ihr werdet Eure Braut bekommen. Aber es wird frühestens in sechs Monaten Hochzeit gefeiert.«
Garretts Haltung wurde steif. Ich stand neben meinem Vater und war zum ersten Mal seit Jahren froh über seinen Schutz. »Ich glaube allmählich, Ihr wollt sie so lange wie möglich hinauszögern«, sagte Garrett, dessen helles Gesicht nun leicht errötete. »Ihr habt eine bezaubernde Tochter, und ich wüsste nicht, weshalb wir dem Dolch eines Meuchlers so viel Zeit verschaffen sollten, obwohl wir uns doch alle einig sind.«
Mutter seufzte über meinen unverhohlenen Zorn. Sie warf meinem Vater ein angespanntes Lächeln zu. »Liebes«, sagte sie dann zu mir und tätschelte den Stuhl neben ihrem. »Setz dich zu mir. Meine Herren? Ich möchte mich mit meiner Tochter unterhalten.«
Mein Vater sank in sich zusammen und verwandelte sich von einer königlichen Hoheit in einen Vater, der Mühe hatte, den Willen seiner Tochter mit dem Willen eines Königreichs in Einklang zu bringen. »Lasst uns allein«, sagte er zu seiner Wache. Ohne aufzublicken, bat er müde: »Prinz Garrett, würdet Ihr Euren Mann bitten, ihm nach draußen zu folgen?«
Garrett gab seinen Befehl mit einer raschen Geste, und die beiden Gardisten drehten sich schwungvoll um und gingen davon. In unbehaglichem Schweigen warteten wir auf das Geräusch der zufallenden Tür. Meine Entschlossenheit wuchs. Garrett wollte nur Vaters Schiffe und den Hafen. Meine Sicherheit war ihm gleichgültig.
»Dies liegt in meiner Verantwortung«, sagte meine Mutter mit Blick auf meinen Vater. »Ich werde es ihr erklären.«
Was erklären?, dachte ich. Ich wusste bereits, dass ich in der Frage, wen ich heiraten würde, nichts zu sagen hatte. Aber ich konnte die Dinge erschweren, die notwendigen Abläufe verzögern und allen sehr deutlich machen, dass ich mit dieser Eheschließung nicht glücklich war. Abkommen waren unterzeichnet worden, doch wenn ich es darauf anlegte, konnte es noch Jahre dauern, bis tatsächlich eine Hochzeit stattfand. Wenn ich sie nur lange genug hinauszögerte, würde er vielleicht doch noch mit einem vergifteten Dolch zwischen den Rippen enden.
Vater nickte mit gesenktem Kopf und machte eine matte Geste. »Prinz Garrett«, sagte er, »würdet Ihr mich auf einem Rundgang durch unseren berühmten Wintergarten begleiten? Wir werden uns den Damen in Kürze wieder anschließen, und dann soll alles geklärt werden.«
»Mutter?«, fragte ich, und mein Magen zog sich nervös zusammen.
Garrett räusperte sich. »Schon gut, Tess, meine Liebe. Ich würde zu gern mehr über die Geschichte dieser exquisiten Statue dort drüben erfahren. Ich bin gleich wieder bei Euch.«
Ich hatte für sein Kosewort nur ein finsteres Stirnrunzeln übrig. Meine Eltern wechselten wieder diesen bekümmerten Blick, und Vater geleitete Garrett außer Hörweite, um ihm das neueste Stück der Statuensammlung zu zeigen, eine junge Frau in fließenden Gewändern. Mein Vater bewegte sich so langsam und gebeugt, als würde er lieber Fischernetze aus der Bucht ziehen, als Garrett etwas über die lebensgroße Statue zu erzählen, auf die ich mit Kirschkernen zielte, wenn ich mich vor dem
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