Topchter der Köingin Tess 1
entfernt, und schon hatte ich alles verloren. Ich war ja so dumm!
Mit hämmerndem Herzen kam ich vor der Felswand zum Stehen. Meine Sachen waren noch da, wo ich sie hingelegt hatte. Er hatte mich nicht ausgeraubt. Aber es blieb immer noch die Frage, wo die Pferde waren.
»He! Hier!«, hörte ich einen schwachen Ruf. Ich wirbelte herum und sah Duncan unter den fernen Bäumen hervortreten. Er führte Tuck an einem Strick; Ruß trottete brav hinterdrein. »Ich habe gutes Wasser gefunden«, sagte Duncan, als er nahe genug herangekommen war. Er nahm Tuck den Strick ab und trieb die Pferde auf die Wiese. Als ich schwieg, blickte er auf, und seine Miene verdüsterte sich. »Ich bin ein Falschspieler und kein Dieb«, erklärte er hitzig.
»Kannst du es mir verdenken?«, schrie ich beinahe. »Ich komme zurück, und du bist mitsamt den Pferden verschwunden. Ich kenne dich doch überhaupt nicht. Du hättest mir eben sagen müssen, dass du sie tränken willst.«
Duncan rollte den Strick zusammen und warf ihn auf sein Bündel. »Steig endlich von deinem Podest herunter, Prinzessin. Wenn ich dich erschreckt habe, tut es mir leid. Ich wollte sie nur saufen lassen.«
»Nenn mich nicht so«, sagte ich, und mein Herzschlag beruhigte sich allmählich. »Und du hast mich nicht erschreckt.«
»Ich glaube schon.« Er kreuzte die Knöchel und ließ sich mit einer anmutigen Bewegung in den Schneidersitz nieder. Unter dem lumpigen Hut hervor beobachtete er mich mit belustigtem Blick. Er griff nach einem Zweig und schälte die Rinde ab, als Anmachholz. »Mit dem Stöckchen zwischen den Zähnen siehst du aus wie dieser Netzknüpfer.«
Ich erstarrte bestürzt. »Das hilft gegen die Schmerzen«, sagte ich vorwurfsvoll und weigerte mich, den Zweig wegzuwerfen. »Ich bin es nicht gewohnt, ohne Sattel zu reiten.«
»Das sieht man. Aber bald wirst du dich daran gewöhnt haben. Du riechst schon sehr nach Pferd.«
Mir blieb der Mund offen stehen. Dieser unverschämte Kerl! Ich starrte ihn an und wusste nicht, was ich jetzt tun sollte. Ich fühlte mich gleich sechs Mal schmutziger, als ich mich ihm gegenüber an die Feuerstelle setzte und nach einem Stein griff, um damit meine Weidenrinde zu zermahlen. »Besser als die Schohgrube, nach der du riechst«, brummte ich verspätet.
»Ich finde das gut«, sagte er. »Riecht besser als dieser Seifengeruch, den du vorher an dir hattest. Und der verschmierte Blütenstaub an deiner Nase gefällt mir auch.«
Sofort wischte ich mir die Nase ab und zog den Zweig zwischen den Zähnen hervor. Meine Wangen wurden heiß, und ich zermalmte wütend die Weidenrinde und dachte, wie gern ich das Gleiche mit seinem frechen Grinsen getan hätte.
Er gab einen verächtlichen, kehligen Laut von sich und zog einen Bausch luftiger Fasern aus seinem Bündel. Mit einem Stein bearbeitete er einen Feuerstein und ließ einen Funken auf ein Dreieck aus verkohltem Leinen springen. Der angebrannte Stoff glühte leicht, bis der Bausch aus Flachsresten Feuer fing. »Was machst du zum Abendessen?«, fragte er, während er versuchte, die plötzlich auflodernden Flämmchen auf seine Rindenstücke und trockenen Gräser zu locken.
»Ich mache dir kein Abendessen«, erwiderte ich tonlos. »Ich kann dich nicht leiden.«
Seine Finger berührten beinahe die junge Flamme. »Lagertradition«, erklärte er, als hätte er den letzten Satz nicht gehört. »Einer entfacht und unterhält das Feuer, der andere macht das Abendessen.«
»Ich habe schon das Holz geholt«, sagte ich hastig. Mir wurde ein wenig unbehaglich. Ich hatte noch nie in meinem Leben etwas zu essen zubereitet.
Er beäugte mich unter der Hutkrempe hervor. »Was für Holz?«
Ich holte Luft, um es ihm zu erklären, stieß sie aber wieder aus. Wortlos rappelte ich mich auf. Die untere Hälfte meines Kleids wurde dunkel vom Tau, als ich quer über die Wiese stapfte, um die Zweige und Äste aufzuheben, die ich fallen gelassen hatte. Es war nicht einfach, alles auf einmal zum Lager zu bringen. Duncan saß nur da und sah zu, der faule Gauner. »Hier«, sagte ich und ließ das Holz klappernd neben ihm zu Boden fallen. Stückchen von Flechten klebten überall an mir, und nun war mein Kleid nass. Engelsspucke, werde ich denn nie wieder sauber sein?
»Was hast du an Essbarem für uns gefunden?«, fragte er leichthin, und ich starrte ihn an. »Wer das Holz sammelt, hält den Blick auf den Boden gerichtet«, sagte er langsam, als wolle er einem Kind etwas erklären. »Hast du dabei
Weitere Kostenlose Bücher