Topchter der Köingin Tess 1
schnell und keuchend.
Ich biss mir besorgt auf die Unterlippe und schürte das Feuer, um mehr Licht zu haben. Er sah schrecklich aus, und ein bläulicher Hauch verfärbte den Rand seiner Lippen. Das Gift schien stärker zu wirken als sonst. Sein röchelnder Atem zögerte, dann japste er weiter. Meine leichte Besorgnis wich echtem Schrecken. Das war nicht gut.
»Duncan?«, sagte ich, denn ich wusste, dass er mich hören konnte. Ich beobachtete den Pulsschlag an seinem Hals. Das wilde Hämmern zeigte beängstigende Aussetzer. »Duncan, das ist alles halb so schlimm«, log ich. Er zeigte wirklich eine starke Reaktion, von seiner Angst zusätzlich verschlimmert. »Hör mir zu«, sagte ich mit fester Stimme und versuchte, den letzten Rest seiner Geistesgegenwart festzuhalten. »Ich muss mir deinen Finger anschauen.« Ich griff nach seiner rechten Hand, die er sich an den Bauch presste. »Lass mich mal sehen«, bat ich sanft. »Du brauchst doch deine Hände zum Spielen.«
Ich hatte solche Angst um ihn, dass ich seine Hand aus dem schlotternden, gekrümmten Häufchen Mensch hervorzerrte. Sie war grotesk angeschwollen. Sein Mittelfinger lief bereits violett an. Ein schneeweißer, erhabener Kreis zeigte mir, wo der Pfeil eingedrungen war. Mit einer festen Bandage vom Ellbogen hinab zu diesem Finger konnte ich das Gift leicht daran hindern, sich rasch auszubreiten. Aber das könnte einen unwiderruflichen Schaden an der Hand zur Folge haben.
»Es tut mir leid«, sagte ich, und mir wurde übel. »Ich muss deine Hand abbinden. Das wird sich anfühlen, als würden des Teufels Hunde darauf herumkauen, aber so wird sich das Gift langsamer ausbreiten.« Ich zögerte, aber ich musste aufrichtig zu ihm sein. »Du könntest den Finger verlieren, aber wenn ich es nicht tue, kostet es dich vielleicht das Leben.«
Er zuckte zurück. »N-n-n-nein«, ächzte er, entriss mir seine Hand und krümmte sich wieder darum. Schweißperlen traten ihm auf die Stirn; sie glitzerten im Feuerschein.
»Duncan!« Ich versuchte, überzeugend gebieterisch zu klingen, doch ich hatte entsetzliche Angst. Was, wenn er hier draußen starb? »Lass mich das tun, sonst könntest du sterben. Ich habe dir doch gesagt, dass du mir die Nadel zurückgeben sollst. Zeig mir deine Hand!«
Er krümmte sich zusammen, schlotterte und schwitzte. Er stieß ein kehliges Stöhnen aus, und ich berührte seine Schulter und erschrak darüber, wie stark seine Muskeln schon verkrampft waren. Seine Schultern fühlten sich an wie aus Stein. »Gib sie mir!«, forderte ich und zerrte an seinem Arm. Er biss die Zähne zusammen und schloss fest die Augen. Selbst im grausamen Griff des Giftes war er stärker als ich.
Frustriert ließ ich mich auf die Fersen zurücksinken und beobachtete ihn. Wenn er ohnmächtig wurde, gehörte die Hand mir.
Aus reiner Nervosität griff ich nach Duncans Karten und staubte jede einzelne sorgfältig ab, ehe ich sie in die Schachtel legte. Ich lauschte seinen qualvollen, röchelnden Atemzügen und wünschte, er würde endlich das Bewusstsein verlieren, um sogleich darum zu beten, dass er nicht in Ohnmacht fiel, weil er womöglich nie wieder daraus erwachen würde. Ich setzte mich neben ihn und schichtete besorgt mehr Holz aufs Feuer.
»Du machst das gut, Duncan«, sagte ich, als seine Atmung wieder erste Anzeichen von Rhythmus zeigte. Seine Decke war schweißnass, und ich breitete meine zweite Decke über ihn. »So ist es gut. Du schaffst das schon«, flüsterte ich mit beruhigender Stimme. »Ich bin hier. Ich helfe dir, es zu überstehen. Das verspreche ich.«
Die Worte hörten sich aus meinem Mund unheimlich an. Sie entsprachen ziemlich genau Kavenlows Flüstern, mit dem er mich beruhigt hatte, während ich versuchte, die Wirkung des Gifts abzuschütteln. Ich fragte mich, ob er damals ebenso besorgt gewesen war wie ich jetzt – auch er hatte zusehen müssen und nichts gehabt als seine Stimme, um den Schmerz zu lindern. Die Erinnerung an Kavenlow brachte mich dazu, Duncan mit einer Hand über den Kopf zu streichen. Mit Kavenlows Berührung war der Schmerz stets erträglicher gewesen, als kenne und verstehe er ihn sehr gut. Duncan war ein Idiot, aber an seinen Schmerzen war ich schuld.
Sein kurz geschorenes Haar war weicher, als ich erwartet hatte, ein sanftes Flüstern unter meinen Fingerspitzen. Meine Spannung löste sich, als die Wärme des Feuers mich endlich richtig durchdrang. Meine Hände kribbelten vor Erleichterung. Ich ließ eine auf seiner
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