Topchter der Köingin Tess 1
spielen.«
Duncan mischte das Spiel, wobei immer dieselben fünf Karten oben blieben. »Dann lasse ich dich verlieren.«
Ich senkte den Kopf, um mein Lächeln zu verbergen. »Nein, danke.« Die Frühlingsnacht war kalt, und ich setzte Wasser auf, um Tee zu kochen. Das Abendessen hatte scheußlich geschmeckt, aber es konnte doch nicht allzu schwer sein, Tee zu machen? »Hast du Honig?«, fragte ich. Er sah mich verblüfft an, und ich fügte hinzu: »Für den Tee.« Er schüttelte langsam den Kopf. Enttäuscht holte ich meinen Teevorrat hervor und ließ eine Handvoll Blätter in das kalte Wasser fallen. Duncan starrte mich an. »Möchtest du welchen?«, fragte ich, bemüht, nett zu ihm zu sein.
»Äh, ja«, antwortete er zögerlich, und ich fügte eine weitere Handvoll hinzu. Er runzelte die Stirn und beugte sich vor, als wollte er etwas sagen, lehnte sich dann aber wieder zurück. »Willst du nach Saltolz landeinwärts ziehen?«, fragte er, doch das waren offenkundig nicht die Worte, die ihm ursprünglich auf der Zunge gelegen hatten. »Da wäre es wärmer.«
Ich drückte mir die Finger an die Stirn, als hätte ich Kopfschmerzen. »Duncan«, sagte ich müde. »Ich bin keine Betrügerin. Du solltest meinen Sattel nehmen und einfach … gehen.«
Er wölbte listig die Brauen. »Du wirst keinen Besseren finden als mich«, beharrte er.
»Ich habe schon Straßenkünstler gesehen, die so flink mit den Karten sind wie du«, erwiderte ich verächtlich.
Duncan wurde frech. »Können sie auch das hier?«, fragte er und hielt mir eine meiner Nadeln hin.
Mir blieb der Mund offen stehen. »W-woher …«, stammelte ich. Meine Hand flog zum Haarknoten, meine Finger zählten rasch und stellten fest, dass ein Pfeil fehlte. »Wann hast du dir den genommen?«, fragte ich und bekam es mit der Angst zu tun.
»Vorhin.« Er war beinahe furchterregend in seiner hämischen Selbstzufriedenheit.
»Wann?«, fragte ich, denn ich konnte mich nicht erinnern, dass er mir nah genug gewesen wäre.
Duncan legte den Zeigefinger an die Nase und grinste. »Das sage ich dir nicht, Madam Tess.«
Ich betrachtete den Pfeil und dachte mir, dass Madam Tess immerhin ein wenig besser war als Madam Schwarzes Schaf. »Na schön«, sagte ich vorsichtig. »Du bist gewitzt und schnell. Gib mir die Nadel.«
Er hörte die Drohung in meiner Stimme und wich zurück. »Ist sie wertvoll?« Er betrachtete sie mit neu erwachtem Interesse und grinste so breit, dass seine Zähne schimmerten. »Hast du sie da gestohlen, wo du auch das Messer herhast?«
»Duncan …«, sagte ich warnend. »Gib sie mir.«
Er schüttelte den Kopf und fand das Ganze offenbar sehr lustig. Ich streckte blitzschnell den Arm ums Feuer, um ihm den Pfeil wegzunehmen, doch er fuhr zurück. Er zuckte zusammen und riss die Finger auseinander. »Verdammt«, sagte er und betrachtete die Nadel, die nun neben seinem Knie lag. »Das Ding ist vielleicht spitz. Nicht zu fassen, dass du dir so etwas in die Haare steckst.«
Mir wurde kalt. »Duncan, hör zu«, sagte ich, denn ich wusste, dass die Wirkung des Giftes verlangsamt wurde, wenn sein Herzschlag ruhig blieb. »Du wirst es überstehen. Ich verspreche, dass ich dir da hindurchhelfen werde.«
Duncan sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Dann wich die Heiterkeit aus seinem Gesicht, das sich vor Schmerz verzerrte. »Wa …«, begann er und krümmte sich plötzlich. »Schohgruben«, stöhnte er. »Was ist das?« Dann kippte er zur Seite.
Mit geschürzten Lippen streckte ich die Hand aus, hob meine Nadel auf und steckte sie dahin, wo sie hingehörte. Ich war eher gereizt denn besorgt. Ich rückte um das Feuer herum und fühlte seinen Puls am Hals. Er war schnell, aber gleichmäßig. »Idiot!«, schalt ich ihn. »Ich habe dir doch gesagt, dass du sie mir zurückgeben sollst.« Er stöhnte, und ich seufzte resigniert. »Du wirst schon wieder«, sagte ich, nahm all mein Mitgefühl zusammen und tätschelte ihm verlegen die Schulter. »Ich sorge dafür, dass du nicht zu atmen aufhörst, das verspreche ich dir.«
Anscheinend waren das nicht die richtigen Worte gewesen, denn er wurde sogleich von heftigen Krämpfen geschüttelt und biss unwillkürlich so fest die Zähne zusammen, dass die Muskeln an seinem Hals wie Taue hervorstanden. Ich dachte an die Kälte und zog seine Decke über ihn. Er hatte sich ganz klein zusammengerollt und die Augen geschlossen, und sein Gesicht war von einer Qual verzerrt, die er nicht verstand. Sein Atem ging
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