Topkapi
Glück haben mit der Autofähre, etwa anderthalb Stunden, Sir.«
»Und wenn wir kein Glück haben?«
»Vielleicht zehn oder zwanzig Minuten mehr.«
»Gut. Zuerst fahren wir in die Stadt und setzen Miss Lipp und Mr. Miller am Hilton-Hotel ab. Dann fahren Sie Mr. Fischer und mich nach Pendik. Wir werden ein paar Stunden dort bleiben. Auf dem Rückweg halten wir wieder beim Hilton und nehmen die andern mit. Klar?«
»Ja, Sir.«
»Wer hat das Benzin bezahlt?«
»Ich, Sir. Ich habe noch etwas von dem türkischen Geld, das Sie mir gaben. Ich habe die Benzinquittung hier.«
Er schob sie zur Seite. »Haben Sie noch Geld?«
»Nur noch ein paar Pfund.«
Er gab mir zwei Fünfzig-Pfund-Scheine. »Für Ihre Auslagen. Sie haben auch ein paar Rechnungen für Miss Lipp bezahlt. Verrechnen Sie es damit.«
»In Ordnung, Sir.«
»Und, Arthur – lassen Sie bitte Ihre Sticheleien auf Mr. Fischer, ja?«
»Ich hatte eher das Gefühl, daß er …«
»Sie haben das Zimmer und das Bad, das Sie wollten, bekommen, nicht wahr?«
»Ja, Sir.«
»Also, lassen Sie’s gut sein.« Er ging schon wieder ins Haus zurück.
Fünf Minuten später kamen sie alle zusammen heraus. Miss Lipp in weißem Leinen, Miller, der eine Kamera und einen Belichtungsmesser umhängen hatte, wirkte ganz wie ein Tourist, Fischer sah mit seinen weißen Jeans und Sandalen wie ein ältlicher Strand-Beau vom Cap d’Antibes aus.
Harper setzte sich zu mir. Die andern stiegen hinten ein. Niemand sprach während der Fahrt nach Istanbul, und ich hatte nicht einmal das Gefühl, daß sie meinetwegen schwiegen. Sie alle strahlten Selbstbewußtsein aus, das Selbstbewußtsein von Leuten auf dem Weg zu einer wichtigen geschäftlichen Besprechung. Sie schienen alle Möglichkeiten der vor ihnen liegenden Verhandlungen bereits erwogen zu haben; jetzt hatten sie nur noch abzuwarten, wie die andere Seite sich verhielt.
Zwei von ihnen schienen sich auf eine Besichtigungstour vorzubereiten, die andern auf ein gutes Essen am Strand. Aber der Peugeot folgte uns, und sie würden mit der Situation schon fertig werden, wenn die Gruppe sich teilte. Ich konnte jetzt nichts mehr tun.
Miss Lipp und Miller stiegen vor dem Hilton aus. Ein Touristenbus blockierte die Straße, so daß ich beobachten konnte, wie sie ins Hotel hineingingen und wie ein Mann aus dem Peugeot ihnen folgte. Das Rauschgiftunternehmen nahm für mich plötzlich wieder Gestalt an. Der Rohopiumlieferant wartete mit Proben in seinem Zimmer, die Miller, der erfahrene Chemiker, untersuchen sollte. Später, wenn die Proben sich als zufriedenstellend erwiesen, und nur dann, würde Harper den Handel abschließen.
Wir mußten auf die Autofähre nach Uskudar ein paar Minuten warten. Vom Pier aus sieht man über das Wasser auf die Kasernen, die im Krimkrieg Florence Nightingales Lazarett waren. Eigentlich nur um überhaupt etwas zu sagen, wies ich Harper darauf hin.
»Ja, und?« sagte er unhöflich.
»Nichts, Sir. Scutari hieß es damals.«
»Hören Sie, Arthur, wir wissen, Sie haben eine Führerlizenz, aber machen Sie uns nicht damit das Leben sauer, ja?«
Fischer lachte.
»Ich dachte, es würde Sie interessieren, Sir.«
»Wir interessieren uns ausschließlich dafür, nach Pendik zu kommen. Wo ist denn diese verdammte Fähre?«
Ich gab ihm keine Antwort. Die Fähre legte eben am Pier an, und er wollte mich offensichtlich nur beleidigen – Fischer zuliebe. Ich überlegte mir, was sie wohl gesagt hätten, wenn ich ihnen erzählte, wozu der sandfarbene Peugeot, der direkt hinter uns die Wagenschlange anführte, hier war und unter wessen Befehl sein Fahrer stand. Der Gedanke machte mir Vergnügen.
Von Uskudar nahm ich die breite, gute Straße nach Ankara. Nach achtundzwanzig Kilometern kamen wir zu der Seitenstraße, die rechter Hand nach Pendik abbog. Kurz vor eins waren wir dort.
Pendik erwies sich als kleiner Fischerhafen im Schutz einer Landzunge. Mehrere Jachten lagen im Hafen vor Anker. Zwei hölzerne Piers ragten von der Straße aus, die parallel zur Küste verlief, ins Wasser; auf dem einen stand ein Restaurant, der andere diente den kleineren Booten und Beibooten als Anlegestelle. Und alles war voller Kinder.
Ich schlängelte mich durch die engen Straßen auf das Restaurant zu, als Harper sagte, ich solle halten.
Wir blieben vor dem Landungssteg stehen, und ein Mann kam uns entgegen. Er trug jetzt eine Jachtmütze, aber ich erkannte ihn sofort wieder. Es war der Mann, der in der Nacht, als ich in Istanbul
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