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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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Körper riechen, und das zerfetzte Fleisch unter dem Verband. Er war noch immer schwer verletzt und sollte im Bett liegen, oder zumindest in einem Zimmer, wo man sich um ihn kümmern konnte. »Wer hat dich da reingesteckt?«, wollte ich wissen und umklammerte aufgebracht die Gitterstangen. Joe starrte mich aus trüben Augen an, und sofort flammte Wut in mir auf. »Ich hole Patricia«, versprach ich ihm. »Sie wird dich rauslassen. Warte kurz.«
    »Nein«, stöhnte Joe und streckte mir eine Hand entgegen. Während ich ihn fassungslos anstarrte, hustete er krampfartig und begann unter seiner Decke zu zittern. »Nein, das ist schon richtig so«, fuhr er fort, als der Anfall vorbei war. »Das Wildschwein hat mein Bein ziemlich übel erwischt. Ich muss eingesperrt bleiben, bis sie sicher sein können, dass ich mich nicht verwandle.«
    »Die haben dir das absichtlich angetan?« Wieder packte ich die Eisenstangen und spähte zu ihm hinein. »Und du hast das zugelassen? Aber was ist denn mit deinem Bein?«
    »Es wurde so gut versorgt, wie es möglich war«, erwiderte Joe achselzuckend. »Morgen früh wird jemand kommen und einen frischen Verband anlegen. Außerdem sieht es schlimmer aus, als es ist. Ich glaube, ich habe eine gute Chance, das zu überstehen.«
    Kopfschüttelnd musterte ich sein eingefallenes, verschwitztes Gesicht und die Augen, die glasig waren vor Schmerz. »Ich kann trotzdem nicht glauben, dass sie dich wie ein Tier hier einsperren. Ich an deiner Stelle würde wie eine Irre schreien und versuchen, die Wände einzureißen, nur um hier rauszukommen.«
    »Nein, ich will hier sein«, beharrte Joe. »Was wäre denn, wenn ich im Haus sterbe und mich verwandle, bevor es jemand bemerkt? Während die anderen alle schlafen? Ich könnte meine ganze Familie umbringen. Nein.« Er lehnte sich zurück und zog die Decke unters Kinn. »Es ist notwendig. Hier drin kann ich niemandem gefährlich werden und die Familie ist sicher. Alles andere interessiert mich nicht.«
    »Guter Mann«, lobte eine Stimme hinter mir.
    Ich fuhr herum. Am Rand des Käfigs stand Jeb und starrte mit unergründlicher Miene zu Joe hinein. Dieser Mann bewegte sich lautlos wie ein Vampir – nicht einmal ich hatte gehört, wie er sich genähert hatte.
    »Siehst du, Allison«, sagte er nachdenklich, obwohl er mich keines Blickes würdigte. »Diesem Mann ist die Sicherheit seiner Familie wichtiger als seine eigene, flüchtige Existenz. Jeder hier begreift, was zu tun ist, um die Gemeinschaft zu schützen und nicht nur einzelne Individuen. Nur so konnten sie hier draußen so lange überleben.«
    »Sie denken also, es sei das Beste für einen Verletzten, ihn einzusperren wie einen Hund, ohne ihm zu helfen, ihn zu behandeln oder ihm wenigstens Medikamente zu geben?«
    Nun richtete Jeb seinen stahlharten Blick auf mich. »Wenn die Seele dieses Mannes Gefahr läuft, verdorben zu werden, und sein Körper sich der Finsternis ergeben könnte, ist er kein Mensch mehr, sondern ein Dämon. Und wenn dieser Dämon in Erscheinung tritt, ist es besser, ihn unter Kontrolle zu haben. Ja, wenn es um die Sicherheit unverdorbener Menschen geht, halte ich das allerdings für das Beste.« Ich wollte protestieren, aber er ließ mich nicht zu Wort kommen. »Was würdest du denn tun?«
    »Ich …« Jeb zog erwartungsvoll eine Augenbraue hoch, aber ich starrte ihn nur finster an. »Ich weiß es nicht«, gab ich dann zu.
    »Ezekiel und du«, fuhr der alte Mann kopfschüttelnd fort, »ihr weigert euch beide, die Welt als das zu sehen, was sie ist. Aber das ist nicht mein Problem. Nun entschuldige mich bitte, ich muss für die Seele dieses Mannes beten. Vielleicht kann sie noch gerettet werden.«
    Er wandte sich ab, senkte andächtig den Kopf und begann vor sich hin zu murmeln. Joe in seinem Käfig tat dasselbe. Ich hingegen zog mich auf die andere Seite des Schuppens zurück, schnappte mir die Schubkarre und füllte sie mit Holz. Dabei warf ich die Scheite extra schwungvoll in die Karre, damit sie möglichst laut polterten.
    Ich wusste, dass Jeb auf eine kranke, total verdrehte Art recht hatte. Jeder Mensch, der von einem verseuchten Lebewesen gebissen wurde, ganz egal ob Hund, Stinktier oder menschenartig, lief Gefahr, sich zu verwandeln. Das war ein anderer Prozess als der Übergang zum Vampir, wo man das Blut seines Schöpfers trinken musste, um die Transformation zu schaffen. In meinem Fall hatte mich Kanins Blut, das Blut eines Meistervampirs, stark genug gemacht, um die

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