Torchwood 3: Langsamer Verfall (German Edition)
Polizei will keine Ermittlungen aufnehmen“, fuhr Gwen fort. „Ich habe diese Situation schon selbst zu oft erlebt. Über zweihunderttausend Menschen werden jedes Jahr im Vereinigten Königreich als vermisst gemeldet. Die meisten von ihnen kehren innerhalb der ersten zweiundsiebzig Stunden wieder nach Hause zurück, aber es bleiben ein paar Tausend, bei denen das nicht so ist. Das Dumme ist, dass die Polizei nicht nach ihnen sucht, solange sie nicht außergewöhnlich beeinträchtigt oder offensichtlich einem Verbrechen zum Opfer gefallen sind.“
„Es sieht so aus, als müsste sie eine Zeit lang bleiben“, sagte Jack. „Hotel Torchwood.“
„Aber ihre Familie wird sich Sorgen machen“, drängelte Gwen. Sie hörte das Flehen in ihrer eigenen Stimme, aber sie konnte einfach nicht anders. „Ihre Mutter wird sich die Augen ausweinen und nicht aufhören können. Ihr Vater wird aus Frust gegen die Wände schlagen und auf den Küchentisch hauen. Ich habe das erlebt. Ich habe zugesehen. Sie werden losgehen und Flyer mit ihrem Foto drucken lassen, oder Suchen an den Orten organisieren, an denen sie sich zuletzt aufgehalten hat. Eigentlich mehr, um sich zu beschäftigen, als voller echter Hoffnung. Wir können das verhindern. Wir können ihren Schmerz lindern. Wir müssen nur …“
„Was denn?“, fragte Jack. „Ihnen sagen, dass wir sie bei uns gefangen halten und sie ihnen nicht zurückgeben? Das klingt wie eine Lösegeldforderung. Alles, was wir tun, wird Aufmerksamkeit auf uns lenken. Und, nur so nebenbei, wir sind immer noch eine geheime Organisation.“
Gwen wollte sich dem herablassenden Ton in Jacks Stimme nicht geschlagen geben. „Wir könnten ihnen eine anonyme Nachricht schicken“, sagte sie mit gefährlich leiser Stimme. „Toshiko kann alles vortäuschen. Wir schicken ihnen eine Nachricht, die besagt, dass sie – keine Ahnung – einen italienischen Kellner getroffen hat und mit ihm nach St. Lucia abgehauen ist, um zu heiraten.“
Jack starrte Gwen einen Moment lang an. Sie begegnete seinem Blick, ohne zu blinzeln. Es lag eine Art Machtkampf in ihrem langen, gegenseitigen und gleichmäßigen Starren. Vielleicht war es ein Kampf zwischen Mitgefühl und Macht, Gwen wusste es nicht. Sie wollte auch nicht, dass Jack glaubte, dass sie seine Autorität bei Torchwood infrage stellte. Sie mochte nur nicht, wie er die kleinen Schlachten zu schnell aufgab, um die großen langfristig zu gewinnen. Dieses eine Mal wollte sie gewinnen.
„Tosh“, sagte Jack. „Schick eine E-Mail an Mariannes Eltern. Lass es so aussehen, als käme sie aus einem Internetcafé, sagen wir mal von Ibiza oder so. Und sieh zu, dass Marianne rückwirkend auf einen Flug heute Morgen nach Ibiza gebucht ist. Fälsch die Einreiseunterlagen und schau mal, ob du ihr Bild in den Aufzeichnungen der Sicherheitskameras unterbringen kannst.“ Er blickte sich zu Gwen um. „Zufrieden?“
Sie wollte erst eine sarkastische Antwort geben, aber Jack hatte seinen Plan ihretwegen geändert und dafür gebührte ihm so etwas wie ein Sieg. „Danke“, sagte sie einfach. „Ihre Familie wird es zu schätzen wissen.“
„Und sie geraten nicht in Schwierigkeiten, wenn sie die Gegend nach ihr absuchen“, sagte Jack. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass es da draußen im Moment nicht sicher ist.“
Gwen runzelte die Stirn. „Was willst du damit sagen?“, fragte sie. „Wir haben Marianne doch festgenommen.“
„Warum glaubst du, sie sei die Einzige da draußen, die einen Riesenappetit hat?“, antwortete Jack. „Das erinnert mich an etwas: Ianto, hast du die Pizza-Randstücke aus ihrer Zelle geholt, wie ich dich gebeten hatte?“
„Das habe ich“, sagte Ianto. „Es war nicht einfach. Sie wollte die ganze Pizza essen, inklusive Rand. Es ist mir mithilfe einer langen Zange gelungen, ein paar Stücke zu bergen.“
„Gib die Randstücke Owen.“
„Eigentlich habe ich mir heute Sandwiches mitgebracht“, sagte Owen.
„Und bevor du sie isst, möchte ich, dass du Mariannes Zahnabdrücke in der Pizza mit deinen Fotos von dem toten Weevil vergleichst. Schau mal, ob du herausfinden kannst, ob es wirklich Marianne war, die ihm das Gesicht weggefressen hat, oder ob es jemand anders war.“ Jack schüttelte den Kopf. „Diese Stadt scheint dieser Tage voller Frauen zu sein, die einem ins Gesicht springen wollen.“
„Du kannst das hier nicht essen!“, protestierte Rhys. Er sah den Gang entlang und hoffte, dass keiner der Asda-Mitarbeiter
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