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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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herausgefunden.«
    »Was? Fünf Leichen und kein Täter? Und keine Sau vermisst einen dieser Toten?«
    »Sieht so aus.«
    »Gefühlskalte Gesellschaft, dieser goldene Westen, nicht wahr?«
    Wieso fing er denn jetzt damit an? Wollte er den Ossi-Wessi-Walzer mit ihr tanzen? Das war doch sonst nicht seine Art. Brenner war Berliner. West-Berliner. Mit knapper Not mit Papa und Mama über den Zaun gesprungen, als die Mauer hochgezogen wurde. Diese Leute ritten auf dem Thema üblicherweise nicht herum.
    »Udo, was willst du?«
    »Warum liest du so etwas überhaupt?«
    »Um zu sehen, ob ich irgendwelche Anhaltspunkte finde.«
    »Und?«
    »Bisher sieht es nicht so aus. Die Aufklärungsrate bei dieser Art Gewalttat ist deprimierend niedrig.«
    Brenner erwiderte nichts. Er lehnte sich zurück, schaute sie lange an und sagte dann: »Du warst doch heute mit Zolli essen, oder?«
    »Ja. Kohlrouladen. War gar nicht schlecht.«
    »Wie fandest du ihn?«
    »Wieso?«
    »Einfach so. Wie kam er dir vor?«
    Sina wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihr war nichts aufgefallen. Zollanger war Zollanger. Ruhig, freundlich, kontrolliert. Man sah ihm nicht an, wie scharf er denken konnte. Ja, man sah ihm so gut wie gar nichts an.
    »Was soll diese Frage, Udo?«
    »Du weißt doch genau, dass etwas mit ihm ist.«
    »Nein. Das weiß ich nicht.«
    »Ich sage nur: Januar.«
    »Das kann jedem mal passieren«, erwiderte sie. »Er war in Therapie. Sie haben ihn wieder eingesetzt. Also was soll das?«
    Brenner ließ einen Augenblick verstreichen. Dann sagte er: »Ich mache mir Sorgen um ihn, Sina. Zolli hat keine Lust mehr. Das sieht man zehn Meilen gegen den Wind. Er hat die Schnauze voll. Und ich muss sagen, ich kann ihn verstehen.«
    Sina erwiderte nichts. Sie spürte, dass sie sich verspannte, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen.
    »Ich habe Angst, dass er noch einmal Mist macht, und dann wird es richtig schwierig für ihn, verstehst du, was ich meine?«
    Sina schüttelte unwirsch den Kopf und hob abwehrend beide Hände.
    »Kein weiteres Wort, Udo, okay? Erstens habe ich überhaupt nicht den Eindruck, dass Martin sich nicht im Griff hat. Und wenn es so wäre, dann ist es nicht unsere Aufgabe, hinter seinem Rücken darüber zu reden, oder?«
    »Du kennst ihn nicht so lange wie ich«, entgegnete Brenner. »Irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Und … Mann, er hat noch zwei Jahre. Wenn er jetzt noch einmal Scheiße baut, kann es teuer für ihn werden. Meinst du nicht, wir könnten ihn ein bisschen im Auge behalten?«
    »Und wie stellst du dir das vor? Udo, das ist doch absurd.«
    Brenner faltete die Hände und stützte das Kinn auf.
    »Deshalb rede ich ja mit dir. Du magst ihn. Das weiß ich. Und ich auch. Und das war’s dann auch schon. Findeisen, Brodt und Draeger mögen Zolli nicht besonders. Und Krawczik hasst ihn. Das weißt du so gut wie ich. Und wenn Krawczik eine Gelegenheit findet, sich auf Zollis Kosten eine Beförderung zu verdienen, dann wird er sie nutzen. Meinst du nicht? Oder willst du in zwei Jahren unter Thomas Krawczik arbeiten?«
    Sina drehte die Augen zum Himmel. Wie sie solche Gespräche hasste! Udo Brenner sah sie lange an. Aber Sina schwieg.
    »Denk wenigstens mal darüber nach«, sagte Brenner und erhob sich.
    Sina zuckte mit den Schultern. Nein, unter Krawczik wollte sie nicht arbeiten. Aber unter Udo Brenner?

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13
    D ie Birkenstämme lagen noch da. Elin blieb stehen, stellte ihren Rucksack ab und ließ den Ort auf sich wirken. Sie atmete die nasskalte Luft, schaute zu der stämmigen Eiche hinauf und dann wieder auf die in Dreiecken gestapelten Birkenstämme darunter. Der Holzstoß war knapp einen Meter hoch. Ein paar Stämme waren heruntergerollt und lagen daneben im Laub.
    Als sie vor zehn Tagen das erste Mal hergekommen war, hatte sie fast eine Stunde gebraucht, um die Stelle zu finden. Das Polizeiprotokoll nannte eine Flurstücknummer. Aber sie besaß keinen Flurplan und musste sich an der Lagebeschreibung des Fundorts orientieren.
Fußläufig etwa zehn Minuten nördlich vom Waldparkplatz Schulzendorfer Chaussee gelegen.
Zehn Minuten, wenn man die genaue Richtung kannte.
    Ein Weg führte jedenfalls nicht hierher. Elin drehte sich um und schaute auf die Spuren, die sie hinterlassen hatte. Der Untergrund war mit Laub bedeckt. Hier und da lag Schnee, aber durch den engen Baumbestand war hier nicht so viel gefallen wie auf den freien Flächen. Dennoch zeichnete sich ihre Spur recht deutlich ab.
    Sie stand still da

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