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Tortengraeber

Tortengraeber

Titel: Tortengraeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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ließen sich nicht in Minuten erledigen. Zudem existierten gewisse klassische Überlegungen, sprich finanzielle. Auch wollte Hufeland seine Rolle kultivieren. Er riet energisch, die Polizei einzuschalten. In der berechtigten Hoffnung, die Ermittlungen würden mehr verschleiern als aufdecken. Er mußte seine ganze Überredungskunst, die natürlich eine außerordentliche war, aufwenden, um Birgitta zu überzeugen. Wie üblich hatten die von Hufeland engagierten Erpresser davor gewarnt, die Polizei zu informieren. Hufeland aber erklärte, daß eine solche Warnung eine reine Phrase sei. Kein Entführer würde ernsthaft glauben, man könnte die Behörden aus dem Spiel herauslassen. Er selbst übernahm es, den Polizeipräsidenten zu benachrichtigen. Beinahe bedauerte er, daß hier niemand ahnen konnte, welch gewagtes Manöver er sich erlaubte. Überall Dummheit, guter Glaube, Kurzsicht – und mittendrin ein grandioser Herbart Hufeland auf der Bühne seines Lebens.
    Ein Krisenstab wurde eingerichtet. Erster Ansprechpartner der Polizei war natürlich Hufeland, der »väterliche Freund« der Hausherrin, welcher äußerste Zurückhaltung forderte, gleichzeitig jede erdenkliche Kooperation anbot. Spezialisten vom Abhördienst schlichen sich ins Haus. Und bald existierte jene heiße Spur, die zu beträchtlichen Verwirrungen führte. Denn zu Hufelands bescheidenen Freuden gehörte es, Zufälle zu provozieren, indem er wahllos Steine ins Rollen brachte und dann zusah, ob und welche Folgen die Bewegung der Körper nach sich zog. Diesmal waren die Steine papieren gewesen. Hufeland hatte auf mehrere Geldnoten die Geheimnummer der Hafners geschrieben, und zwar in verschiedenen Handschriften ehemaliger Angeklagter, über die er Gutachten verfaßt hatte. Er wollte einfach sehen, wohin eine solche Manipulation führen würde. Ob überhaupt etwas geschah.
    Noch bevor die Polizei von der Entführung benachrichtigt worden war, hatte Hufeland – mit einer Vorsicht, die gar nicht nötig gewesen wäre – dieses Geld an verschiedenen Orten ausgegeben. Auch im Lukas, wo ein bestimmter Zwanziger in die Geldbörse eines Kellners wanderte, später in die Registrierkasse der Bäckerei wechselte und tags darauf einem Kunden ausgehändigt wurde, der dieser Geschichte eine recht eigentümliche und auch für Hufeland überraschende Note verleihen sollte. Vavra war sozusagen geboren. Und wurde, nachdem er am Abend seinen stummen Anruf getätigt hatte, unsanft aus dem Bett geholt und zur Vernehmung geflogen. Ein erster Erfolg, dachte man. Das dachte auch Hufeland. Doch dann passierte das, womit er nicht hatte rechnen wollen. Über die besagten drei Ecken erfuhr er, Sarah Hafner sei tot. Und nun waren es die beiden gedungenen Entführer, schließlich keine Mörder, sondern anständige Berufskriminelle, die ihrerseits Druck ausübten, da sie mit einer Leiche nichts zu tun haben wollten. Sie hatten das Mädchen in einem Haus in Niederösterreich untergebracht gehabt, keineswegs in ein Loch gesperrt, sondern in einen geheizten Raum mit Toilette und Bad. Das Essen war durch eine Katzentür in den Raum geschoben worden. Daß Sarah nichts davon angerührt hatte, entdeckten die beiden Männer erst, als es zu spät war. Sie fühlten sich hintergangen. Offensichtlich hatte man sie ein sterbenskrankes Kind entführen lassen. Davon war aber niemals die Rede gewesen. Sie fühlten sich wie Ärzte, denen man den falschen Patienten untergejubelt hatte. Weshalb die beiden darauf bestanden, daß man die Leiche umquartiere und sie selbst aus ihren Pflichten entlassen wurden.
    Für Hufeland war klar, daß er die Angelegenheit nun selbst bereinigen mußte. Sein Fehler war ruchbar geworden, und niemand aus der Unterwelt wäre jetzt bereit gewesen, sich die Hände schmutzig zu machen.
    Hufeland benötigte Hilfe, weshalb er sich an jene drei Männer wandte, die mit ihm zusammen die Lukasrunde bildeten. Gute Freunde in schlechten Zeiten, das ist schon etwas wert. Aber aus verständlichen Gründen wollten die Herren diesmal keine guten Freunde sein, die Sache war mehr als brenzlig, auch war man nicht gewohnt, die Dreckarbeit zu machen. Jeder von ihnen kannte Birgitta Hafner persönlich – Rad, Wiese und Gähnmaul waren empört. Wie konnte Hufeland von ihnen verlangen, ein solches Verbrechen zu decken und sich auch noch an einer risikoreichen Verschleierung zu beteiligen?
    Nun, Hufeland verlangte. Mit Recht, meinte er, da ihm alle drei Herren auf die eine oder andere Weise

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