Tortengraeber
den Fall Hafner verwickelt war. Sowenig wie diese zwei Heiligen in ihren Gummistiefeln.
In die Küche zurückgekehrt, mußten Cerny und Resele von der Pfirsichtorte probieren, die, wie Cerny erklärte, tatsächlich besser schmecke als die meisten Pfirsichtorten.
»Das ist heutzutage keine Kunst«, sagte Meister Lukas. Und damit hatte er wohl recht.
Resele und Cerny dankten den Bäckersleuten, ließen sich noch mit einer Dose Kekse ausstatten und kehrten zu ihrem Wagen zurück, der im bedächtigen Schneefall einen wundersamen Eindruck vermittelte: eine Maschine im Zustand tiefster Bewußtlosigkeit.
8| Wiese redet
Stunden zuvor, bei zwischenzeitlichem Sonnenschein, stand beinahe an derselben Stelle ein anderer Sportwagen, jener Aston Martin des Herrn Joachim Wiese. Neben dem Wagen hatte sich der – im Zuge der Wahrheitsfindung zur Entschlossenheit gereifte – Klaus Vavra aufgestellt und sah nun herausfordernd auf den aus der Bäckerei tretenden Psychoanalytiker Wiese. Dieser warf sofort einen furchtsamen Blick auf seinen besten Freund Aston Martin. Dann herrschte er Vavra an: »Was wollen Sie eigentlich? Geld? Eine Entschuldigung? Meinen Wagen? Apropos – wären Sie so freundlich, sich nicht anzulehnen.«
»Hübsches Gefährt«, sagte Klaus Vavra und blieb, wo er war, nämlich mit seinem Oberschenkel gegen die – so dachte er – Fahrertür von Wieses englischem Sportwagen gestützt. Zudem verschränkte er die Arme, wie um seine Hartnäckigkeit zu unterstreichen. Allerdings war es auch recht kalt. Der Winter ordnungsgemäß. Was den robbenhaften Analytiker, der Mantel und Schal unter dem Arm trug, nicht zu stören schien.
Vavra reckte das Kinn. »Grisebach? Oder von Wiese? Was also?«
»Darum sollten Sie sich nicht kümmern«, empfahl Wiese und stieg auf der anderen Seite in den Wagen. Und zwar auf der tatsächlichen Fahrerseite, was Vavra nicht sofort begriff. Weder hatte er in das Innere des Wagens gesehen noch die Andersartigkeit des britischen Systems berücksichtigt.
Als Wiese seinen Aston Martin startete, riß Vavra an der Beifahrertür, die jedoch verschlossen war. Geistesgegenwärtig griff er nach dem Scheibenwischer und zeigte durch eine deutliche Grimasse an, daß er durchaus gewillt war, das Autoteil herauszubrechen oder gar Schlimmeres zu versuchen. Wiese riß die Arme in die Höhe, als ergebe er sich. Und tatsächlich schrie er durch die Frontscheibe, Vavra solle um Himmels willen damit aufhören, den Wagen zu demolieren, wem sollte das helfen. Dann entsicherte er das Türschloß. Vavra ließ den Scheibenwischer zurückschnellen und stieg in den Wagen. »Jetzt wird geredet, Herr Anwalt.«
»Sie haben doch genaugenommen mit der Sache gar nichts zu tun.«
»Erstaunlich. Vorhin sagten Sie, die Taubenhofgasse sei meine Idee gewesen.«
»Eine Riesenschlamperei.«
»Meine Idee?«
Wiese fuhr los, schwieg. Vavra zog ein Messer aus seiner Tasche, keineswegs ein Schlachtermesser oder einen handlichen Springer, sondern ein Taschenmesser, aus dem er eine bescheidene Klinge herausklappte, welche er freibeuterisch im noblen Innenraum hochhielt. – Es muß gesagt werden, daß das Armaturenbrett nicht bloß eine Intarsienarbeit aus diversen edlen Hölzern darstellte, selbst die Frischluftausströmer handgefertigt waren und der Tachometer an den Kompaß einer Segelyacht erinnerte, sondern es sich bei dem ganzen Unikum um die Gelegenheitsarbeit eines später zur Berühmtheit gelangten Inneneinrichters handelte. Nicht daß Vavra dies erkannte. Was er erkannte, war, daß der ansonsten so gelassen auftretende Grisebach in bezug auf seinen Wagen eine gewisse Anhänglichkeit und infolgedessen eine beachtliche Ängstlichkeit an den Tag legte. Das Sammeln, Pflegen und gelegentliche Benutzen sogenannter Oldtimer gehörte fraglos zu den harmloseren, wenngleich erbärmlichsten Formen quasi libidinöser Fetischismen. Solchen Männern war eigentlich nicht zu helfen. Aber helfen wollte Vavra ja auch gar nicht. Er wollte die Wahrheit erfahren. Und um diese zu erzwingen, drohte er sein Messer in die Abdeckung des Handschuhfachs zu bohren.
»Mann, machen Sie sich nicht unglücklich«, erregte sich Wiese.
»Wie kommen Sie darauf? Sie machen sich unglücklich, wenn Sie nicht reden.«
»Legen Sie doch endlich das Messer weg!«
Vavra ließ die Klinge zurückschnellen, legte jedoch das Gerät zur dauernden Ermahnung in seinen Schoß.
Während Wiese über die stark frequentierte Tangente fuhr, mehr sein Lenkrad
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