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Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt

Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt

Titel: Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Castagno
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jeden Tag so wie wir heute?«
    Meine Antwort darauf lautet: »Ja, klar – was sonst?«
    »Dann aber sicher ohne Abendessen?«
    »Natürlich gibt es auch ein Abendessen. Es wäre ein Verbrechen, mit einem leeren Magen zu Bett zu gehen!«
    »Wie kommt es dann, dass die Italiener so viel essen, aber kaum einer übergewichtig ist?«
    Um ehrlich zu sein, ist das auch mir schleierhaft, aber ich fühle mich verpflichtet, meine Kunden anstelle einer Antwort auf ein paar Beobachtungen hinzuweisen. Es stimmt, dass wir in Italien ein riesiges Mittagessen vertilgen und auch ein eher reichhaltiges Abendessen, aber zum Frühstück gibt es praktisch nichts, höchstens einen Cappuccino und ein Brötchen, und zwischen den Hauptmahlzeiten essen wir nur sehr selten eine Kleinigkeit. Im Gegensatz dazu habe ich den Eindruck, dass man in Amerika kaum je eine richtige Mahlzeit einnimmt, die Leute aber ständig irgendetwas knabbern, sei es im Auto, bei der Arbeit, im Kino, vor dem Fernsehapparat – überall und zu jeder Tageszeit. Dazu kommt die Art der verzehrten Speisen: all dieses in Fett gebackene Fastfood, das in tausenden kalorienreichen farbigen Saucen schwimmt, und all diese süßen Riegel mit Karamellfüllung und erst die süßen Softdrinks! Es stimmt, dass wir Italiener mehr essen, wenn wir uns an den Tisch setzen, aber es stimmt auch, dass unsere Kost längst nicht so reich an Kalorien ist, wie es auf den ersten Blick erscheint. Vor allem ist unsere wichtigste »Sauce« das reine Olivenöl, das leichter verdaulich ist und weniger gesättigte Fettsäuren enthält als Butter oder Schmalz, die in Amerika so oft verwendet werden. Wie schon gesagt, ich bin kein Ernährungswissenschaftler, aber ich glaube, dass diese Unterschiede einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Gesundheit der Italiener haben – ganz abgesehen davon, dass wir hier viel zu Fuß gehen, sogar auf dem Lande, und deshalb mehr Kalorien verbrennen.
    Was ebenfalls oft gefragt wird, ist, weshalb man keine Kopfschmerzen bekommt, wenn man in Italien Rotwein getrunken hat, während viele meiner Kunden in Amerika damit ganz aufgehört haben wegen des fürchterlichen Hämmerns im Kopf am Tag danach. Auch hier habe ich keine Antwort, nur eine Theorie. Ich glaube, dass die Kopfschmerzen der Amerikaner von zu viel Sulfid herrühren. Nach den gesetzlichen Vorschriften muss dieses Salz der Schwefelwasserstoffsäure in den USA allen Weinen – auch importierten – zur Konservierung beigegeben werden. Ich bin sicher, dass in Italien der Sulfidgehalt wesentlich geringer ist.
    Manchmal sind die Fragen meiner Kunden kurios. Ein New Yorker fragte mich allen Ernstes, wo der Turm von Pisa stehe. Ich antwortete: »In Pisa.« Er schaute mich zuerst erstaunt und dann beschämt an.
    Nach einem Besuch in Siena wollte eine kleine Gruppe aus Ohio wissen, weshalb die Stadt »den Hügel aufwärts« gebaut worden sei. Leicht ironisch antwortete ich: »Nur die eine Hälfte ist den Hügel aufwärts gebaut, die andere den Hügel abwärts.« Sie schüttelten den Kopf. »Wir haben nur die steilen Teile gesehen. Zeig uns doch bitte auf der Karte, wo es anfängt, abwärts zu gehen!«
    Eine andere Dame, die aus Alaska kam, wollte wissen, warum jedermann Italienisch spreche. Was konnte ich anderes antworten als: »Weil wir in Italien sind!«
    Eine weitere Kundin brachte mich völlig aus dem Konzept mit der Frage, wo die Pioksi-Straße sei. Ich sagte ihr, eine Pioksi-Straße gebe es in Siena nicht, auch nichts Ähnliches. Sie war ziemlich ungehalten wegen meines offensichtlichen Unvermögens und kam immer wieder auf mein mangelndes Wissen zurück, bis wir rein zufällig auf unserem Spaziergang auf die Straße stießen – Via Pio XI., die nach Papst Pius dem Elften benannte Straße.
    Die amüsanteste Frage dieser Art ist wohl die von jenem Kunden, der beim Kartenstudium auf einer Fahrt über Land wissen wollte, ob viele Känguruhs über die Grenzen kämen. Ich dachte einen Augenblick nach, kam aber nicht dahinter, was er meinte, und sagte deshalb, es sei sehr unwahrscheinlich, dass wir einem begegnen würden. Erst später, als ich die Karte wieder zusammenfaltete, die offen auf dem Rücksitz liegen geblieben war, verstand ich, was geschehen war: Er hatte unser österreichisches Nachbarland – Austria – mit einem viel, viel weiter entfernten Land verwechselt.
    Neben den verwirrenden Fragen gibt es die erstaunlichsten Beobachtungen, die offenbar stets in sich widersprechenden Paaren auftreten: »Es

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