Toskanische Verführung (German Edition)
passierte?
Dawkins hatte ihn alarmiert. »Sie ist schon so weit draußen, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es aus eigener Kraft zurück schafft«, hatte er gerufen. Alessandro hatte nicht abgewartet, was sein Sekretär zu berichten hatte, er rannte schon hinunter zum Steg. Das kleine Rennboot ankerte glücklicherweise nicht im Schuppen, er musste nur den Motor anwerfen und das kurze Stück zur Bucht rasen, wo er eine Weile kreuzte und nach den Anzeichen suchte, dass sie um ihr Leben kämpfte, mit letzter Kraft, nahe dem Ertrinken ... Er sah die Bilder, und es war Rosalyn, die dort in den Wellen unterging. Er sah ihr langes, blondes Haar, das wie Seetang in der grünblauen Tiefe wehte, die schmalen Glieder, die leblos im Wasser trieben, die weit offenen Augen, die mit erloschenem Blick zu ihm empor starrten ...
Er schüttelte die Bilder seines Albtraums ab und wendete das Boot, und im Wenden sah er sie am Strand liegen. Reglos hingestreckt, hell und schön wie eine Najade. Sein Herz hatte einen Schlag lang ausgesetzt, dann war er am Ufer, sprang aus dem Boot und pflügte durch das Wasser, über Steine und Sand zu ihr hin und fand sie - schlafend.
Sie hatte fest und weich zugleich in seinen Armen gelegen und einige verzauberte Momente lang hatte er alles vergessen. Sie schmiegte sich an ihn, ihr Körper war warm und stark, ihr Kuss so verlockend, dass er das Blut in seinen Adern pulsieren fühlte. Er fühlte sich mit einem Mal lebendig, ganz und gar lebendig. Die düsteren, kalten Schatten, die ihm das Licht nahmen, die Luft abdrückten und das Leben zu einer dauernden Last machten, hoben sich und verschwanden wie Nebel an einem sonnigen Morgen.
»Herr Graf, Signora de Marcon möchte mit Ihnen sprechen«, unterbrach Dawkins seine Gedanken. Alessandro schrak auf, einen Augenblick lang desorientiert. Er stand halb angezogen in seinem Ankleidezimmer und starrte aus dem Fenster. Was war los mit ihm?
»Ich habe keine ...«, begann er, winkte dann heftig ab und griff nach dem Telefon, das sein Sekretär ihm hinhielt.
»Aline?«, blaffte er, ehe die Anruferin etwas sagen konnte. »Was willst du?«
»Oh, was für eine charmante Begrüßung«, ertönte die Antwort. Alines rauchige Stimme klang amüsiert, aber auch ein wenig spitz. »Chéri, ich dachte, wir könnten uns auf ein kleines Abendessen bei mir treffen, was meinst du?«
Alessandro stieg in seine Schuhe und signalisierte Dawkins, ihm das Jackett zu reichen. »Aline, wir hatten eine Abmachung«, sagte er beherrscht. »Du erinnerst dich?«
Sie lachte. »Ah, diese dumme Abmachung. Sandro, das hast du doch nicht ernst gemeint, oder?«
Er ließ sich von Dawkins in das Jackett helfen. »Das habe ich allerdings sehr ernst gemeint«, erwiderte er gereizt. »Du kannst nicht behaupten, dass ich nicht klar und deutlich mit dir ...«
»Chéri, jetzt tu nicht so puritanisch, das kauft dir doch niemand ab«, unterbrach sie ihn. »Wir haben sehr viel Spaß miteinander gehabt und ich sehe nicht ein, dass sich daran etwas ändern soll, nur weil ich geheiratet habe. Mon Dieu, glaubst du wirklich, Ernesto gönnt mir mein Vergnügen nicht? Er ist nicht mehr der Jüngste - wahrscheinlich ist er sogar froh darüber, wenn du ihn in dieser Hinsicht ein wenig entlastest.«
Ihr Lachen klingelte in seinen Ohren. Wie reizvoll hatte er ihr Lachen früher gefunden, aber heute ging es ihm nur noch auf die Nerven. »Meine Liebe, ich habe einen Termin und komme jetzt schon zu spät«, sagte er schroff. »Ich möchte dich bitten, mich nicht weiter aufzuhalten.« Ohne ihre Antwort abzuwarten legte er auf und sah seinen Sekretär an, dessen Gesichtsausdruck Bände sprach. »Was?«
Dawkins hob die Schultern. »Das war möglicherweise ein wenig zu grob«, sagte er.
Alessandro zog die Brauen zusammen, dann schüttelte er den Kopf und lachte. »Ein wenig. Vielleicht. Haben Sie einen Vorschlag?«
Dawkins reichte ihm seine Armbanduhr und den schmalen Siegelring. »Ein letztes Dinner«, sagte er. »Garniert mit einem hübschen, kostspieligen Abschiedsgeschenk. Ein Armband?«
»Perfekt. Kein Abendessen, aber ein Armband. Brillanten. Kümmern Sie sich darum.« Alessandro zupfte seine Manschetten zurecht. »Sie hätten Karriere als Butler machen können. Wie wäre es? Seit Arrigo gekündigt hat, bin ich ohne Kammerdiener.« Er musterte Dawkins, der ein wenig säuerlich lächelte. »Was passt Ihnen daran nicht?«
»Mein Aufgabenbereich als Ihr Kindermädchen reicht mir«, erwiderte der
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