Toskanische Verführung (German Edition)
zurückgeschwommen.« Flannery holte Luft. Sie log, wenn sie das behauptete, denn es war wirlich brenzlig gewesen. Wenn sie einen Krampf bekommen hätte, wenn ihre Kräfte nicht gereicht hätten ... sie wäre sehr froh gewesen, ihn in seinem Boot zu sehen. Aber das würde sie ihm jetzt kaum in sein wutverzerrtes Gesicht sagen, sie wollte seiner überheblichen Arroganz nicht noch Nahrung geben! Statt dessen fügte sie wütend hinzu: »Ich habe friedlich hier gelegen und geschlafen, bis Sie mich überfallen haben wie ein Strauchdieb. Und selbst, wenn ich mich überschätzt hätte, gäbe Ihnen das noch lange nicht das Recht, mich dermaßen anzubrüllen und abzukanzeln!« Sie wollte noch etwas über mittelalterliche Feudalherren hinzufügen, aber sein Mund verschloss ihre Lippen. Dieser Kuss war hart und voller Zorn und glich einer Züchtigung. Die einzig passende Antwort darauf gab Flannery ihm mit der flachen Hand, dass der Schlag durch die Bucht schallte.
Einen Moment lang standen sie wortlos voreinander und starrten sich an. Sie sah den weißen Abdruck ihrer Hand auf seiner Wange, der sich langsam rötete. Dann stieß der Conte einen erbitterten Laut aus, warf sich herum und stapfte durch den Sand und das Wasser zu seiner Riva Aquarama zurück, einer mahagonifarbenen Schönheit, die schaukelnd dort vor Anker lag. Jetzt erst begriff Flannery, wieso er bis zur Hüfte nass war. Er war in voller Bekleidung aus dem Boot gesprungen und an den Strand gewatet.
Sie sah ihm hinterher, wie er sich mit einem geschmeidigen Klimmzug wieder an Bord hievte. Kurz darauf sprang der Motor hustend an, röhrte auf und das Boot raste in einer gischtspritzenden Kurve aus der Bucht.
Erst jetzt ließ Flannery zu, dass ihre Knie nachgaben. Sie sank in den kühlen Sand, wartete darauf, dass das Zittern aufhörte und ihr Atem sich wieder beruhigte. Der Tag hatte für ihren Geschmack zu viel Aufregung mit sich gebracht.
Das Zittern ging nicht vorbei. Sie schlang die Arme um sich und fühlte den feuchten Stoff ihres Badeanzugs. Die Sonne war bis auf einen kleinen Streifen am Wasser hinter der Klippe verschwunden. Es wurde kühl, der Wind begann aufzufrischen. Die Bucht lag im Abendlicht vor ihr, das Meer war ruhig und sanftblau und ging unmerklich in einen klaren Himmel über, den nur am Horizont ein paar zarte rosafarbene Wolken zierten.
Flannery hatte keinen Blick für die Schönheit des Sonnenuntergangs. Sie rappelte sich auf und griff nach ihren Sachen. Die Arbeit rief nach ihr, und sie freute sich darauf - und auf einen heißen Tee und einen warmen Pullover.
6
Alessandro feuerte die durch das Salzwasser verdorbenen Mailänder Lederschuhe in eine Ecke seines Ankleidezimmers. Er war natürlich schon für seine Verabredung mit Ruggiero gekleidet gewesen, als er Dawkins Schrei gehört hatte. Hätte er nicht wenigstens schnell noch Sandalen anziehen können oder die ausgeblichenen Stoffschuhe?
»Dawkins, rufen Sie Dr. Collani an, sagen Sie ihm, dass ich mich verspäte.« Er entledigte sich seiner Hose. »Geben Sie das nasse Zeug gleich Maddalena.«
Der Sekretär nickte und sprach in sein Handy, während er die Kleider aufsammelte. Alessandro zog den hellgrauen Anzug aus dem Schrank. Ein wenig zu elegant für ein Abendessen mit einem Freund, aber er hatte keine Lust, sich lange mit der Frage seiner Garderobe zu beschäftigen. Dazu war er viel zu sehr in Gedanken bei dem Vorfall, der dazu geführt hatte, dass er jetzt nass, wütend und heillos verspätet war.
Sie hatte die Stirn besessen, ihn zu ohrfeigen! Das hatte noch keine gewagt, und er war über sich selbst verblüfft, dass er sie nicht noch dort am Strand für diese Frechheit bestraft hatte.
Sie hatte verstörend aufreizend ausgesehen in ihrem Badeanzug, wie sie da stand und ihn anschrie, mit blitzenden Augen und geröteten Wangen. Eine Meerjungfrau, gesandt, um ihm den Kopf zu verdrehen und die Sinne zu verwirren. Er hatte impulsiv gehandelt, als er sie dort liegen sah, ohne auch nur eine Sekunde über die Konsequenzen nachzudenken. Aber die Erleichterung, sie lebend zu finden - nicht ertrunken, augenscheinlich nicht einmal großartig verstört von dem Kampf gegen die Strömung, die sein Sekretär mitangesehen hatte ... er war nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen, als er sie aufhob und küsste. Er war wie von Sinnen gewesen vor Erleichterung. Wirklich nur Erleichterung? Was berührte es ihn, was ging es ihn an, was mit dieser gegen seinen Willen in sein Haus eingedrungenen Frau
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