Toskanische Verführung (German Edition)
Tröstungsversuche das vermocht hatten. Sie schnüffelte, rieb sich das Gesicht trocken, nahm eine Pfanne vom Haken und begann, Spiegeleier und Würstchen zu braten.
Dawkins setzte sich Flannery gegenüber und grinste sie ein wenig verlegen an. »Ich habe mir schon den ersten Anraunzer des Tages gefangen«, sagte er. »Weil ich es versäumt hatte, Sie vor der Strömung in der Bucht zu warnen. Die soll wohl ziemlich unberechenbar sein. Sorry, aber ich schwimme nicht. Es war mir nicht klar, dass Sie sich gleich in der ersten Woche in selbstmörderischer Absicht in die Fluten stürzen würden.«
Flannery tat es mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. »Wie Sie sehen, lebe ich noch.« Sie griff nach der Zeitung und überflog die Titelseite, während sie einen Schluck Kaffee trank. »Signor della Gherardesca regt sich gerne auf, oder?«
Der Sekretär lachte. »So könnte man es ausdrücken. Kalt wie eine Hundeschnauze und explosiv wie ein Drucktank.« Er nahm den Teller von Maddalena entgegen. »Haben Sie schon gefrühstückt?« Er zerschnitt ein Würstchen.
Flannery nickte abwesend. »Waren Sie hier, als der Unfall passiert ist?«, fragte sie ins Blaue hinein.
Dawkins schüttelte kauend den Kopf. »Habe die Stelle kurz danach erst angetreten«, sagte er. »Es muss den Laden ordentlich durcheinandergerüttelt haben, sie benahmen sich alle noch wie die aufgescheuchten Hühner, als ich hier anfing. Dumme Sache. Die Familie hat alles vertuscht, es ist so gut wie nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Der alte Graf hat wohl seine Verbindungen spielen lassen.« Er stocherte in seinen Zähnen herum. »Aber das Ganze hat ihm den Rest gegeben«, sagte er undeutlich. »Ist kurz darauf gestorben.«
Maddalena, die in der Vorratskammer herumgeräumt hatte, kehrte mit einem Korb Zwiebeln in die Küche zurück und warf Dawkins einen nicht allzu freundlichen Blick zu, den der Sekretär geflissentlich übersah. Er trank seinen Tee und gähnte.
»Und wer war an dem Unfall schuld?«, fragte Flannery.
Dawkins zuckte die Schultern. »Ich glaube, dieser Hugo hat am Steuer gesessen. Hugo Madsen.« Er grinste. »Kein Welpe aus dem Zuchtbuch, verstehen Sie? Der Vater unseres Conte hatte ebenfalls eine Schwäche für langbeinige, blonde Schönheiten. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.« Er stand auf und streckte sich.
»Und die Frau?«
Dawkins fing den Blick der Haushälterin auf und schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Fragen Sie doch den Grafen, er wird sich bestimmt freuen, mit Ihnen über die letzte Familientragödie zu plaudern.« Sein Lächeln enthielt eine Spur Gift.
Flannery schenkte sich noch einen Becher mit Kaffee ein, bedankte sich bei Maddalena und ging in die Bibliothek. Auf ihren Tisch stand ein Glas mit einer einzelnen, lichtgelben Rose. Sie beugte sich darüber, sog den zarten, süßen Duft ein, und freute sich einen Moment lang an dieser Aufmerksamkeit. Wer auch immer die Blume hierher gestellt haben mochte ... Flannery lächelte in sich hinein und ging an die Arbeit.
Konzentriert übertrug sie ihre gestrigen Notizen in den Computer. Sie hatte die Bücherreihen neben ihrem Arbeitsplatz gesichtet und wollte heute mit der großen Regalwand in ihrem Rücken beginnen. Bisher hatten sich schon ein paar recht hübsche Erstausgaben gefunden, nichts Aufsehenerregendes, aber durchaus Bücher, die einem Sammler wie Phil Lamon gefallen könnten.
Sie begann, die unteren Regalbretter auszuräumen und die Bücher auf den großen Tisch zu sortieren.
Als der Tisch vollgepackt war, knetete sie ihre verspannten Nackenmuskeln und sah auf die Uhr. Später Mittag. Zeit für eine Pause.
Flannery suchte sich einen schattigen Platz auf der Loggia, schob sich zwei Stühle zurecht und legte die Füße hoch. Ein kurzes Nickerchen und sie war fit für die zweite Runde.
Als sie erwachte, sah sie neben sich ausgestreckte, lange Beine in einer hellen Sommerhose. Sie drehte den Kopf und erkannte Alessandro della Gherardesca, der mit geschlossenen Augen neben ihr saß. Sein Gesicht erschien blass unter der Sonnenbräune und in den Winkeln seiner Augen nistete Müdigkeit.
Flannery setzte sich leise auf, um ihn nicht zu wecken, und bückte sich nach ihrem Buch.
»Ich bin wach«, sagte der Conte, ohne die Augen zu öffnen. »Ich habe auf Sie gewartet. Können wir in die Bibliothek gehen?« Jetzt schlug er die Augen auf und sah Flannery an. Sein Blick hatte nichts von der Abneigung, mit der er sie sonst zu betrachten pflegte. Er
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